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Sonntag, 18. Januar 2015

Newmans Häresie der Unfehlbarkeit (4)

Teil 4) Hier lernen Sie sogar rechtgläubig Wäschewaschen 


Hat sich der geneigte Leser schon einmal Gedanken darüber gemacht, was für Auswirkungen es hat, wenn ein Papst, der ja nur Bischof von Rom ist (worauf ja auch Franziskus hingewiesen hat, wobei: worauf hat er nicht hingewiesen - Wahrheit ist keine Frage von dem einen oder anderen richtigen Formalwort; kein Papst JEMALS war derartig zentralistisch! Man lese doch "Evangelii gaudium"! Da wird ja schon die einzelne detaillierte Pfarrpastoral geregelt, und sie wird es - kraft "unfehlbarem Papstwort", kraft also einem tiefen Mißverständnis), sich jede Minute weltweit meldet und davon berichtet, was er gerade macht? Und alles ist - unbewußt, zumindest, mit der Zeit aber bewußt werdend, unausbleiblich! aus Eigendynamik der Unfehlbarkeitsdogmatik, die jede Kritik unterbindet! - per Dogma verankert UNFEHLBAR. 

Wie soll so ein Bischof überhaupt als Diözesanbischof pastoral wirken? UND NUR SO kann er es, der Rest ist dummes Gewäsch. Ein Papst, der einer wiederverheirateten Schneiderin in Buenos Aires Tips gibt, wie sie doch nicht oder doch zur Kommunion gehen könne, berührt dogmatische Fragen, die ihm offenbar gar nicht bewußt sind. Und wenn er nur Würstel am Hotdogs-Stand in der Via Revonciliacione bestellt - er setzt weltweit, absolute, normgebende, unfehlbare Akte. Weshalb Ferne, Diskretion, Verborgenheit für einen Papst (wie FÜR JEDE hochgestellte Person) UNABDINGBAR sind.

Aber man braucht nicht viel Phantasie, um sich die prinzipiellen Unvereinbarkeiten zwischen Pastoral - die NUR (!) lokal, persönlich sein kann - und Dogma vor Augen zu führen. Im intimen, zwischenmenschlichen Kontakt (meinetwegen, nehmen wir das aktuelle Beispiel) zwischen einem Muslimen und einem Katholiken sind ganz andere Dinge - auch Klugheiten - gefragt, als in einem in jedem Fall zum OFFIZIELLEN, NORMIERENDEN AKT werden Begegnung zwischen einem Papst und einem Imam (etc.). Hier begegnen sich eben nicht mehr zwei Menschen, hier begegnen sich zwei Ämter, zwei Lehren, zwei Systeme. Hier so zu tun, als sei das eine das andere, ja als könne oder gar müsse beides ineinander aufgehen, ist nicht nur naiv, es ist strohdumm. So können im übrigen nur Menschen denken, die in ihrem ganzen Leben noch nicht ein Pfund Verantwortung für etwas getragen haben, das weiter entfernt ist als ihr Bauchnabel, oder ihre Mutti, der sie folgen, die noch nie etwas aufgebaut haben, die nur Beamte waren.

Ein sehr großer Teil der Schwierigkeiten, die zwischen der Priesterbruderschaft Pius X und dem Vatikan entstanden sind, baut auf solchen Umschlägen von Pastoral ins Dogmatische auf.

Und wer vermag sich vorzustellen, wie viele Vernünftige (und das ist doch DER Boden für die Gnade!), ja gerade oft die Besten, sich von der Kirche aus aus diesem Blickwinkel RICHTIGEN Gründen abgewendet hatten. Mit Aspekten, die der sorgtreuende Katholik gar nicht mehr sieht, weil er - pastoral - bereits dogmatisch fortgespült worden ist.*

In diesem historischen Kontext WIRKT NOSTRA AETATE (zu diesem Konzilsdokument über das Verhältnis zu anderen Religionen bald mehr) geradezu als SELBSTBERUHIGUNG DER KIRCHE, als verzweifelter Reparaturversuch, ANGESICHTS vorangegangenen KATASTROPHALEN VERSAGENS.  Hier sieht der VdZ mögliche und furchtbare historische Linien.

Der VdZ meint deshalb heute, mit tiefer Reue im Herzen, daß er damals (und wer weiß wie heute) so manches an Kritik an der Katholischen Kirche nicht verstanden hatte. Das kann gar nicht der Fall gewesen sein. Selbst der Altkatholischen Kirche ist da womöglich tiefes Unrecht widerfahren. Wie sonst hätten Leute vom Format eines Ignaz Döllinger sich von Rom abgewandt? Da ging es doch nicht um die Unfehlbarkeit "an sich", bei einem Monarchisten, wie es der bayrische und zuvor hoch angesehene Dogmatiker war! Unrecht, dessen Wiedergutmachung heute in unabsehbar weite Ferne gerückt ist, weil sich aus diesem einen Punkt, wo ein pastoraler Punkt zu einer dogmatischen Gegenreaktion geführt hat, eine bereits weitreichende neue Lehre entwickelt hat. Denn die Art, wie etwas Figur nimmt, ist bereits vorentscheidend, wie es wirkt. Es könnte sehr lohnend sein, sämtliche kirchlichen Konflikte seit 1870 (Erstes Vatikanisches Konzil) unter diesem Gesichtspunkt neu zu untersuchen. Und das Zweite Vatikanum mit so mancher durchaus auch zu mißdeutenden Formulierung - als Reaktion, um wieder etwas zurechtzurücken - gleich mit.

Das Medium macht die Botschaft. Es macht auch ein Dogma, das weit mehr ist als sein formaler Inhalt. Noch vor fünfzig Jahren (ja, so alt ist der VdZ mittlerweile, daß er das so sagen kann) wäre niemandem eingefallen, hinter dem Papst etwas anderes als das Amt, weit entrückt, das es auch ist, zu sehen. Hier begegnete einem nicht "der Mensch", sondern das Papstamt. Und man fiel bei einer der seltenen Audienzen auf die Knie. Heute? Ersparen Sie dem VdZ Ausführungen ... 

Selbstverständlich geht diese Unfehlbarkeit - als Nimbus, als psychologische Tatsache - auf den Menschen über, es ist nur eine Frage der Praxis. Das geht gar nicht anders. Und sie zieht sie herab, auf eine menschliche Ebene, auf die sich das Papstamt gar nicht bezieht. Denn das ist Aufgabe der Pfarrer und Seelsorge vor Ort. Denn DORT ist sie, die REALE Kirche. Und dort ist er, der Weg zur Heiligkeit: in der Liturgie, im ins Ganze gehobenen, mit dem Übernatürlichen wieder verbundenen Jahreskreis als Kranz der Wunder, in den Heiligen Feiern.**


Morgen Teil 5) Schluß - Wie aus einem unfehlbaren Papst viele 
Millionen unfehlbare Päpste wurden


* Dem VdZ unvergeßlich ist ein Disput (es muß so um 1995 gewesen sein) mit einem Mitglied der charismatischen Erneuerung, der binnen fünf Minuten fünf Häresien explizit vertrat, die ihn theoretisch ipso facto exkommuniziert sein lassen würden. Zumindest ist das im Dogma so formuliert: "Anathema sit", wer das so sage, der sei ausgeschlossen. Der VdZ behielt dies natürlich für sich, so einfach ist da ja alles nicht. Aber der andere fühlte sich doch in die Enge getrieben. Und mit einem Schlag wischte er alles weg, und setzte nun seinerseits den VdZ ins Unrecht. Indem er meinte: Aber es gehe doch um die Liebe, ob der VdZ das bestreite? Wer liebe, wie er, habe Recht. Wer nicht, wie der VdZ, denn so kleinlich (vielen wird logisch ja rasch zu kleinlich) zu argumentieren sei Zeichen mangelnder Liebe, sei einfach nicht christlich. Er nämlich sei papsttreu, der VdZ möge doch nachlesen, er sage genau, was der Papst sage, und somit könne ihm nichts passieren.

**Als der VdZ einen mittlerweile verstorbenen Pater, der ihm viele Jahre Beichtvater gewesen war, zu Anfang fragte, was er tun müsse, um heilig zu werden, meinte der in aller Seelenruhe: "Geduld haben." 


*180115*