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Freitag, 16. Januar 2015

Ausdruck des allgemeinen Unmuts

Eine umfangreiche Studie der TU-Dresden bestätigt nun, was der VdZ an dieser Stelle über Pegida schrieb (auch wenn er noch nie bei einer der wöchentlichen Demonstratioen in Dresden anwesend war.) Auch, was hier über die irreparable Selbstbeschädigung der Medien gesagt wurde, wird bestätigt. 

Die Demonstranten seien, so die Studie (die gewiß nicht die Intention hatte, zu exkulpieren), keinesfalls Rechtsextremisten, wie es oft heiße. Der spiele eine nur kleine Rolle. Und natürlich werde von verschiedenen Seiten versucht, die Bewegung für sich zu nutzen, die wöchentlich mittlerweile 25.000 Teilnehmer in Dresden auf die Straße bringe.

Vielmehr sei aber das Anliegen der Demonstranten einfach, ihrem allgemeinen Unmut über die Politik zum Ausdruck zu bringen. Das Nutzen des Rechts auf Meinungsäußerung stehe an erster Stelle. Dann folge die Unzufriedenheit mit den Medien und der Öffentlichkeit. Und erst an dritter Stelle der Motivation stehe das, was man der Pegida generell so schnell als Mäntelchen umgehängt hat, und was die Studie mit "Ressentiments gegen Migranten" bezeichnet, mit einer besonderen Rolle des Islam darin.

Auch die üblichen weiteren Zuschreibungen, mit denen man solche Bewegungen bedenkt, funktionieren nicht. Die Ergebnisse der Studie stünden, so die Forscher, "zum Teil bisherigen öffentlichen Annahmen über Anliegen und sozialen Hintergrund von Pegida-Anhängern entgegen", schreibt die Welt. Es sind keine Randschichten der Gesellschaft, die hier demonstrieren, sondern im Gegenteil: Bürger aus der Mitte. Der durchschnittliche Pediga-Demonstrant sei 48 Jahre alt, gut ausgebildet bzw. gebildet, verfüge über ein intaktes soziales Umfeld, und habe ein leicht überdurchschnittliches Einkommen.

Der sächsische Landesbischof Jochen Bohl meinte dazu in einer Stellungnahme: "Es sind Bürger, die ihr grundgesetzlich garantiertes Recht auf freie Meinungsäußerung wahrnehmen – und das sollte nun wirklich nicht in Frage stehen."

Es wäre interessant, welchen Fehlinformationen es zu verdanken ist, daß der türkische Regierungspräsident Ahmet Davutoglu jüngst zu der öffentlich getätigten Feststellung kommt, daß Pegida mit der IS gleichzusetzen sei. Oder geht es hier nur um gezielte Verleumdung von Gegnern eines EU-Beitritts der Türkei, dem großen Ziel der türkischen Außenpolitik, wie erst jüngst wieder zu lesen war? Und worum geht es Merkel, die mit besorgter Miene an die Öffentlichkeit tritt und eindringlich tut, als gehe es um die Verhinderung der Reichskristallnacht? Geht es hier nicht einfach um das Gewinnen von Kontrolle über vielleicht bald nicht mehr so willkürlich beherrschbare Bevölkerungsteile durch dieselbe Verleumdungs- und Ausgrenzungstaktik? 

Mit ungeheuer rasch reagierendem, angeschlossenen Öffentlichkeitsapparat, der sofort die aufkommenden Begriffe zu diffamieren versucht, um unliebsamen Sprachgebrauch zu beschneiden - und "Lügenpresse" binnen Wochen zum "Unwort des Jahres" erklärt? Na wie auch nicht. Wie auch nicht. Es rührt ja am einzigen Kapital, das Medien (nicht mehr) haben, der Glaubwürdigkeit, der Autorität der Diskursführerschaft. Die gesellschaftlich relevanten Diskurse finden heute zunehmend ganz woanders statt.

Wie es aussieht, waren es also nicht die Pediga-Denonstranten, die sich in diffusen Ängsten der Zukunftssorge winden. Sondern die meisten Politiker und zahlreiche weitere "Besorgtheitsbeflissene der Nation", die sich vor einer IHR nämlich diffus werdenden Bevölkerung zu schützen versuchen. Die in ihren Scheinwirklichkeiten gar nicht mehr vorkommt. 

Oder was soll sich ein Pegida-Demonstrant denken, der rasch nachdem er sein Büro abschließt, seine Kinder von der Klavierstunde holt und sich ein paar Stulle von seiner Frau einpackt, die diese samt einer Wärmeflasche gerichtet hat, ihm noch Grüße an Tante Herta aufträgt, die auch kommen wolle, um dann mit seinem Audi-Karavan nach Dresden zu fahren - wenn über ihn anderntags in den Medien zu lesen steht, er sei rechtsradikal, stamme aus der Schichte der Ausgegrenzten, lebe von Hartz IV, und sei eine Gefahr für Deutschland. Nicht ... Lügenpresse?

Noch einmal: Der VdZ glaubt nicht, daß es sich bei Pegida um eine politisch wirklich relevante Größe geht. Nicht bei Pegida selbst. Sehr wohl aber bei dem, was sie ausdrückt. Vergleichen wir es mit ehernen Gesetzen der Zeitungsbranche: Manche Leserbriefe vertreten gerade mal die Anzahl Leser und Bürger, die solche Briefe schreiben. Sie sind zugleich die aktivsten. Manche Leserbriefe aber vertreten das Zehn- und Hundertausendfache, und sie kommen selten, sind aber umso aussagekräftiger. Es ist der Realitätsnähe des Herausgebers überlassen, diese Unterschiede zu erkennen, sonst verliert er den Kontakt mit seinem Publikum. Und das rächt sich eines Tages. Welche Seite die "nur" 25.000 Dresdner und Sachsen zuzuordnen sind, soll der Leser dieser Zeilen entscheiden.




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