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Dienstag, 19. Juni 2018

Ein nüchterner Gesamtbefund (2)

Teil 2) Die ausgebauten Anmerkungen,
und weitere nüchterne Befunde




*Der VdZ hat ja, wie hier schon früher dargestellt, sowieso den Eindruck, daß die Entstehung des Islam in erster Linie in solchen Fragen wurzelt. In einer Zeit des Umbruchs, in der durch den Rückzug von Byzanz aus diesem Raum ein Machtvakuum entstand, in dem sich in zahlreichen Kriegen Streitparteien nach und nach durchsetzten, und in einer Art synkretistischer, alle Strömungen weitgehend zusammenfassender Religion (als die sich der Islam in den Augen des VdZ am allerbesten begreifen läßt) ein für alle tangierten Völker konsensuales Argument für ihre Legitimation gesucht haben. Die sich nach und nach vom 6.- bis zum 10., endgültig dann im 12./13. Jahrhundert (als auch die Häresien des Westens - Spanien - beseitigt wurden) zu einer kompakten "einheitlichen" Religion entwickelte. Mit dem bislang letzten Formierungsschub gegen Ende des 19. Jahrhunderts.

Der Islam entstand also ursprünglich aus Realpolitik, und er hat diesen Impuls nie abgelegt. Das erst macht ihn auch heute verständlich, und es zeigt im Streit um den "wahren Islam" den Bruch - wie er übrigens in jeder Religion besteht - zwischen Doktrine und einem dogmatisch oft kaum faßbaren, zumindest viel weniger stringenten, sehr erlebens- und gefühlszentrierten Glauben des einfachen Volkes.

Wenn man heute von einer breiten Radikalisierung des Islam sprechen kann, dann hat das also dieselben Wurzeln wie im 5./6. Jahrhundert! Denn der Westen hat in den letzten Jahrzehnten massiv daran gearbeitet, die islamischen/arabischen Staaten zu destabilisieren. Sie fielen oft genug in Chaos und Anarchie, und das heißt: in ein Machtvakuum, in dem neue Kräfte auftreten, die versuchen, Ordnung zu etablieren. Speziell seit Anfang der 2000er Jahre, in Zusammenhang mit dem "Krieg gegen den Terror", hat sich genau deshalb die Zahl der gewaltbereiten, radikalen Islamisten VERVIELFACHT, und die Sympathisanten gehen mittlerweile in die zig-Millionen.

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Also hat sich auch in Syrien nur diese verarmte - sunnitische! - verarmte Schicht der Zivilisationsverlierer (vor allem die Landbevölkerung) 2011 in Protesten geäußert. Aber es wäre zum einen ein Fehler, dies als "zivilgesellschaftliche Bewegung" zu sehen. Und zum anderen, weil die später aufgetretenen Dschihadisten sich wiederum NICHT aus den armen Bevölkerungen rekrutiert haben, sondern im Grunde aus dem Ausland einsickerten, und von dort finanziert wurden. Revolutionen werden eben NIE von den unteren Schichten getragen und durchgeführt, das sind soziale Romantizismen. Der Grund dafür war das Kalkül des Westens, durch die Stärkung der (von Amerika über Arabien und die Türkei scheinbarer leichter beherrschbaren) Sunniten den Einfluß des schiitischen Iran zu stoppen.

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Das führt zu einem weiteren Vortrag von Michael Lüders. Der in einem beeindruckend dichten Überblick sehr viele Aspekte bringt, die die Vorgänge im arabischen Raum ausgezeichnet erhellen. Sein Fazit: Der Syrien-Konflikt wird uns noch lange erhalten bleiben. Während Europa die Scherben der amerikanischen Politik aufkehren wird.








*290518*