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Donnerstag, 21. Juni 2018

Noch ein Wort zu Irland (1)

Aber es gibt noch einen wichtigen Zusammenhang in Irland, nämlich zwischen dem Referendum und seiner jüngeren Geschichte. Die ihre Dynamik 2008ff. aufnahm, als Irland vor dem wirtschaftlichen Kollaps stand. Und die Regierung sich entschied, die gigantischen Schulden der Banken, die sich einfach verspekuliert hatten und nun auf lauter wertlosen Immobilien saßen (dem Motor für das vormalige "Irische Wirtschaftswunder", das man lange Jahre zuvor behauptet hatte) zu übernehmen, die Banken also aus allen Problemen herauszukaufen. Mit dem Resultat, daß nun die privaten Schulden sozialisiert sind. Die Folgen waren, daß Irland eine strenge Austeritätspolitik einleitete, die den Lebensstandard des Großteils der (unteren, aber mehrheitlichen) Bevölkerung drastisch senkte.

Damit wurde Irland zur Kolonie des Großkapitals, so analysiert es E. Michael Jones in diesem Interview. Das irische Volk ist seither "in einem Gefängnis", aus dem es kein Entkommen mehr gibt. Irland wurde zur Kolonie der Kreditgeber, die dem Staat das Geld zur Verfügung stellten.

In dieser Situation bietet das Großkapital, das die Medien, das Glücksspiel, die Pharmakonzerne besitzt, das vor allem die Pornographie regiert, einen scheinbare Ausweg: Wir geben Euch die schrankenlose Freiheit, was vor allem heißt: die sexuelle Freizügigkeit in jeder Hinsicht, Alkohol, und Drogen, damit ihr Euch rundum "gut" fühlen könnt. Aber dafür mischt ihr Euch nicht in unsere Agenden ein. Denn Glück wird heute ja als "Wohlgefühl" identifiziert, zumindest tut der öffentliche Diskurs so. Was für ein fataler Irrtum, vor allem aber was für eine fatale Täuschung.*

Das Große wird aufgegeben, um sich mit dem "kleinen Glück" irdischer Befriedigungen zufriedenzugeben. Die die Vernunft korrumpieren. Nur über die Vernunft aber kann das Gute erkannt, nur über die Vernunft angestrebt werden. Glück ist aber, wie Thomas von Aquin einmal darstellt, niemals eine Angelegenheit fleischlicher Erfüllung. Das werden auch die Iren eines Tages erkennen, aber dann wird es zu spät sein.

Dazu mußte jede moralische Autorität ausgehebelt werden. Und das fiel bei der Kirche relativ leicht, die speziell in Irland von einer Reihe von publik gewordenen Skandalen handzahm gemacht, von den eigenen Schuldgefühlen korrumpiert wurde, und nicht mehr wagte, ihr Wort gegen den medial aufgekochten Zeitgeist zu erheben. Noch vor dreißig Jahren war ein Drittel der Iren (und vor allem die Jugend) zum Empfang von Papst Johannes Paul II. geströmt und hatte ihn und seine Aussagen begeistert begrüßt. Die eigentlichen moralischen Anliegen der Kirche werden heute ja überhaupt schon "säkularisierten Laienbewegungen" überlassen. Die noch froh sein können, wenn sie von den kirchlichen Autoritäten nicht mit Verachtung gestraft werden.**

Wo aber der König seine Macht verliert, kommen sofort die Geldwechsler und beherrschen das Volk. Wo die institutionalisierte Moral - die Kirche mit einer Autorität, der auch der König verpflichtet ist - hinausgeworfen wird, kommen die, deren Machtentfaltung keine Moral kennt. Beziehungsweise die eine Moral verkünden, die sie selbst implementieren, weil sie ihnen nützt. Das war in der Geschichte noch nie anders.



Morgen Teil 2)


*Wir gut es funktioniert hat, zeigt schon der Umstand, daß heute überall im Westen "linke" Bewegungen und Parteien ihre Programme zu Vorkampfprogrammen für sexuelle Befreiung gemacht haben, aber nirgendwo mehr ihre eigentlichen antikapitalistischen Agenden vertreten. Auch die rudimentären, oft genug halbherzig vorgebrachten Forderungen nach sozialen Goodies - Geldverteilungen - sind bestenfalls noch als "Brot für die Spiele" einzustufen. Es gab eine Zeit, da wollten die sozialistischen Bewegungen nur Beteiligung an den Produktionsmitteln, um sinnvoller arbeiten zu können und einen ausreichenden Familienlohn zu erhalten. Es gab eine Zeit, da waren ihre Forderungen der christlichen Soziallehre sehr sehr nahe.

**Was diese Laienbewegungen - so schätzenswert ihr moralischer Impuls ist - ebenfalls übersehen, ist die prinzipielle Problematik einer "Bewegung von unten" im Rahmen der politischen Prozesse. Schon deshalb sind sie auf dieser Ebene im Grunde wirkungslos. Und glauben noch dazu selber oft an den Unsinn, daß sich Politik "von unten nach oben" aufbaue. Das tut sie nur ganz bedingt, und nicht als politische Bewegung, sondern als politischer Grundsatz von einiger (aber nicht alleine ausschlaggebender) Bedeutung für die eigentlichen Machthabenden. Unsere Demokratien sind deshalb ein ungeheurer Bluff.





*050618*