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Dienstag, 2. August 2011

Nicht besser - nur anders

In einer Diplomarbeit aus dem Jahre 2008, auf die ich zufällig stieß, fand ich die These bestätigt, daß unser technischer "Fortschritt" lediglich eine Verlagerung der "Zielarbeit", insgesamt betrachtet aber eine Erhöhung und keineswegs eine Verringerung der eingesetzten Mittel und Resourcen mit sich brachte.

Birke Maren Sukoup hat dabei den Einsatz von Pferden im Gemüseanbau im Gebiet Frankfurt/Oder untersucht. Das Ergebnis ist erwartungsgemäß ausgefallen: die reinen Arbeitszeiten Pferd - Maschine am Feld sind direkt vergleichbar. Die Arbeits- und Lebensqualität freilich unvergleichlich höher, selbst für die Umgebung war die Anwesenheit eines Arbeitsgespanns bei weitem stressfreier und lebensbejahender, als es bei Traktoren der Fall war. Problembereiche waren lediglich manche Arbeitsschritte, wo der Schritt des Pferdes zu schnell war, doch wurde natürlicherweise nicht darauf eingegangen, daß viele Arbeitsgeräte für den Pferdeeinsatz erst entwickelt werden müssen (und können), weil die Entwicklung vor Jahrzehnten abbrach. Zeitnachteile entstehen ebenfalls, wenn Hof und zu bearbeitende Fläche größere Entferungen (über 1 km) aufweisen.

Zwar sind auch die Rüstzeiten beim Pferd höher als bei der Maschine, doch verändert sich das Bild schlagartig, wenn eine gesamtvolkswirtschaftliche Rechnung angestellt wird: würde die Produktion eines Traktors sowie seiner Betriebsstoffe eingerechnet, würde sich das Bild völlig auf den Kopf stellen! Die Arbeitskräfte, die am Land durch geringere Zeitaufwendung frei wurden, müssen nun in der Stadt (metaphorisch gesprochen) jene Arbeiten - und mehr: es entsteht höherer Arbeitskräftebedarf! - leisten, die dieser Zeitersparnis dienen.

Nicht untersucht wurde auch die Verbesserung der Lebensmittelqualität. Hier haben bereits andere Untersuchungen den Verdacht bestätigt, daß die "innere Qualität" der Lebensmittel, sie so produziert werden (Geschmack, etc.), deutlich über jener der mit Maschineneinsatz eingebrachten Produkte liegt. Von übrigen Vorteilen für das Land selbst (geringere Bodenverdichtung, Düngemittelersparnis, auch durch Pferdekot, kaum Umweltbelastung, etc. etc.) gar nicht zu reden.

Fazit: nur bei einem völligen Wechsel der Betrachtungsweise, und bei einem totalen Verschieben der Prioritäten, können Gründe für den Einsatz moderner Maschinen in der Landwirtschaft sprechen. Berücksichtigt man, daß die Prioritätenhierarchien auf "merkwürdige" Weise wieder in alte Ordnungen zurückfallen, jene früher selbstverständlichen "Effekte" der Landwirtschaft immer mehr wieder als oberste Ziele erkannt sind, ergibt sich überhaupt ein seltsames Bild der Sinnlosigkeit einer gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Und wahrlich - nicht nur in der Landwirtschaft.


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