Wo sämtliche Weisheitslehren bereits scheitern ist in der Tradition der Mystik im ersten Schritt erläutert, dort, wo diese Lehren sämtlich festhangen, weil sie ohne externe Gnade, ohne Erlösung nicht darüber hinaus kommen: der Reinigung, die der Vereinigung vorausgeht, der Voraussetzung für die Erleuchtung.
Diese Reinigung ist nicht methodisch erreichbar, es gibt keine Technik - in ihr entscheidet sich die Grundfrage des Lebens selbst: ist die Welt, die Wirklichkeit des Seins das Gegenüber? Diese Frage nach der Disposition ist auch keine moralisch-moralistische Frage, keine Frage der Askese oder der voluntaristischen Kasteiung. Kein "rechtes Denken" vermag es zu erreichen, kein "Rechthaben", kein "besser denken".
Nur ein wirklich wirkliches Sein. Denn die Frage nach der Reinheit als Gleichförmigkeit mit Wahrheit und Wille Gottes ist die Frage nach der persönlichen, personalen Struktur der Wahrheit, an der der Mensch nur teilhaben kann, die er nur im übertragenen Sinne besitzt. Es ist deshalb die Frage nach der Natur der Demut (die auch keine willentliche "Herabsetzung" ist, oft sogar, und zumal heute, als Arroganz oder Stolz ausgelegt wird). Es ist die Frage nach dem "Du", als das das Begegnende gesehen und zugelassen und beantwortet wird: als Dialog mit dem lebendigen Gott, dem Sein an sich und darin für mich - oder nicht. Sodaß nichts in sich sinnlos und tot ist, das zustößt, sofern es Sein hat (und nicht Selbsttäuschung ist); sodaß die Lebensaufgabe nicht programmatisch eingegrenzt werden kann, wie es der Fanatiker tut, wie es alle tun, die im Begegnenden selektieren, selbst in ihrem Auswählen das Gut bewerten, anstatt in ihm die Spuren des immer vorauseilenden, höheren Seins zu suchen. Mit dem entscheidenden Punkt; daß das Sein, Gott, den Menschen sucht, nicht umgekehrt, Gottessuche also Durchlässigkeit für Gott auf Gott hin bedeutet (und darin Teilhabe für den Menschen).
Keine Nichtung des Ich jedoch, sondern Ich in Gottförmigkeit (durch Demut) deshalb, kann diese Stufe erfüllen, nicht also Auslöschung, wie sie der Buddhismus versucht. Keine "Lehre", kein immanentes Erleben, keine Stimmung, keine Gefühligkeit in deren Watte ich die Welt packe.
In dieser Personalität erfolgt die Gleichrichtung - als Frucht der wachsenden Reinheit, so fragil diese auch ist (!), so sehr sie immer wieder bricht und brechen kann, als Boden der Vereinigung im Geist, als Ort der Erleuchtung, als Geschenk der Gnade. Denn nur im Geschenk kann etwas über sich hinaus-, in eine weitere Welt hineingehoben werden, nicht aus eigener Seinsvollmacht - wo wäre dann Hoffnung, über sich hinaus-, aus der Begrenztheit der Weltimmanenz herauszuwachsen? Und wenn denn ein Gott ist, so hat er (rein ideell betrachtet) nur Sinn, wenn er dieser Welt in einer völlig neuen, anderen und unbekannten Qualität gegenübersteht.
So isset denn die Welt ein Geheimnis, und die Linien lassen sich bis hinein zu Wittgenstein ziehen, der diese Begrenztheit des Denkens, des Redens erfaßt hat: die Grenzen des Redens sind aber nicht die Grenzen der Wirklichkeit.
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