Rosenstock-Huessy schreibt über die Beziehung von Achill zu Patroklus, daß ihn daran fasziniere, wie sehr die Bedeutung des Übergeordneten, des Sozialen, des Du innerhalb des Wir, für das Selbst des Menschen in Homers Schilderung greifbar wird.
Achill hat in Patroklus sein im menschlichen, humanen Bereich unentbehrliches anderes Ich verloren. Es ist durch seinei eignen Zorn ihm das Schrecklichste widerfahren: "ich bin mir selbst verloren, der ich doch einst der Götter Liebling war."
Und so hat Achill sich selbst nicht mehr in der Gewalt, weder zu Grimm noch zum Sanftmut. Er muß die Allgegenwart des Schmerzes um Patroklus gewalttätig verlängern, weil ihm jenseits dieser Beziehung sein Selbstgefühl verloren zu gehen droht.
Der Mensch weiß von sich nur, weil wir uns gegenseitig vorstellen. Nach dem Tod des Patroklus ist Achill kein Mensch mehr, es sei denn, ihm widerfahre eine neue gegenseitige Vorstellung. Im Tod des anderen starb das Wir, und damit das Selbst. Deshalb schiebt er in seinem Bewußtsein den Tod des Patroklos hinaus.
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