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Sonntag, 21. April 2013

Wirkungen der Kunst

Die Poesie läßt, in der Muße, den teilnehmenden Zuschauer aus seiner Welt heraustreten, über sie hinausschauen. Und führt das, was ihn im Alltag verstrickt, in seinen übergeordneten, umfassenden Sinn. 

Dieser Sinn läßt sich aber nicht ERfinden. Ein Mißverständnis einer sich selbst mißverstehenden Menschheit, die da meint, sie könne der Welt eine neue Ordnung aufsetzen.

Genauso wenig kann Sinn vordefinierten Sollensansprüchen (Ideologien, Philosophien) folgen. So würde der Zuschauer in die Irre geführt, manipuliert, und damit brauchbar gemacht, einem Zweck (und das will Ideologie) unterworfen.

Dieser Sinn kann nur gefunden werden. Er muß da sein. Er ist nämlich ein Wiedererleben, ein Erkennen daß im Anderen dasselbe wirkt, als ich aus mir kenne, daß wir deshalb eins sind. Nur dann ist er auch dem Zuschauer aus eigenem Erfahren zugängig - er hat ihn nur nicht gesehen, hielt sich für solitär, allein, und war es nicht.

Nun, in der Muße, der Darbietung, wird er dessen gewahr, darin, in seinem besseren Ich, bestärkt. Er tritt damit in einen weiteren Kreis, als er im Alltag in seinen Zweck- und Kampfbeziehungen, die ihn im Krieg halten, mit allen Notwendigkeiten, die der Krieg erfordert, gewahr wird

Und so kann die Kunst ins Leben hineinwirken. Als Bereicherung des Zuschauers, des Hörenden. Indem sie seine Grundstimmung freilegt, die eine Stimmung zum Leben ist, damit eine Stimmung zur Schönheit, eine Stimmung den eigentlichen Lebensformen zu folgen, aus der und aus denen heraus sich dann auch seine ganze Lebenswelt, damit seine Sprache, seine Gedankenwelt erneuert.

Aber es ist noch mehr: es ist eine wirkliche Verfleischlichung dieses Universalen, und damit Göttlichen, es ist eine Anähnlichung an dieses All-Sein, an Gott, das die einzige Grundlage des Erkennens bietet, weil aus ihm heraus alle irdische Form dem Menschen, dem Ebenbild Gottes, inwendig ist.

Das ist auch das befriedende der Heiligen Feier, des Kultes, der Liturgie als des Allesumfassenden, des weitesten Kreises, in dem sich die gesamte Schöpfung wiederfindet, aus dem sie entstammt. Und zu dem sie als sie selbst, gewiß, und nur so, sich doch geeint findet. Befreit aber von der Notwendigkeit, sich selbst einen Rahmen des Seins zu geben, der sein taggebundenes Tun hält.

Nicht durch Auflösung in ein Nichts, wie es im Osten vorherrscht, durch Auslöschung des Alltäglichen, Kurzgebundenen, Engeren, das einen Scheinfrieden bringt, aber zugleich die Schöpfung auslöscht. Sondern durch Heimbringen, als einem Zusichselbstbringen, ein Zumursprungbringen, im Sein. Damit befriedet es die Welt, die sie in ihrem Wert, in ihrer Schönheit und Fülle in alles ihr Mögliche erhöht - statt sie zu entwerten.

Weil dieses Ziel da ist, kann auch der Weg dazu nicht abgekürzt werden. In einer disparaten Welt, die in sich widersprüchlich und zerrissen ist, in die wir ohne es gewollt zu haben aber hineingezogen sind, können wir nicht einfach "heraussteigen". Wir müssen die Wege freischlagen, die Schlingen entwirren, in denen wir stecken. Dazu braucht es die Philosophie, den Verstand, die strenbe Logik, als Verpflichtung des Gewissens. Erst dann werden wir frei, und zwar als Ganze, in denen wir nicht einen Teil - und sei er in noch so frommen Stimmungen und Gefühlen - bergen, den Rest aber abwerfen, ausschließen können. Man kann Mäntel, die man angezogen, nicht anders verlassen, als aus den Ärmeln wieder herauszuschlüpfen, auf demselben Weg, auf dem wir sie angelegt haben.
 




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