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Freitag, 26. April 2013

Raum und Zeit (2)

 Teil 2) Erkenntnis kommt aus Bewegung



Jeder Schauspieler, so er einer ist, weiß davon zu berichten, wie sehr das bloße körperliche Bewegen, das Nachahmen, Ausgangspunkt zum Verstehen innerer, geistiger Prozesse ist. Und jeder Künstler generell weiß, daß die Phase des Eindringens in die geistige Welt eines Schaffens zuerst über die reine Nachahmung führt. Aus dieser (nachgeahmten) Bewegung heraus erschließt sich das dahinterstehende Geistige.

Sodaß allgemein gesagt werden kann:  Jede geistige Tätigkeit ist untrennbar mit solchen realen oder eingebildeten, mimischen oder symbolischen Bewegungen verknüpft.

Wenn die heute verbreitetste Psychologie aber versucht, diese Lebensvorgänge mit bloßen Empfindungen gleichzusetzen oder in ihnen zu gründen, Geistiges also in bloßes Empfinden aufzulösen, fehlt ihr jede Möglichkeit, den wirklichen vitalen Prozeß zu begreifen. Selbst da, wo sie in Assoziationstheorien* ausweicht, um diese Lücke zu schließen. Denn was mit "reproduzierten" oder "wiederbelebten" Empfindungen gemeint ist, kann wissenschaftliche niemals auseinandergesetzt werden. Weil diese ausdrücke bloße Metaphern eines mystisch naiven Denkens sind. Nur Bewegungen kann man nachmachen, reproduzieren. Empfindungen können nur empfangen, nicht aber gemacht werden. Im eigentlichen Sinne also können Empfindungen gar nicht nachgemacht werden.



*Die Assoziationstheorien führen in ihrem regressum ad infinitum zur Aussage, daß die Welt selbst eine Assoziation ist. Mit der Frage, was dann am Ende überhaupt noch assoziierbar sein soll. Wie unsinnig das ist, muß nicht weiter ausgeführt werden, und von Phantasie muß dann gar nicht mehr gesprochen werden, die löst sich dabei auf. Unabhängig von der Frage, was, wenn A mit B assoziiert wird, das die beiden verbinden müssende Element C sein soll. Denn z. B. eine Hörempfindung A hat mit einer Gesichtsempfindung B keinerlei Verbindendes - es braucht ein Tertium C.


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Aber noch mehr ergibt sich daraus: die Gleichzeitigkeit von Gegensätzen. Denn in dieser Tastempfindung wird uns ja auch die Welt als Objekt bewußt. Das heißt, daß Materie und Kraft, daß Wirkung und Gegenwirkung, rechts und links, Raum und Zeit, eben als begriffliche Mutualität (Wechselseitigkeit) zum Vorschein kommen.