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Montag, 29. April 2013

Zeit und Welt (1)

Nur wenn man die Zeit als die Gegenwärtigkeit des zeitlosen "Jetzt" als jenen Punkt begreift, in dem die Welt aus der Lichtung heraus bzw. ALS Lichtung existiert, um im nächsten Moment in die Nichtung, also ins Nichtsein, überzugehen, kann man sich dem Zeitbegriff ontologisch nähern, schreibt Hedwig Conrad-Martius.

Die Auffassung der Zeit als "Kontinuum", vorgestellt in räumlicher Ausdehnung, ist lediglich transzendental-imaginativ. Vergangenheit, Zukunft sind nur Anschauungsweisen dieses unentwegten, aber an sich diskontinuierlichen, also nicht "notwendig" bleibenden, ontologisch sich auch nicht "aus sich selbst" hervortreibenden Erscheinens der Welt, die nur in dauernder Gegenwärtigkeit ("duré") vorstellbar ist.  Nicht aber als Kontinuum, einer Strecke vergleichbar - eine bloße räumliche Anschauungsweise, als "Verräumlichung" der Zeit also.

Weil dies aber jeweils heißt, daß ein Jetzt-Zustand "definitiv" ist, so muß man sich diese Aufeinanderfolge von Jetzten als "Hüpfen" - von Zustand zu Zustand - vorstellen, ohne hier aber Zeit "dazwischenpacken" zu können. Aber kein Jetzt ist nicht auch ein Etwas, ist nicht quasi "vorläufig einmal noch nichts".

Anders als Heidegger, sieht Conrad-Martius auch die Welt der Objekte nicht in einem solchen Kontinuum, sodaß Heidegger die nichtmenschliche Welt als bloße "Vorhandenheit" definiert, nur der Mensch zwischen diesen Polen Sein/Nichts schwebt. Während der Welt ein vorausgehendes Zeit-Raum-Kontinuum quasi untergelegt wäre. Die gesamte Welt muß vielmehr in dieser gar nie faßbaren Momenthaftigkeit gesehen werden.

Die Veränderung des existentiellen Moments ist es, die das Wesen des Zeitflusses ausmacht. Denn das "Jetzt" kann ja nicht vergehen. Nur seine Räumlichkeit kann sich verändern. Der Moment selbst kann aber an sich keine reale Existenz haben, er ist ein von der Vorstellung nicht faßbarer Einschnitt zwischen Sein und Nichtsein. Der kontinuierliche Zeitfluß ist nichts anderes als räumliche Kinesis. In ihm selber findet sich kein Punkt, an dem eine qualitative Zeitverwandlung (Vergangenheit - Zukunft) festzumachen wäre. Die realen Aktualitätsakte sind existentielle Akte, als Übergehen vom Nein ins Nichtsein, aus dem Sein ins Nichtsein, das aber selber nicht in der Zeit ist und sein kann.

Damit ist aber auch klar, daß diese existierende Welt ein Zeitdasein besitzt. Und damit wird auch ein Ende der Welt denkbar: Nicht IN der Zeit, sondern MIT ihr. Aus dem Ende jenes seinsfundierenden Aktes heraus, der diese Jetzte sein läßt, aus deren Aufeinanderfolge sich Zeit ergibt.





Teil 2 morgen) Zählbarkeit der Zeit - Quantelung der Zustände






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