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Samstag, 6. April 2013

Umwandlung des Staates

Es ist ein großer Irrtum, schreibt Rosenstock-Huessy, zu meinen, Staaten seien mit Volk und Gebiet untrennbar verbunden, quasi in Granit gehauene Ewigkeiten. Vielmehr können sich Staatsgebilde nur als ein Teil der Manifestationen jener Elemente sehen, in denen der Mensch selbst steht - die da Religion/Kirche, Gesellschaft, Volk UND auch Staat sind.

Man kann deshalb keinen Staat "für sich" betrachten. Er ist ein Gebilde, das in Recht und Institution gießt, was dem ihn bewohnenden Volk in seinem Wirklichkeitskreuz entspricht. Deshalb sind auch seine Grenzen Wandlungen unterworfen, weil das institutionalisierte Gebilde Staat nicht für sich und verabsolutiert bestehen kann.

Schon aus diesem Grunde können Staaten auch nur im Insgesamt der die Mit-Staaten umschließenden Wirklichkeit gesehen werden. Sie haben nur für sich gesehen aber keine Funktion, keinen Sinn. So wie es keinen Sinn hat, eine Regierungsform für alle Zeiten festschreiben zu wollen. Denn je nach Situation, kann und muß diese wechseln. Was sie aber nur kann, wenn die Menschen selbst den Geist tragen, auf dem ein Staat nur aufruhen kann, aus dem er sein Recht bezieht.

So sind Kriege als Synchronisierung umfassenderer, mehrere Staaten umgreifende Wirklichkeiten zu sehen. Verweigert ein Staat dieses lebendige Miteinander, gerät er "außer Takt", und feindliche Differenzen entstehen.

Synchron aber kann ein Staat nur bleiben, wenn er lebendig bleibt, wenn sich in ihm alle lebensnotwendigen Elemente, alle Lebenselemente überhaupt, frisch erhalten. Wozu die Revolution, die Anarchie* genauso gehört - als Born von Neuem - wie das bloß Erhaltende, die sich jeweils vor dem Maßlosen bewahren. Wozu lebendige Kirche (die Gesamtform des religiösen Volks) genauso gehört, wie die Gesellschaft als Weichbild der sozialen Beziehungen.

Staat bleibt ein Hilfsgerüst, und in seiner Form muß er wandelbar bleiben. Sonst erstickt er alle übrigen Bereiche, weil er metastasiert, ausknöchert, zu Blei wird, das alle erdrückt, dem der Geist abhandengekommen ist.** Deshalb braucht ein Staatsgebilde auch immer wieder die Erneuerung, und zwar im Rhythmus der Generationen, also eigentlich im Rhythmus der Fruchtbarkeitsphase der Jungen, also im Alter von 20-30, 35 Jahren. Sohin sind 8-16 Jahre als Periode dieses Wechsels der Erneuerung anzusehen. 

Denn der Jugendliche, das Kind kann (und soll) ja noch gar nicht handeln. Während die Aufgabe der älteren Altersgruppen nicht das Handeln, der Aufbau selbst ist, sondern in der Mäßigung und Lenkung der Erneuerungsphase besteht, in der Abstimmung mit der Weisheit.

Ein Staat, ein Volk, Menschen können sich nicht auf eine ewig festgeschriebene Institutionalisierung festschreiben, das widerspricht dem Leben selbst. Sie brauchen periodische Erneuerung. Die Demokratie bringt dabei zu kurze Perioden, die Monarchie neigt hingegen zu zu langen. Die Dialektik ist es, die notwendig ist, die Offenheit für jeweils angebrachte Gestalten, die dem Formendrang der Menschen entsprechen. Wer dieses Vitale unterdrückt, paralysiert sein Volk, tötet es, treibt alles Schöpferische aus ihm aus, verurteilt es zu Dekadenz.

Die Vergangenheit, die Geschichte zeigt, daß zu lange währende, einzementierte Perioden in einer Periode der Apathie mündeten, aus der sich manche Völker gar nicht mehr erholten. Weil sie den Weg zum Vitalen gar nicht mehr fanden.

Wir huldigen sohin auch einem völlig falschen Begriff von Frieden. Der meint, die Stilllegung, Begrenzung des Vitalen der Menschen würde auch Friede bedeuten. Friede ist mehr, ja etwas ganz anderes als die Abwesenheit deklarierten Krieges.***





*Die Anarchie ist die erste Phase der Fleischwerdung des Geistes. Geislos wäre sie deshalb bloßer Mißbrauch.

**Auch von dieser Warte aus wird klar, daß hohe Zuwanderung, wie wir sie erleben, über kurz oder lang gar keine andere Lösung finden KANN, als zu einer Veränderung des Staates selbst zu führen. Das Fremde ist ja eben deshalb fremd, weil es von einem anderen Geist durchströmt wird, und es hat noch dazu eher die Frische, sich in alle vier Dimensionen hinein, also auch in einen (neuen) Staat hinein auszurecken, als die vorgefundene Volkschaft, der ja nur Erstarrung als Bewahrung bliebe. Das nicht zu sehen ist das eigentliche Verbrechen, als politisches Vergehen, nicht als Schuld der Menschen selbst, auf die Politik das allen deutliche Migrationsproblem so gerne schiebt. Hier sind alle Weichen längst gestellt. Je früher wir das zur Kenntnis nehmen, und uns darauf einstellen, desto besser: Ein Umbau der Staaten selbst wird unerläßlich werden. Ob wir dazu aber den schöpferischen Mut (nicht: irrationale Tollkühnheit der Spielermentalität!) aufbringen? Ob wir dazu die Elite mit ausreichendem Geist haben?

***Man muß, schreibt Rosenstock-Huessy (im Exil in London), 1914 als Revolution begreifen,in der sich die rückgestauten Kräfte der Zivilisation Luft schaffen wollten. Ähnliches liest man bei Modris Eksteins, der 1914 als Ausbruch irrationalen Bewegungsdrangs beschreibt, wo Neues sich nie als Formbild, als Ziel fand, nur der unbändige Wunsch nach Abstreifen des Alten, Verkrusteten überhand nahm. Und die auslösende Aufgabe im Konzert Europas fiel "per Zufall" Deutschland zu - als Aufgabe der "Jungen", die wie überall in Europa die Gerüste verflüssigen wollte, um sich ein neues Kleid zu schaffen. 




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