Die Euphorie um das Fracking - das Schlaraffenland der Energieförderung: Gas, mit Flüssigkeit aus tiefen Erdschichten gepreßt - zeigt erste Kratzer. Die Berichte aus den USA, die sich mit leuchtenden Augen auf die unbegrenzten Energievorräte gestürzt hat, die Unabhängigkeit in der Energieversorgung, Wohlstand, Reindustrialisierung und neu bestärkten Weltmachtstatus versprechen, zeigen nämlich, daß die Erwartungen in das Tiefengas weit (!) überzogen waren. Insbesondere was die Energiepreise anbelangt.
Denn es zeigt sich bei den Gasförderstellen - analog zum sogenannten "Shale-Oil" - daß die Fördermengen bereits nach einem Jahr dramatisch (80% und mehr), und dann jedes weitere Jahr um 40 % abfallen. Der Druck in den Gesteinsschichten sinkt. Also wird es notwendig, weitere Tiefenbohrungen vorzunehmen, durch die Flüssigkeit gepumpt wird, die den Druck aufrechthält. Und das in immer schnellerer Folge, will man die Fördermenge beibehalten. Dadurch steigen die Kosten, und zwar enorm. Wie es aussieht, sind also die Hoffnungen, durch die Fracking-Gas-Förderung die Energiekosten niedrig halten zu können, völlig überzogen.
Bei Shale-Gas hat sich diese Förderlogik bereits bewahrheitet, vieles spricht dafür. Es erhärtet sich auch der Verdacht, daß die ermittelten Lagerstätten nur zu einem Bruchteil - und auf kurze Frist - nutzbar sein könnten. (Der business insider und heise.de bringen dazu eine Menge Fakten, die eine solche Interpretation sehr plausibel machen.)
Auf jeden Fall hat Europa in diesem Spiel die eindeutig schlechteren Karten. Denn seine Gaslagerstätten liegen in deutlich größeren Tiefen als in den USA oder China. Damit ist diese Art der Gasförderung in Europa ohnehin wesentlich teurer.
So schließt sich auch für Europa ein fataler Logikkreis: Der Umstieg auf Wind- und Solarenergie, der den Gesamtenergieverbrauch zum einen, die Preise durch fast verdoppelte Energieproduktion, -versorgungs- und -produktionskosten im Äquivalent deutlich ansteigen läßt, macht zusätzliche Energieproduktionsquellen zur Pflicht. Damit wächst auch in Europa der Druck, jeden Strohhalm aufzugreifen - im Fracking, der Tiefengasgewinnung. Denn durch die "Energiewende" bindet sich Europa noch mehr als bisher an Gas (für das Backup-Energiesystem per Gasgeneratoren)*.
Bei unveränderter Lebensweise. Bei unverändertem System. Bei unverändertem Geldbedarf, der das weitere Aufblasen der Geldumschlagsmengen durch weitere in-sich-Verschachtelung** der Wirtschaft, deren immer weiteren Umbau zu einem für sich bestehenden, für sich zu behandelndem Gesamtmechanismus UNVERZICHTBAR macht. Was aber keine "wirtschaftliche" Notwendigkeit, sondern eine politischer Art ist: Die Verflechtung von Politik und Wirtschaft wird sich unabsehbar weiter vertiefen, denn die Politik - und NUR sie - BRAUCHT diesen Wirtschaftsmechanismus, der zu einer eisernen Maschine wurde und weiter wird.***
So, wie auch das Aufblasen der Zukunftsperspektiven der USA in erster
Linie politische Gründe hat. Weil es deren weltpolitische Position
stärker macht und den US-Unternehmen jene "Perspektive" liefert, die die
fundamentalen Wirtschaftsdaten nicht hergaben. Hoffnungen wie diese
sollen einen Mechanismus in Gang setzen, in dem sich die USA am eigenen
Schopf aus dem Sumpf ziehen. Ein wurzelloses Land braucht Luftblasen überlebensnotwendig. Da kommt die Fracking-Blase gerade rechtzeitig.
*So nebenbei: Auch an den Atomstrom, der zukünftig eben mehr aus Osteuropa kommen wird - wo es die Bevölkerung im Westen, die fasziniert und vernebelt ihre Ökoenergie aus den Windrädern feiert, nicht sieht.
**Damit ist der bei annähernd gleichbleibendem Produktionsanteil an Primärgütern einer Volkswirtschaft immer rascher steigende Sekundär- und Tertiärsektor gemeint, wo auf dieser Grundwirtschaft in Dienstleistungen und darauf bezogene Dienstleistungen immer komplexere Geflechte an Wirtschaftsleistungen ansetzen, sodaß die Volkswirtschaften zu einem (kybernetisch) immer kritischeren System werden, das zur Aufrechterhaltung immer mehr Energie und immer raschere Generationswechsel bei den Produkten notwendig machen. Die "Nachhaltigkeit" als Aspekt der ökonomischen Ökologie spielt dabei die Rolle eines neuen Produkts - nicht mehr.
***Hier schließt sich ein weiterer fataler Regelkreis: Denn damit ist die Politik (sind die Staaten) durch Terrorakte noch bedrohter, ja dadurch erst sind sie bedroht und bedrohbar. Die Terrorgefahr als Staatskalkül wird ERST SO zum vorrangigen politischen Geschäft.
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