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Donnerstag, 6. Juni 2013

Was Gott kostet (3)

 Teil 3) Ein Vortrag, der etwas Grundsätzliches zeigt




Der abgefilmte Vortrag (1:30 h Vortrag, der Rest Diskussion) von Dr. Jaro Serbik-Lamina (Österr. Akad. d. Wissensch.) zur "Kosten Nutzen der Videoüberwachung" aus Wien enthält eine Menge Aspekte, die bedenkenswert sind. Auch wenn der Gesamthorizont, der sich in einzelnen Deutungen zeigt, ein Problem ist. Aber vieles an dem Grundempfinden, das sich als "Demokratiegefährdung" artikuliert, ist richtig. Nur ihre rationale Aufarbeitung ist meist grotesk konterproduktiv dem gegenüber, was zu vertreten sie vorgibt.

Der Vortrag greift aber auch das Problem rationalen Diskurses als Grundlage demokratischer Entscheidungen auf, wie hier, in den Überlegungen zur Überwachung. Wie nämlich sich überhaupt in einem dynamischen Umfeld Einzeleffekte belegen, messen lassen sollen. Das können sie nämlich gar nicht, weil sich mit jedem Moment die Grundlagen mit verändern, auf denen beurteilt werden soll. (Siehe die hier immer wieder vorgestellten Überlegungen aus der Kinetik.) Diese selben Überlegungen lassen sich auch auf viele andere Prozesse anwenden - der Klimawandel gehört dazu. Das zeigt alleine die Verworrenheit gegenwärtiger öffentlicher Diskurse, global, die in Wahrheit ein gigantisches Schlachtfeld metaphysischer Probleme sind, und umso mehr in ihrer Gestalt den Charakter leerer Quatscherei haben.

Aber das Umlegen solcher Dinge auf Kosten erweist sich als tatsächlich effizient. Die Rücknahme bestimmter Restriktionen auf Flughäfen z. B. (Flüssigkeiten) hatte den direkten Grund darin, daß die Kosten für die Entsorgung dieser "potentiell gefährlichen Flüssigkeiten", die in Tonnen anfielen, so hoch wurden, daß man die Risken neu abwog - und diese Regelung wieder aufgab.

Und es ist ein alter Grundsatz: daß sich menschliches grundsätzliches Verhalten in Kosten wiederfindet. Gewinnrechnungen sind deshalb nicht prinzipiell zu verwerfen (nur, wenn "Gewinn" in Eigendynamik Gestalt als abstraktes "für sich" nimmt), sondern so gut wie alle gesellschaftlichen Probleme bzw. Probleme eines Organismus lassen sich AUCH als Kostenprobleme, als Probleme der Kostenwahrheit darstellen. Das zur Kenntnis zu nehmen hat nichts mit sentimental bedauerndem "na so sind wir halt"-Seufzen zu tun. Dann würde aber auch deutlich werden, daß die totale Technisierung der Vorgänge, auch der Verwaltungsorgane, ihren prinzipiellen Fehler in hohen Kosten wiedergibt, die seit Jahren zum Kollaps der Staatsfinanzen weltweit führen. DAS steckt hinter der Finanzkrise, geht man allen Teilvorgängen bis in ihre Wurzeln nach, nichts anderes, mit Staatsapparaturen, die zu Krebsgeschwüren wurden, die alles Blut, alle Nährstoffe aussaugen. Sie sind ein gesamtgesellschaftliches Phänomen der Weltgesellschaft, wo einzelne Moralkorrekturen nicht nur nichts bewirken werden, sondern den kritischen Zustand des Gesamten nur noch weiter erhöhen.

Alles drückt sich in allem aus,  nur je in anderer Ebene und auf andere Art. Diese kosmologische Grundwahrheit läßt die Aussage zu, daß "Kalkulation" eine Grundmetapher für humane Vorgänge egal welcher Art sind. Daß diese simple Wahrheit heute so vergessen ist ist lediglich ein Indiz für die Wirklichkeitsenthobenheit der Lebensvollzüge der Einzelnen, seien sie Politiker, seien sie normale Sterbliche, denen die Grundstrukturen des Wirklichen fremd sind. Zahl und Wirklichkeit aber hat eine Entsprechung, dazu muß man nicht erst Plato studieren. Dazu muß man nur wirklich gelebt haben.

"Gesellschaftlicher Diskurs", etwa über eine "Wertediskussion" - wie so oft, auch in dem Vortrag, vorgeschlagen - oder "mehr Transparenz", oder einem "sensibleren Umgang mit social media" (vielleicht als Schulgegenstand), ist aus prinzipiellen Überlegungen heraus kein Mittel, das dieser Problematik Herr werden kann. Er ist in der heutigen Form die Krankheit selber, denn seine Grundlagen verschieben sich mit dem Disput selbst. Das zeigt sich auch darin völlig schlüssig, daß Gesellschaften in denen der Disput hoch steht, gleichzeitig immer mehr Mißbräche s. o. zu verzeichnen haben. Die Überwachung der Überwachung deckt nicht mehr auf, sondern sie SCHAFFT die Intesivierung der Überwachung. Und "mehr PR" durch Forschungsinstitute dieser Art ist das Austreiben des Teufels mit Beelzebub, hebt ihn erst recht in den Sattel. Ihre Wirkkraft ist nie mehr als bestenfalls kurzfristig und vorübergehend: wer in ein Ganzes eingreift, hat es auch im Eingriff selber mit dem Außen zu tun, der Organismus dieses Ganzen reagiert in allen Teilen auf diesen Eingriff und konstituiert sich neu - als er selbst. Und kommt mit dem Zehnfachen der Dämonen zurück.

Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, und belegt das hier Gesagte, daß die Wiener Linien in ihrem aktuellen Ansuchen, diese Überwachungsmaßnahmen fortzuführen, der Datenkommission KEINE DATEN vorlegen konnten, die die vom Datenschutzgesetz verlangte "Rechtfertigung der Eingriffe in die Privatsphäre" liefern konnten. DENNOCH wurde die Bewilligung neuerlich erteilt. Und das ist nur möglich, wenn eben die Grundlagen für diese Maßnahmen NICHT rational erfaßt sind. Das zeigt, auf welchen Füßen die gesamte Diskussion steht.

Deshalb verliert sich o. a. Vortrag auch in eben diese Ratlosigkeit, die bei allen zurückbleibt, Sterbik-Lamina kann die Fragestellung nicht auf die umfassenden Fragen zurückführen. Nur dann aber kann ein Einzelargument aus seiner Teilmechanik herausgegriffen, und im Gesamten bewertet werden. Es gibt keinen Grund für den Entzug der Würde des Subjekts. Wie so vieles, gründet aber damit diese Frage in einer Frage der Anthropologie, und damit in der Metaphysik, und damit - in der Frage nach Gott.








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