Man hält es für zeitgemäße Problemlösung, weil es einer Grundsicht der Gegenwart entspricht: Daß Dinge kein ihnen eigenes Wesen haben, das im wesentlichen unverändert nach Wirklichung drängt - als Bedingung ihres Daseins. Niemand geringerer als Whitehead sieht es in "Prozeß und Realität" mit logisch zwingender Notwendigkeit gegeben, daß dieses Wesensbild, das egal welcher "Einzeltheit", die jedes Ding ist, zugrundeliegt. Als ihr Vektor, ihr "Superjekt", dem es folgt. Alle seine Geschichte ist nur aus dieser Interaktion mit dem Angrenzenden verstehbar, in der ein Ding sich schöpferisch verhält und aus diesem Wechselspiel heraus Gestalt, Wirklichkeit weil Wirkung nimmt.
Das betrifft auch das Geschwafel um die "Neuen Väter". Eine Erhebung, die die Welt veröffentlicht, zeigt nun zwei interessante Aspekte, denen es im Welt-Artikel aber der rechten Interpreation mangelt. In dem es um die Tatsache geht, daß Väter ihre beruflichen Positionen mit einer größeren Anwesenheit in der Familie zu kombinieren versuchen.
Es sind nach wie vor wenige, eine Minderheit. Aber sie ist "Leitbild" der Politik, und auch darin lediglich der nächste Strohhalm, mit dem sich die Politik aus ihrer grundsätzlichen Ratlosigkeit zu retten versucht. In der Narren jede Entfaltungsmöglichkeit besitzen, weil sie auf keine Gegenwehr stoßen.
Beide dieser Aspekte gründen in ein und demselben Grund, wachsen in derselben Erde: Auflösen der Sprache der Person, die eine Sprache in sich abgegrenzter Entitäten ist, hin zu einer Funktionalisierung. Deren Funktionalität natürlich bereits auf eine ausgedörrte, gerade halt mal bewußt gewordene Bedarfserhebung bezogen bleibt. Schon damit prinzipiell mangelhaft.
Quelle: Die Welt |
Was sagen uns diese Angaben konkret? Frauen sehen in den Vätern zunehmend bestimmte Funktionen, während die Männer/Väter ihre Aufgabe immer noch (!) als eher sinngebende Aufgabe begreifen, der erst dann auch bestimmte Funktionen erfließen. Dem entspricht die Realität voll und ganz, in der Väter von Müttern problemlos entsorgt werden können, und das auch werden, wenn sie bestimmte Funktionen nicht zu erfüllen bereit sind. Vatersein wird nicht mehr als quasi sakrosankte Position innerhalb eines Seins- als Gestaltgefüges gesehen, sondern als Funktion.
Väter, die in diesen Kanon einstimmen, und dazu sind sie fast gezwungen (obwohl das die überwiegende Mehrheit nach wie vor nicht will und tut! - ein anderes Kapitel) oder sehen sich dazu gezwungen (Wertedruck), sind in Folge gezwungen, ihren Beruf umzudefinieren. Das hat auch auf die Unternehmen weitgehende Konsequenzen.
Die Männer (wie überhaupt Dienstnehmer) erfüllen auf ihren Arbeitsstätten keine Aufgaben mehr, ihr Beruf ist nicht mehr definiert in der Hinwendung zu EINER AUFGABE, sondern ihre Aufgabe löst sich auf in bestimmte fragmentierbare, aufteilbare Funktionen.
Damit greift eine an sich bereits fatale Konsequenz der Verlagerung der Arbeit von einer schöpferischen Tätigkeit, die an einem Werkstück/einer Leistung orientiert ist, in eine "Verfügbarkeit über bestimmte Zeit". Mit der Maschinisierung, der Mechanisierung des Wirtschaftens (maßgebend getaktet vom mathematischen Primat des Geldes) wurde Arbeit starr an Zeit gekoppelt. So sehr, daß es uns heute gar nicht mehr vorstellbar ist, daß das eine mit dem anderen an sich gar nichts zu tun hätte, daß es sich hier um eine Notlösung, einen Kunstgriff handelt.
Betriebe sind aber heute zunehmend Maschinen geworden. Die eine bestimmte funktionale Kapazität haben, auf die hin wiederum die Zwangsläufigkeiten, die sich aus einem als Zweck für sich gesehenen Geld ergeben, ausgerichtet sind. Klartext: Ein Kapitalbetrag von 100 muß, um eine bestimmte Rendite zu erwirtschaften, den Ertrag X abwerfen. Mit einer Maschine aber läßt sich eine bestimmte Warenanzahl herstellen. Das heißt, daß der Maschinenausstoß auch die Erträge desselben Kapitals von 100 beeinflußt. Schafft die Maschine 50 Wareneinheiten, so entspricht es ihrer Eigenlogik, das auch erreichen zu wollen. Der Markt beginnt, von der Warenproduktion bestimmt zu werden, er bestimmt sich nicht mehr aus dem alltäglichen Hin und Her von Bedarf und Arbeit, wo einmal auch NICHT gearbeitet werden müßte, ein andermal mehr, wo einmal mehr gebraucht wird, ein andermal nichts.
Die Maschine ist nicht flexibel. Sie wird nicht angeworfen, wenn sie gebraucht wird - sie gibt den Takt durch das ihr Mögliche vor. Sie produziert immer 50. Und ein findiger Ingenieur, von einem Kapitalgeber beauftragt, bringt sie dazu, 70 oder 100 herzustellen. Mit einem Schlag verändert sich das gesamte Gefüge des Wirtschaftens als menschlichem Akt. Die Prioritäten verändern sich, sie verschieben sich vom Lebenstakt weg, hin zu einem Maschinentakt, der übrige Markt wird gezwungen, darauf zu reagieren, meist indem er dieselben Methoden einsetzt. Eine der schwersten Plagen der Menschheit hat sich damit ausgebreitet.
Wenn nun die Arbeitnehmer selber beginnen, ihre Aufgaben von ihrer Personalität, als Lebensaufgabe, die SIE und nur sie als Personen erfüllen, abzutrennen, in Funktionen aufzulösen, die sie auch in konstant 30 Wochenstunden erfüllen können, während den Rest der Präsenz des Betriebes andere diese Funktionen erfüllen, verändern sie auch die Betriebe. Sie erhöhen auch in diesen den Zwang, ihr Dasein zu "objektivieren", in Funktionen aufzulösen. Die Aufgaben eines Betriebes müssen damit zwangsläufig mechanisiert werden. Das Gesicht der Wirtschaft verändert sich weiter in Richtung Unmenschlichkeit. Vor allem aber, und das wird überhaupt übersehen, wird das Leben der Menschen vom Leben selbst ausgeräumt - ihre Welt wird leer. Denn Leben kann sich nur im Konkreten vollziehen, in der Aufgabe, in der Selbstüberschreitung. NICHT in der Funktion.
Unmenschlichkeit? Ist nicht gerade dieses Gerede vom "Neuen Vater" ein Schritt zu mehr Menschlichkeit? Man lese genau, was diese Väter als Motiv angeben, die Elternteilzeit in Anspruch zu nehmen, man höre genau hin: Sie wollen das Aufwachsen ihrer Kinder mehr erleben, zum Beispiel. Das soll vorerst gar nicht weiter zerpflückt werden. Es ist zu widerlich, um in ein paar Sätzen abgehandelt zu werden. Gott sei Dank ist es nach wie vor Minderheitenprogramm. Die neue Menschlichkeit der Gegenwart ist eben eine Menschlichkeit die nur eines vergißt: den Menschen. Der ein unverzichtbares Ganzes, eine nicht auflösbare, integre Gestalt ist, als welche er wirkt. Jede festgestellte Funktion ist nur Ausfluß dieser Ganzwirklichung - als Gestalt, als Figur in einem Zueinander von Wirklichkeiten, die sich NUR im Figuralen realisieren.
Und hier also fügt sich die familieninterne Debatte ein: Was sind Väter in den Familien? Auch die Familien sind am besten Weg, zu bloßen Funktionsbündeln aufgelöst zu werden. Das geht bis hin zur Kinderbetreuung durch öffentliche Einrichtungen. Das geht bis hin zu Fertilitätsüberlegungen aus den Zahlenwerken der Demographie heraus. Und es geht bis hin zur Migrationspolitik, die in Wahrheit eine Verzweckung der zuwandernden Menschen bedeutet. Und es geht hin zu den Unternehmen selber, die in Wahrheit auch nur funktionieren, wenn sie aus Menschen besteht, selbst wenn es anders aussieht. Die Welt schreibt deshalb erstaunlicherweise, daß viele Unternehmer mit diesen Teilzeitvätern überfordert sind. Wie anders?
Kein Vater ist Vater, WEIL er dies oder jenes tut ... er ist Vater, weil er VATER IST. Kein Arbeitnehmer ist Arbeitnehmer, weil er diese oder jene Abläufe vollzieht ... er ist es, weil er als Person eine Aufgabe erfüllt,die ihm Maß und Ziel für seine Arbeit gibt.
Die erzieherische Wirkung eines Vaters liegt ja gerade, als Polarität, in dieser Hinausführung des Kindes auf eine Aufgabe hin, als Schritt des Menschen von sich weg, zu einer Umarmung der Welt, die ihn erweitert, dadurch zu weiterer Vielfalt führt, aber auch seine innere Einheit umso mehr fördert, als er diese Vielfalt zu integrieren lernt.
Lassen wir es vorerst bei diesen Überlegungen bewenden. Der Leser möge das Gedankenspiel selbst fortführen.
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