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Mittwoch, 12. Juni 2013

Vom Einen zum Vielen (3)

Teil 3) Nachsatz. Konsequenzen





Das versucht Darzustellende hat natürlich Konsequenzen. Denn es zeigt, daß das Bemühen zu einer Rechristianisierung Europas oder der Welt, das sich auf eine Restauration der Innerlichkeit beruft, fruchtlos, wenn nicht gefährlich ist. Weil das scheinbar, dem Worte nach "rechte Tun"  in Wirklichkeit eine andere Seinsbewegung hat - und das Falsche bewirkt. Hier auf das Wunder der Gnade zu hoffen ist Vermessenheit.

Leider aber ist festzustellen, daß viele Bemühungen der Gegenwart genau das versuchen. Wo sie rational, mit Vernunftanspruch auftreten, sind sie oft nicht mehr als Versuche, das rationale Gebäude abzustimmen, das die Kirche quasi hinterlassen hat. Anstatt die Vernunft je neu zu schöpfen! 

In sehr vielen Fällen aber tritt diese (wenn auch verstehbare) Gegenbewegung als bloße Frömmigkeitsbewegung auf, die den Anspruch auf Welt stillschweigend aufgegeben hat. Also auf derselben Weltentwertung beruht, wie am Beispiel Indiens zu zeigen versucht wurde. Das bildet sich in oft sehr subtiler Weise aus - wie im Opus Dei. In dieser Hinsicht und unter Einbeziehung des bisher Erkennbaren, erhält damit aber auch das von höchster Stelle verkündete Schlagwort von der "Entweltlichung" den bedrohlichen Charakter eines fatalen Trugschlusses, der der Wirklichkeit der Welt nicht gerecht werden, sondern ihr entfliehen will. Wie ... in Indien.

Eine Reform der Welt kann natürlich nicht darin bestehen, ein Paradies auf Erden einrichten zu wollen. Das ist nie direkte Aufgabe des Menschen gewesen, und daß uns das auch gar nicht mehr möglich ist, ist ausreichend begründbar. Insofern liegt seine Aufgabe tatsächlich nicht "in dieser Welt". Aber sie kann auch nicht in einer Re-Moralisierung liegen, die das Wesen der Dinge nicht in ihrer Erfüllung selbst, sondern lediglich in einer Art "Gebrauch" sieht. Ethik kann nur aus Wesenswahrheit kommen. Dort liegt aller Gehorsam dem Willen Gottes gegenüber. Ein Zug, der im übrigen auch allem religiösen Empfinden in allen Religionen gleich ist, und selbst die ethische Basis des Rationalisten ist, dem es ja nur an einem Unverständnis der Vernunft mangelt.

Weil es eben darum geht, die Welt als Selbstopfer Gottes in der Reinheit der Liebe ihm selbst vor Augen zu bringen, ist das was der Mensch zu tun hat gerade aber in seiner Freiheit ALS Welt zu suchen, in der größtmöglichen Seinsdimension, die ihm möglich ist: Als Teilhabe an der Liebe Christi, die es selbst ist, die die Welt vor die Augen des Vaters trägt.

Aber das verlangt auch ein Ansetzen am Ort des Kreuzes - und das ist die konkrete Welt. Mit all ihrem konkreten Tagesablauf, der nicht in sich banal, sondern nur ohne das Licht der Vernunft banal wird. Denn die Vielfalt menschlichen Seins ist nicht leerer Wahn, sondern sie ist es, die jenen Lobgesang darstellt, den Kirche eigentlich meint: Gemeinschaft der vollkommenen Weltgemeinschaft. Vollkommen in der Liebe, die das Sein ins Seiende treibt.

Wenn man etwas als Sendung verstehen will, so liegt sie darin: in der je konkreten Gestalt des Lebens. Nicht in deren Auflösung um eines vermeintlich nur innerlich möglichen Glückes wegen. Wer einen konkreten Ansatz sucht, sollte also durchaus bei den Jesuiten suchen - aber bei jenen, die in Paraguay alle Möglichkeiten, aber auch alle tatsächlichen Vorläufigkeiten zeigten. Die in beeindruckender Klugheit und Weisheit bei der menschlichen Kultur ansetzten. Nicht in Frömmlerei und Pharisäismus. Ihr Arbeitsfeld ist beispielhaft dem gleich, das jeder Mensch vorfindet. Heute aber nicht anders, als vor 500 oder 1500 Jahren.

Die Aufgabe des Menschen kann nie anders heißen als: Kultur. In der er sein Menschsein zur konkreten Entfaltung bringt - im Werkstück, im Familienleben, im gelungenen und gerechten Handel, in der entfalteten Liturgie, im poetischen Theaterstück, in Lied und Dichtwerk. Das ist die Quintessenz auch aller Philosophie der Menschheitsgeschichte, die in ihrer Stringenz in der Erfassung der Welt als Analogie und Abbildhaftigkeit der Wirklichkeit der Dreifaltigkeit mündet. Es ist die Basis aller Vernunft: Das Wort, das Gott war, das ausging, und das Fleisch geworden ist. Das Licht, von dem das Feuerwerk der Farbe ausgeht.





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