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Freitag, 30. August 2013

Stromimperialismus

Deutschland exportiert so viel Strom wie noch nie, schreibt die Welt. Der Stromexport stieg alleine 2013 bereits um 50 %. Das hat zwei Ursachen: Zum einen muß der als Erneuerbare Energie hergestellte überschüssige und temporäre Strom abgeführt werden. Er drängt beim Entstehen aufgrund physikalischer Gesetze in überregionale Stromnetze. Das betrifft vor allem die Niederlande und Dänemark. Denn nach Osten zu ist das Netz durch Polen abgeriegelt. Dazu gleich mehr. Tatsache bleibt, daß dieser per Abnahmeverpflichtung und garantiertem Preis eingespeiste Strom zu sehr niedrigen Preisen exportiert wird, ja wenn nicht überhaupt dafür bezahlt wird, daß er abfließen darf. So wie MItte des letzten Juni, wo der internationale Strompreis bereits negativ war.

Exporterfolge, die also alles andere als ein Geschäft sind. Aber das macht wenig. Das gleicht der zweite Posten nämlich wieder aus, auf den der Export zurückgeht, und er hängt direkt mit dem ersten zusammen. Die niederländische Stromproduktion ist nämlich dabei, zusammenzubrechen. Die (luftfreundlichen) Gaskraftwerke werden wie in Deutschland aus dem Markt gedrängt, können nicht mehr kostendeckend produzieren, und müssen geschlossen werden.

Da tritt nun also Punkt zwei der deutschen Exportoffensive auf Plan: Denn der zweite Grund für die Export"erfolge" ist deutschen Kohlekraftwerken zuzuschreiben, die durch die am Weltmark billige Kohle (v. a. aus den USA) jenen Strom produzieren und nach den Niederlanden liefern, der dort als Grundlaststrom - Stromversorgung funktioniert nur dann, wenn es zu jeder Zeit eine gewisse Grundspannung anbieten kann - dem Netz nun fehlt. Der Kohlenstoffausstoß in Deutschland, vorgebliches Ziel der gesamten Energiewende, ist damit so hoch wie noch nie. Dem Gasboom in den USA ist es zu verdanken, daß Kohlenstoffzertifikate, die Anrechtsscheine auf Luftverschmutzung, mit denen der Staat sich ursprünglich jene Gelder holen wollte, mit denen er die Erneuerbare Energie subventioniert, sehr sehr billig sind. 

Ein Schelm, wer deshalb Arges dabei dächte, daß in Deutschland Kohle als Energieträger nicht nur boomt, sondern ohnehin eine ganze Reihe weiterer Kohlekraftwerke bereits in Bau sind. Irgendwo müssen ja die mittlerweile 18 Cent, mit denen in Deutschland jede Kilowattstunde Erneuerbare Energie subventioniert wird, sowie die Verluste aus deren Export, wieder hereingeholt werden. Und irgendwie muß die fast doppelte Produktionskapazität im Vergleich zum Verbrauch (weil die Energiewende ohne Backupsystem nicht funktioniert) finanziert werden.

Endlich gerettet: Die Umwelt; Solaranlage in der Uckermark
So wird dafür Sorge getragen, daß Wind- und Solaranlagenbetreiber weiter ihr Sträußlein der Weltrettung an ihren Rockaufschlag stecken können, weil die wirkliche Stromversorgung ohnehin von der Kohle kommt, sie damit ungehindert mit ihren Phantastereien, die so nebenbei ein gutes Geschäft sind, herumspielen können.

Etwa wie bei jener Weltrettungsmaßnahme für Berlin, wo nun unter Vorspiegelung falscher Tatsachen - "36.000 Haushalte können versorgt werden" (in Wahrheit wird nur die zusätzliche Produktion in diesem Umfang gemeint, von versorgt kann keine Rede sein) - auf einem 212 Hektar großen Gelände 1,5 Millionen Solarpaneele das umweltrettende Kraftwerk der Zukunft eingeweiht wurde. Aber wahrscheinlich kommt nun als nächste Stufe der Argumentation der Ökologen, daß es ja gar nicht um die Umweltrettung gehe, nie gegangen sei, sondern um die Rettung des Menschen. Das ist denn doch etwas anderes. Und, bitte, wer wohnt denn (noch) in der Uckermark, dem bereits am dünnsten besiedelten Gebiet Deutschlands? 200 Mio Euro wurden investiert, in nur 4 Monaten die aus den USA importierten Glasflächen montiert. Ein weiteres Wunderwerk deutscher Ingenieursleistung. Die auch in Zukunft dafür sorgen wird, daß im fernen Ausland produzierte Produkte sinnvoller Verwendung in Deutschland zugeführt werden. Wird doch wirklich Zeit, daß wir uns - alle! - von diesen gräßlichen Ökonomiezwängen befreien.

Während man die kurzfristigen Netzschwankungen durch okkupierte Speicherkraftwerke in Österreichs Alpen, zum Teil aber auch durch dort bestehende alte Ölkraftwerke, wahre Rußschleudern, ausgleicht. Denn Österreich hat man ja auch längst überredet - wie immer war das nicht schwer - sich an diesem Energieschwachsinn zu beteiligen. Immerhin wird dafür kräftig gezahlt. Und durch die Nähe zu Atomkraftwerken rundherum ist die Energieversorgung im Land am Strome ohnehin gut abgesichert. Was das für österreichische Landschaften wie das nördliche Burgenland bedeutet, die gar nicht mehr existieren sondern zu Ventilator-Landschaften umgeprägt wurden, zeigt Helmut Grosina in einer Betrachtung auf seiner Webseite in eindrucksvollen Bildern.

Die Niederlande sind also am besten Weg, völlig von deutschen Energielieferungen abhängig zu werden. Nächstes Opfer in der Liste ist Dänemark. Die Windanlagen an der Ostsee sind dank neu errichteter Stromtrassen im Norden Deutschlands nun in der Lage, auch deren lokalen Energiemarkt zu ruinieren. Der Export nach Dänemark ist 2013 um 480 % gestiegen.

Und was hat das mit Polen zu tun? Die lassen sich wie die Tschechei die regionale Stromproduktion gar nicht erst durch die aggressive (!) und widersinnige deutsche Strompolitik zerstören. Die riegeln ihr Stromnetz durch Phasenschieber an der Grenze ab - und der unberechenbare Strom aus Windrädern und Solaranlagen, den niemand je gebraucht hat und braucht, muß wieder zurückfließen.




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