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Montag, 12. August 2013

Von Sturz zu Sturz

Den bislang klügsten Kommentar zum arabischen Frühling, der auch in Ägypten ausgeschlagen hat, fand der Verfasser dieser Zeilen in der Neuen Zürcher Zeitung. Jürg Bischoff stellt darin alle relevanten Fragen.

Und indem er auf den Ursprung der Rebellion hinweist, weist er auch ihre Fragwürdigkeiten auf. Denn was war mit "Demokratie" gemeint, die als wirres Schlagwort durch die Medien und - angeblich - über den Tahrir-Platz geisterte? (Denn wer stand da wirklich mehrheitlich am Tahrir-Platz?) Demokratie ja, aber nur, wenn ihre Ergebnisse diesen oder jenen passen? Wem passen? Der Mittelschichte, die auch so schrankenlos leben wollte, wie sie auf Reisen, in Fernsehen und Internet sah, und das mit Freiheit gleichsetzte. Aber damit - nicht in der Mehrheit war und ist.

Die Frage um Ägypten ist aber eine Frage der nationalen Identität. Und die ist offenbar keineswegs mit social media zu klären. Es geht um die Rolle der Religion genauso, wie um die des Militärs.

Wenn es einen Sieger der staatsinternen Kräfte gibt, dann ist es das Militär, und war es von Anfang an. Es hat die Fäden in der Hand, und es bestimmt, wie die Zukunft des Landes auszusehen hat. Und es ist die Macht, die Säkularismus, Liberalismus und Pluralismus der Mittelschichte die Stange hält, und damit die geforderten demokratischen Prozesse ad absurdum führt. Nicht Demokratie, sondern westliche Lebensweise, das ist der Hintergrund der Parolen, die eine ganze Mittelschichte bedenkenlos auf einer Welle der Revolution "von Sturz zu Sturz" surfen läßt.

Auf jeden Fall aber hat man eines erreicht: Der Islamismus wird weiteren Auftrieb erhalten. Denn die Vorgänge in Ägypten haben ihm den diffusen Demokratismus, der doch nur bestimmte Lebensweisen meint, die man jederzeit auch mit Gewalt durchsetzt, als wirklichen Feind noch präziser vor Augen gestellt. Während das Land seit Beginn der Umstürze langsam aber sicher ins Chaos durcheinandergeworfelten Alltags rutscht.

Denn dieser Liberalismus, dieser Demokratismus hat keineswegs das harmlos-nette, romantisch sentimentale Gesicht, das er so gerne vorheuchelt. Er ist in Wahrheit eine eminente politische Gewalt. Eine Kraft, die den einen Freiheit, den anderen aber Zerstörung bedeutet. Sie hat die Macht, ein Land in unversöhnliche Gegensätze auseinanderzureißen. Und sie ist nicht "die bessere Wahl", nur weil man ihre wirkliche Natur in Europa bis zum heutigen Tag nicht zur Kenntnis nehmen will, sondern sich mit Etiketten zufriedengibt.




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