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Samstag, 24. August 2013

Von Vermögen und Dolchstoßlegenden (2)

Teil 2) Was dem Gold heute fehlt, 
aber noch kaum rezipiert wurde, 
und warum zwangsläufig Verschwörungstheorien entstehen




Als Faktor der Vermögenssicherung hat Gold nur relativen Wert. Genauso gut könnte man dies sogar von jedem anderen Produkt sagen. Sogar Tampons oder Zigaretten hätten aber eine höhere konjunkturunabhängige Wertbeständigkeit. Als ein Faktor, der sich - aus dem Charakter von Gold als Ware eben - aus dem Zueinander der Faktoren des Wirtschaftens ergibt. Und ein etwas anderes, teilweise verzögertes, manchmal ja tatsächlich sogar gegenläufiges Wertverhalten zu Waren und Dienstleistungen hat. Aber irgendwann immer noch (!) auf seinen realen Wert zurückfand. Nach oben, wie nach unten. So, im Hin und Her der Anlagen, kann Gold kurzfristig "Wert" sichern, aber nur, wenn sich Anleger nicht von Irrationalitäten leiten lassen, sondern mit wachen Sinnen flexibel bleiben. Nie aus den Augen verlieren, was Gold eben ist - eine Ware, die lediglich bestimmte Charakteristiken hat.** Und vor allem dann etwas wert ist, wenn es den Volkswirtschaften insgesamt gut geht. Weil nur dann auch die Bereitschaft und das Geld da ist, als Leistungsversprechen, sich Produkte aus Gold zu kaufen, oder Geld in reine Kulturwerte - Handwerk, Symbolik etc. - zu investieren.*** 

Nur eine hochstehende Kultur, eine schöpferische Kultur, wird auch eine gleichbleibend hohe Wertschätzung für Symbole und abstrakte Schönheiten bewahren können. Eine Unkultur des Geldwertes, die aus derselben Verirrung meint, ein häßlicher, ungeformter Goldbarren alleine wäre schon Wert, wird mit Staunen erleben, wie sich Wert von Ware ablöst und banalen Gesetzen folgt.

Mit noch einer Tatsache, die überhaupt noch nirgends überlegt wurde: Gold als Wertsicherung hat auch zu hohem Grad nur deshalb funktioniert, in seinen Relationen zu Waren und Geldwerten, als drittes Gleis sozusagen, weil sich die Wirtschaft auf der Welt regional und politisch bestimmt sehr anders entwickelt hat und deshalb andere Wertverhältnisse enthielt.**** Je globalisierter aber die Wirtschaftsentwicklungen verlaufen, je mehr sie syntaktisch verflochten sind, desto weniger wird damit aber auch Gold als (kurzfristige, flexibel zu handhabende) dritte Schiene der Wertsicherung funktionieren. Im Klartext: Gerade als reales Produkt hatte Gold früher immer regional unterschiedlichen Wert als Tausch- und damit Zahlungsgut (Geld). Den Inkas etwa war es im Verhältnis kaum etwas wert, den Spaniern sehr wohl. In dem Maß aber, in dem sich solche Wertverhältnisse zu Weltmarktpreisen virtualisieren (!), wird es als Ausweichgut (neben vielen anderen) starr und kaum noch brauchbar.

Diesen Faktor hat man auch bei der letzten Goldpreisrallye noch kaum berücksichtigt - aber der Verfasser dieser Zeilen glaubt, daß er sich enorm ausgewirkt hat. Denn der Weltmarktpreis macht eine reale Werteinschätzung (die immer im Verhältnis Mensch - Ware gründet) nicht besser möglich, wie behauptet wird, sondern er verschleiert sie durch seine mathematische Abstraktion, die nach ganz anderen Gesichtspunkten funktioniert als reale Werte in persönlichen Tauschverhältnissen, auf die jedes Produkt irgendwann wieder zurückkommt. Zumindest macht es historische Beispiele, auf die sich gerade Goldfetischisten gerne berufen, in vielem wertlos.

Interessant und keineswegs zufällig tauchen deshalb heute zahlreiche Verschwörungstheorien auf, die von Manipulationen des Goldpreises sprechen - solche Theorien tauchen nach langjähriger Beobachtung des Verfassers dieser Zeilen auffallend vor allem dann auf, wenn auf "geheimnisvolle Weise" personales Geschehen durch mathematische Gesetzmäßigkeiten, durch Abstraktionen verdrängt wird. Denen man dann im selben Maß personalen Hintergrund beimißt, als man ihn aus der nahen Wahrnehmung als die Welt bewegende Kraft kennt. Weil das Internet in hohem Maß über solche Abstraktionsebenen funktioniert bzw. diese hervortreibt, ist deshalb das Zeitalter des Internet fast zwangsläufig auch das Zeitalter der Dolchstoßlegenden.*****


Teil 3 morgen) Erstaunliche Parallelen - Dolchstoßlegenden, 
und das Ende der Politik


**Das wird besonders deutlich, wenn man die Natur anderer Zahlungsmittel ansieht. Man nehme Muscheln, noch heute sogar ein Zahlungsmittel. Der Wert einer Muschel im Tausch gegen Kokosnüsse oder Liebesdienste wurde nach der Schönheit der Muschel taxiert. Denn er war kultischer, kultureller Art, nicht das Ergebnis von Börsensälen. Die ja nur mathematisch ausdrücken, inwieweit jedem ihrer gehandelten Werte kultureller Wert und damit Tauschwert zugrunde liegt. Im übertragenen Sinn gilt das genau so von Gold etwa in Barrenform, dessen angeglichener Wert als Gold von seiner möglichen Verarbeitung zum Kulturprodukt im Grunde "aufgemotzt", eine Blase in der Blase ist.

***Das ist bei anderen Wertanlagen nicht anders. Nehme man die Kunst. Ein Van Gogh ist nur dann seine 70 Millionen Euro wert, wenn es jemanden gibt, der flüssig genug ist, diese Summe einfach zu entbehren, sich an die Wand zu hängen. Wenn es diese Vermögenden nicht mehr gibt, weil sie pleite sind, weil alle nichts haben, warum auch immer, wird auch ein van Gogh nur noch ein bemaltes Stück Leinwand sein.

****Ein illustratives Beispiel dazu: Gold war nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschlang selbst nahezu wertlos. Schon wenige Tage nach dem Sieg der Alliierten aber tingelten Aufkäufer durchs Land, die den Goldbesitzern ihren Schmuck, ihr Gold zu den realen niedrigen Lokalpreisen abkauften. Das wurde durch die Behörden rasch verboten. Denn dieses Gold wurde ... am (ganz anders gelagerten) Regionalmarkt USA zum Vielfachen des Kaufpreises in Deutschland wieder verhökert.






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