Dieses Blog durchsuchen

Dienstag, 19. Dezember 2017

Ein Schritt zum Frieden

Was bislang immer noch und immer wieder ins Reich der Legenden und Verschwörungstheorien abgeschoben wurde, obwohl es doch allgemein "bekannt" war, wird nun offiziell, weil von den USA bestätigt: Die Trump-Administration legt einen Großteil jener bislang unter Verschluß gehaltenen Dokumente offen, die belegen, daß die USA 1953 zusammen mit dem britischen Geheimdienst - ja, auf dessen Drängen hin - den Sturz des demokratisch gewählten Ministerpräsidenten Mohammad Mossadegh organisiert und betrieben hatten.

Dabei zeigt sich bereits jetzt, noch ohne daß diese Dokumente wirklich ausgewertet wurden, wie so etwas funktioniert. Wie also ein Geheimdienst ein Land destabilisieren und eine Regierung aus dem Amt putschen kann. Es zeigt sich auch in allen menschlichen Komponenten, denn man darf nicht vergessen, daß es auch innerhalb der US-Geheimdienste durchaus kontroverse Ansichten und Absichten gibt. Im Mittelpunkt steht der Enkel des vormaligen US-Präsidenten Roosevelt, Kermit Roosevelt jun., der in den Diensten des CIA stand und in Teheran einen Putsch gegen den amtierenden iranischen Präsidenten organisieren sollte. Der aber nicht gut lief. Also kabelte man ihm, er solle alles abbrechen. Roosevelt jun. gehorchte aber nicht sondern trieb sein Unternehmen voran, was letztlich doch noch zum Erfolg führte. Er konnte Schah Reza Pahlavi nach oben bringen, und es gelang ihm sogar, Menschen auf die Straße zu bringen, so daß es in den Augen der Welt aussah, als stünde das Volk hinter dem Schah. 

Doch ging die Rechnung für die Briten nur halb auf. Denn auch Pahlavi verlangte eine Beteiligung an den Gewinnen des britischen Ölkonzerns. Damit waren nur die geostrategischen Pläne umgesetzt worden. Denn die USA und die Briten wollten verhindern, daß der Iran mit Rußland weiter kooperierte und so der Sowjetunion Einfluß auf einen beträchtlichen Teil der Ölvorkommen zukam. Denn Rußland und der Iran haben seit je sehr enge Beziehungen. Wirtschaftlich, weil es der europäische Zugang zur Seidenstraße war, aber auch politisch spielten die Perser eine wichtige Rolle für Europa. Als etwa die Ungarn im 9.  Jahrhundert nach Westen vorstießen trafen sie im pannonischen Becken auch auf iranische Völker. Es gibt Meinungen, daß sogar die südostungarischen Szekler (die mit den Ungarn eine Allianz eingegangen waren) persischen Ursprungs sind. Und ein guter Teil Süd- und Mittelrußlands war über Jahrhunderte sogar von persischen Fürsten ("Goldene Horde") regiert oder Vasallen Persiens, was sich erst mit den Romanows als Zaren (Ivan IV., der "Schreckliche") änderte, der erstmals die Russen einte und alle Fremdherrscher aus dem Land zu werfen begann.

Noch interessanter aber ist ein Aspekt, der im Bewußtsein der Kontinentaleuropäer fast nicht vorhanden ist, aber dem VdZ zunehmend als Schlüssel zum Verstehen der Geschichte der letzten 200 Jahren erscheinen will. Es geht um die Rolle Großbritanniens (Englands) als Imperialmacht. Nicht nur hat England auf die europäische Philosophie einen verheerenden mächtigen Einfluß gehabt, sondern auch politisch-militärisch. Und diese Identität als Imperium spielt auch heute noch einen weit größeren Einfluß, als wir gemeiniglich wahrhaben wollen.

Das drückt sich auch im beträchtlichen Einfluß der Briten auf die amerikanische Außenpolitik aus. London hat weit mehr Macht und Einfluß, als man glauben möchte. Wie weit der geht kann man aber fast nur spekulieren, denn er geschieht im Verborgenen. Es gibt in England nach wie vor starke Strömungen, die von einer Wiederauferstehung des Imperiums träumen, worunter sogar Wiedervereinigungspläne, zumindest strategische Unionen mit den USA eine beträchtliche Rolle spielen. Wie Caroll Quigley etwa enthüllt.

Daß das so ist, belegen die nun veröffentlichten Iran-Dokumente. Auch hier sind die USA letztlich dem britischen Drängen gefolgt. Denn es ging zuallererst nur um britische Unternehmen (BP), die Mossadegh durch seine Verstaatlichung von Ölquellen unter Druck gesetzt hatte. Sodaß man sogar in der Einschätzung der amerikanischen Rolle im Nahen Osten zu recht anderen Schlüssen kommen könnte - daß sie nämlich die Kohlen für ganz andere Mächte aus dem Feuer holen. Immerhin gelang genau das den Briten im 20. Jahrhundert mehrere Male. Man denke nur an den Kriegseintritt der USA sowie seine Rolle in beiden Weltkriegen. Und die Gründung eines Staates Israel war lange schon ein politisches Ziel einflußreicher Kreise Londons.**

Noch etwas soll erwähnt werden. Denn man kann die Rolle solcher Enthüllungen gar nicht hoch genug veranschlagen, betrachtet man ihre psychologischen Wirkungen. Denn wenn jemandem Unrecht geschehen ist, wird er mit diesem Unrecht nur sehr schwer fertig, wenn der andere dieses Unrecht bestreitet und seine Taten verschweigt. Das hält die zugefügte Wunde damit offen und der Verletzte steht unter hohem inneren Druck, durch Behauptung - die aber nie durch Akzeptanz abgesichert ist - dieses Unrecht als Tatsache "zu setzen".

Erst, wenn sich ein Täter entschuldigt, wenn er um Verzeihung bittet, kann ein Heilungsprozeß einsetzen der nicht einfach nur auf göttliche Gnade, ja ein Wunder in der Seele setzt. Das man in der Psychologie als "posttraumatisches Belastungssyndrom" kennt. Wo der Verletzte also lernen mußte, eine Wunde gewissermaßen "abzukapseln", innerhalb seines Selbst zu isolieren, die aber nie heilen, mit der man nur leben lernen kann. Denn wenn jemand seine Schuld nicht einbekennt hält er die Tat aktuell, als handelte er permanent weiter so.

Die Iraner wußten immer, was passiert war. Aber wie unter Dauermobbing wurde ihnen ihr Recht auf Wahrheit aberkannt. Ja, ihre Konterrevolution 1979 (mit Ajatollah Khomeini) wurde von der Weltöffentlichkeit sogar wie eine extremistische Krankheit behandelt. Doch das war die Revolution von 1979 nie!* Sie war vielmehr der vom Volk tief begrüßte Versuch der Wiederherstellung des status quo ante.

Die Veröffentlichung dieser Dokumente ist also ein wahrhaftiger Schritt in Richtung Befriedung. Er erlöst das Opfer - den Iran - und anerkennt, was man ihm zugefügt hat. Auch wenn eine offizielle Entschuldigung wohl kaum erfolgen dürfte, ist sie nun eigentlich geschehen.









*Der dem Irak auf amerikanischen Einfluß hin einen unfaßbar blutigen Krieg auferlegte, um den nunmehr nicht mehr US-hörigen Iran buchstäblich auszubluten. Die spätere amerikanische Angst vor Chemiewaffen Saddam Husseins hatte dort ihre Wurzeln: Denn man hatte Hussein in diesem Krieg mit dem Iran damit ausgestattet, die dieser auch zur Anwendung brachte. Man spricht heute von über einer Million toter Soldaten, auf beiden Seiten, viele davon (auf persischer Seite) durch Chemiewaffen. 

**Wie sagte dereinst Cecil Rhodes? Man muß überhaupt nicht an die Regierung kommen, um die Politik eines Landes bestimmen zu können. Die wahren Machtströme fließen außerhalb. Die Gründung eines Staates Israel freilich war wohl auch eine Spätfrucht des 1. Weltkrieges, wo mit dem Balfour-Abkommen die Gunst der Juden, die weltweit eher auf Seiten der Mittemächte standen, durch die Förderung des zionistischen Gedankens gewonnen werden sollte.






*181117*