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Sonntag, 10. Dezember 2017

Wenn Entwicklung, dann zum Schlechten

Der österreichische Anthropologe, vielfache Dozent und Ordenspriester (Steyler Missionare) Wilhelm Schmidt (von Geburt Deutscher, der aber engste Verbindungen zu Österreich hatte, lange Zeit dort lebte, sogar Feldkaplan von Kaiser Karl I. gewesen war) hat eines von den wissenschaftlich-literarischen Werken geschaffen, von denen anzunehmen ist, daß sie keine zehn Leute auf der Welt auch jemals gelesen haben. Von diesen Werken gibt es ja viele, sehr viele. Denn sie sind auch meist anspruchsvoll, vor allem kontroversiell zum Zeitgeist. Und wie im Falle Schmidt: Sie sind nicht darwinistisch. Wie aber vor hundert Jahren der Darwinismus überhaupt als wissenschaftlich widerlegt und tot galt. Sein Wiederaufleben nach 1945 hat ja ganz andere als wissenschaftliche Gründe. Aber es hat dazu geführt, daß wir die elementarsten wissenschaftlichen Forschungsergebnisse heute auf unfaßbar ignorante, anti-wissenschaftliche Weise ignorieren.

Was hat der Mann, hinter dem eine ganze Schule von klügsten Köpfen stand (darunter Paul Schebesta, wir werden über ihn noch berichten), vor mittlerweile fast hundert Jahren in seinem 12bändigen Monumentalwerk "Der Ursprung der Gottesidee" untersucht?

Er hat - dabei durch zahllose Reisen vor Ort, also "empirisch" gestützt, nicht zuletzt aber auch, weil er über seinen Orden, schließlich sogar über den Vatikan, Material aus allen Zeiten und bis in die letzten Weltgegenden zur Verfügung hatte - weltweit (!) praktisch "sämtliche" Völker und dabei vor allem ihre Religion (und, noch unbekannter, dabei war das seine Hauptarbeit, die Sprachstrukturen) untersucht. 

Dabei hat er herausgefunden, daß je primitiver eine Kultur, ein Volk ist, desto klarer nicht nur ihr Monotheismus ist, sondern auch ihre moralischen Prinzipien desto fester sind. (Mittlerweile weiß man, daß die Sprachen beziehungsweise ihre Grammatik je älter ein Volk ist auch umso komplexer - also auch hier: gegen Darwin! - werden. Es gibt ganz aktuelle Untersuchungen an fast sämtlichen Sprachen im Amazonas-Becken, die zeigen, daß die wirklich alten Völker dort eine Grammatik haben, die unserer Grammatik eigentlich überlegen ist, sodaß man auch hier ganz anti-darwinistisch von Degeneration im Laufe der Geschichte sprechen muß.) 

Moral, die sich weltweit fast aufs Haar gleicht. Von Monogamie oder Inzestverbot angefangen, und überhaupt in Verhaltensregeln, die den zehn Geboten des Alten Testaments entnommen zu sein scheinen. Wo immer sie aber im heutigen faktischen Bild abweichen, läßt sich diese Abweichung auf Dekadenzerscheinungen zurückführen. Mit recht klaren Ursache-Wirkungs-Beziehungen, die sämtlich im Bereich menschlicher Laster und Schwächen, häufig in Zusammenhang mit Außenwirkungen oder Gewalt, anzusiedeln sind.*

Schmidt stellte also das heutige Bild auf den Kopf. Er vertrat dabei die Meinung, daß der Darwinismus zu einer völligen Verkennung der Realitäten geführt hat. Das hat die Anthropologie erblinden lassen und sogar wertlos gemacht. Denn der Darwinismus setzt bei einer Anthropologie der autonomen Weiterentwicklung im Sinne einer Weiterentfaltung, ja dieser als Telos aller Lebewesen an, denn er ist sogar ihr Gesetz: Alles Lebendige entwickelt sich bekanntlich nach Darwin weiter und wird immer perfekter. 

Schmidt stellte aber das genaue Gegenteil fest. Der Darwinismus stellt in seinen Augen die reale, empirisch feststellbare Anthropologie auf den Kopf. Schmidt mußte erkennen, daß über kurz oder lang sämtliche (!) Völker der Erde im Laufe der Geschichte einen Weg der Dekadenz eingeschlagen haben, der letztendlich zu ihrer (Selbst-)Auslöschung führte. 

Überall waren bei ihnen aber die harmonischen Zeiten, nach denen sich alle sehnten, in der Vergangenheit - oder einer vagen Zukunftshoffnung - lokalisiert, in der die Zukunft im Grunde die Vergangenheit abbildete.

Warum wird der Mann, der damals als die größte Koryphäe galt, heute nicht einmal mehr ignoriert? Weil sein Ansatz dem Darwinismus widersprach und widerspricht, und er nicht an diesen glaubte.




*Schon lange brennt dem VdZ, über die Untersuchung von Paul Schebesta an den Pygmäen des Kongobeckens zu berichten. Auch seine Untersuchungen widersprechen jedem Darwinismus, der bestenfalls zu einem Abbild der oft brutalen Folgen von Dekadenz wird.  Wie in Europa, das aus dem Mittelalter durch Brutalo-Kapitalismus herausgerissen wurde. Als Paradigma eines Verstehens des Menschen ist er aber gänzlich ungeeignet. Er ist lediglich ein atheistisches, aber irrationales Paradigma.





*201017*