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Mittwoch, 20. Dezember 2017

Niemand darf zur Nächstenliebe gezwungen werden (1)

Das Recht auf Privateigentum geht nach katholischer Ansicht nie so weit, schreibt 1864 der Mainzer Bischof Ketteler in seiner Schrift "Die Arbeiterfrage und das Christentum", daß es auch dem Mitmenschen gegenüber, der sich in der äußersten Notdurft (necessita extrema) befindet, noch geltend gemacht werden kann. 

Denn es gibt kein absolutes, uneingeschränktes Eigentumsrecht für den Menschen. Ein solches hat nur Gott, der die Quelle und der Maßstab aller Dinge ist. Nach diesem Maßstab mißt sie auch die Stellung aller Dinge. Nur Gott ist von diesem Standpunkt aus der absolute Eigentümer, der Mensch hingegen nur beschränkter Eigentümer, nach dem Maß, wie Gott es angeordnet hat.

Nun hat Gott einerseits den Menschen auf die Naturdinge angewiesen gemacht.  Sie müssen alle ihre notwendigen Lebensbedürfnisse aus ihr empfangen. Zugleich hat er aber auch das Gesetz in die Naturordnung gelegt, demgemäß nur über das Privateigentum die Herrschaft des Menschen über die Natur und ihre geordnete Nutzung, die zur wahren höheren Kultur führt, stattfinden kann. So fest daher die Theologie das Recht auf Privateigentum hält, so nimmt sie doch zugleich an, daß es dem höheren Recht, daß alle auf die Güter der Natur angewiesen sind, nicht entgegenstehen kann. Deshalb ist jeder berechtigt, wenn er denn in Not ist und ihm kein anderes Mittel mehr bleibt, diese äußerste Not zu befriedigen, wo und wie immer er vermag. (Wir sprechen hier vom berühmten "Mundraub", der auch kein Diebstahl, keine Sünde ist; Anm.)

Aus diesem Grund darf auch die Staatsmacht die Gemeinden verpflichten, also die Eigentümer in den Gemeinden, für ihre Armen zu sorgen. Das heißt von ihrem Eigentum so viel herzugeben wie nötig ist, um diesen Armen die Lebensnotdurft zu gewähren.

Über diese Grenze hinaus kennt aber die Theologie keine Zwangspflicht zur Milderung der Not der Mitmenschen. Sie kennt nur eine moralische Pflicht, und das ist die Pflicht zur Nächstenliebe.


Morgen Teil 2) Niemand kann aber zur Wohltätigkeit gezwungen werden
 - der Sozialstaat heutiger Prägung ist verheerendes Unrecht




*181117*