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Sonntag, 17. Dezember 2017

Wenn subjektive Gewissensruhe selbst die Sünde ist (2)

Teil 2)  Versuch einer zusammenfassenden Erläuterung





Gerade WEIL jeder Mensch (und sein Sein) in der Wahrheit gründet, hat er einerseits die Pflicht zum subjektiven Gewissen, anderseits die noch strengere Pflicht, dieses Gewissen an der ewigen Wahrheit zu formen, nach dieser auszurichten, es "zu bilden". Subjektives Gewissen kann also niemals (prinzipiell; von möglichen Sonderfällen unverschuldeter Gewissensblindheit abgesehen, die aber nur das Maß der Schuld betreffen, nicht die objektiv falsch, sündige Tat "taufen", deren reale Folgen in jedem Fall dieselben bleiben) zum Ergebnis kommen, daß eine in sich schlechte (weil der Wahrheit widersprechende) Tat geboten sei. 

Auch kann eine objektiv schlechte (falsche) Tat nicht im Zuge einer Abwägung gegen eine noch schwerere Tat gewählt und für gut geheißen werden. Zwar ist es, wie Seifert ebenfalls in diesem Interview sagt, ein Gut, wenn ein Drogensüchtiger, der im Ehebruch lebt, sich von der Drogensucht befreit, und das kann auch anerkannt werden. Aber immer noch steckt er objektiv in einer schweren Sünde und steht deshalb außerhalb der Gemeinschaft mit Gott (und damit prinzipiell fern der Gnade). Erst wenn er auch noch diese objektive Verfehlung bereinigt, hat er die Gemeinschaft (als Eingliederung in die objektive Ordnung Gottes) wiederhergestellt. (Indem er sich also trennt, oder zumindest keusch lebt, und dazu dann auch noch beichtet, denn aus der Todsünde oder schweren Sünde kann sich der Mensch nicht mehr selbst in die Gnadengemeinschaft in Gott hineinheben wie in der läßlichen Sünde, hier braucht es also die objektive Tat Gottes durch den Priester in der Beichte.) 

Schon gar nicht darf man Gewissen einfach mit subjektiver Befindlichkeit gleichsetzen. Gewissen hat nur Sinn, wo es auf objektiven Wertmaßstäben beruht, und die sind prinzipiell von außen vorgegeben. Einmal durch Menschen. Und hier kann es tatsächlich vorkommen, daß die Allgemeinheit, die Autorität etc. dem Einzelnen eine Gewissenslage, also ein Gewußtes übergibt, das objektiv irrig und falsch ist).

Das kann aber nicht vorkommen, wenn es um den zweiten Teil des Gewissens geht, der auf der Natur der Dinge bzw. der Welt selbst Bezug nehmen muß, die ja selbst auf der objektiven Ordnung der Wahrheit beruhen (und nur insoweit überhaupt sind) und damit in der Sachlichkeit (die deshalb ein sittlicher Akt ist) gewissensbildend sind. Gewissen kann also niemals außerhalb der Wahrheit und dem subjektiven Bemühen, sich danach auszustrecken (was deshalb ein sittlicher Akt ist) gesehen werden. Diese Natur ist in jedem Menschen objektiv vorhanden und insofern ist das objektive Gewissen in jeden Menschen eingesenkt. Darauf bezieht sich obiger Hinweis von Professor Seifert, wo er deshalb sogar den Heiden Cicero zitiert, der darum weiß. Gottes Gesetz ist also allen Dingen als ihre Natur, als ihre Verfaßtheit eingeschrieben!

Wo ein subjektiver Gewissensentscheid außerhalb der Wahrheit oder zu ihr in Widerspruch steht, muß er im Irrtum sein. Zumalen es auch keine Vernunft oder Vernünftigkeit außerhalb der Wahrheit gibt. Von dort her muß sich also der Mensch auch - gesetzt den Fall daß sie in Widerspruch stehen - gegen die im ersten Teil des Gewissens genannten Bedingungen wehren. Das subjektive Gewissen ist also immer in der objektiven Ordnung gegründet, selbst wenn es scheinbar widerspricht, und es ist dieser objektiven Ordnung NACHgereiht, also unter sie gestellt und nach dieser Ordnung zu bilden.

Wäre das alles nicht so, wäre jedes Martyrium umsonst und sinnlos (gewesen), eine nette Fleißaufgabe, aber nicht mehr. Denn dann hätten sich alle Märtyrer eigentlich "geirrt". Weil es aber so ist, ist letztlich sogar jeder Mensch gegebenenfalls zum Martyrium aufgerufen.

Dies spricht auch klar gegen die sogenannte "graduelle Gutheit" (siehe als Aussage u. a. von Kardinal Schönborn) als Begründung für einen objektiven Gnadenstand. (Siehe das obige Beispiel des drogensüchtigen Ehebrechers.) Weil die falsche, schlechte Tat als Verstoß gegen die objektive Ordnung immer außerhalb der Ordnung und damit Vorsehung Gottes stellt, ist es auch niemals gerechtfertigt, ein objektiv schlechtes Mittel zu wählen, um ein objektives Gut zu erreichen. Dieses wird immer dann unerreichbar bleiben.

Noch ein Punkt sei kurz erwähnt, auf den Seifert in den anderen Teilen des Interviews eingeht: Und er betrifft die Aussage die in Amoris Laetitia durchschimmert, daß Gottes Gebot für einen Menschen objektiv nicht lebbar wäre. Das kann es nicht geben! Gott fordert nie etwas, das objektiv nicht erfüllbar ist. Das würde zu seinem Wissen bzw. der Vorsehung in unvereinbarem Widerspruch stehen. Etwas kann schwer sein, gewiß, sehr schwer, gewiß, aber umso mehr muß der Mensch auf die Gnade bauen, wenn seine leibliche Verfaßtheit etwa in einem falschen Habitus, einer falschen Gewohnheit oder zivilisatorischem Druck sich "wehrt".






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