WEIL ABER das Spezielle nur durch das Allgemeine erkennbar (das Allgemeine damit nur im Speziellen erfahrbar, und zwar als hinweislich) ist, ist die Erkenntnis des Speziellen durch das Maß bestimmt, in dem das Allgemeinste - Gott - erkannt wird. Und das kann nur durch die Selbstoffenbarung Gottes (des Seins selbst, im Wort) als Präsenz IM Speziellen geschehen.
Denn was wir sehen ist immer ... das Unsichtbare. Das heißt: Wir sehen nur gemäß unserer inneren, geistigen Erkenntnis. Aber wir sehen es nicht OHNE das Spezielle. Aber ohne Geist sehen wir das Spezielle gar nicht, es bleibt bestenfalls sinnliches Datum, ohne Ordnung. Dinge (als: das Spezielle, wie es hier grob gemeint ist) sind aber an sich eine Ordnung - das Wesen, die Form. Ordnung verleihen diesen Daten also erst die Erkenntnisbilder, ausgehend vom Allgemeinsten, die ausgehend vom Wesen des Allgemeinsten zum Wesen des Spezifischen gelangen. Diese Hierarchie ist auch nicht durchbrechbar.
Das Maß der Wahrheit des Allgemeinen, welches wir im Erkennen in uns tragen und das uns vom Geist her durchformt, entscheidet also, wie wahr unsere Erkenntnis der speziellen Welt aussieht. Und ob und wie weit wir dieser gemäß überhaupt "sachlich" gemäß handeln können. Während also eine gottlose Welt auch weltlich blind werden muß (!), ist das Maß der Entsprechung dieser Wahrheit gegenüber (in der Heiligkeit bzw. in deren Größe) auch das Maß, in dem die Welt (ganz konkret!) erkennbar wird.
Was nicht weniger heißt als sich im Wort vom "in der Wahrheit" sein ausdrückt. Denn an dieser Wahrheit können wir nur teilhaben, wir können sie nicht produzieren. Und wir nehmen an ihr teil, indem wir am Wesen Gottes teilhaben, also Gott (nach seinem Bilde schuf er den Menschen) ähnlich werden.
Gott zu erkennen heißt damit auch den Menschen zu erkennen. Gott nicht zu kennen heißt, den Menschen nicht zu kennen. Den Menschen zu kennen heißt aber noch nicht (sui generis), Gott zu kennen.
Das Gottesbild ist insofern entscheidend, als das was von diesem aus unser (zweit-)tiefstes Innerstes (als zweite in der Ontologie, aber als erste Stufe des Selbst sozusagen) formt. Deshalb ist die innere Dynamik des gedachten Ursprungs entscheidend. Diese Dynamik, die eine Grammatik unseres Erkennens ist, ist auch das, was wir von der Welt "erkennen", das heißt in dem Fall: In dem wir die Welt erkennen weil fassen.
Weil der Mensch aber nur in der Wahrheit frei sein kann - und damit im letzten: erlöst - mußte Gott, die Wahrheit SELBST erscheinen, weil sonst eine Erlösung nicht möglich gewesen wäre. Denn die vornehmste Wirkung der Erbsünde war die innere Trennung von Sein und Ding, von Allgemeinstem und Wahrheit. Das ist nunmehr für uns Menschen in zwei Teile zerfallen, die wir im Urteil wieder (so gut es geht, aber im Nacheinander der Zeit) zusammenfügen müssen. Denn wir haben die Fähigkeit zum Schauen eingebüßt. Nicht graduell, sondern prinzipiell.
Also mußte Gott als Mensch erscheinen. Nur so konnte er uns erlösen, und nur so konnte er die Schöpfung wieder in jenes Lob transponieren, das ihr eigentlichster und ursprünglichster Sinn war.
*151117*