Im Theater des Barock, dessen unzweifelhafte Blüte in München, noch mehr aber im Wien des 17. Jahrhunderts lag, konzentrierten sich sämtliche damaligen Bühnenmittel und geistigen Anlagen.
So beschreibt Josef Nadler es, wenn er über einen der Meister des barocken Dramas, Jakob Bidermann, zu sprechen kommt. Dessen Drama "Cenodoxus, der Doktor von Paris" griff 1609 das heikle Thema auf, ob die bloße seelenlose "gute Tat" zur Erlangung der Seligkeit genüge. Denn Cenodoxus galt dem Volk als Heiliger aufgrund seiner Wohltaten.
Bidermann bringt das Geschen auf eine doppelte Bühne - oben spielt der Himmel, wohin die Seele des Sterbenden und dann Verstorbenen zu kommen wünscht, unten liegt der Leichnam des Arztes - das Publikum sieht also im Doppelspiel das irdische Wirken, und oben die himmlische Bewertung. Und Bidermann zeigt, daß es auf mehr ankommt als auf bloße Werke, denen kein magischer Seligkeitsanspruch anhaftet. Selbstliebe ist das einzige und eigentliche Motiv, ist die Aussage.
So sehr erschüttert die Aufführung (1609), daß sich nach Spielschluß vierzehn junge Adelige - betäubt und zerknirscht - stante pede zum Eintritt in ein Kloster entschließen.
Solche Wirkung, schreibt Nadler, sei im Rahmen des Barocktheaters keinesfalls aber selten gewesen, und es würde öfters über ähnliche Ereignisse berichtet.
*100610*