Keine Wahrheit, so Schopenhauer, läßt sich wirklich durch Schlüsse endgültig "beweisen". Da alle Beweise Schlüsse sind, so ist für eine Wahrheit nicht Schlüssigkeit, sondern Evidenz zu suchen, und nur solange es dieser gebricht, ein Beweis aufzustellen.
Durch und durch beweisbar kann keine Wissenschaft sein, "so wenig als ein Gebäude in der Luft stehen kann." Alle ihre Beweise müssen auf ein Anschauliches und daher nicht mehr Beweisbares zurückführen. Denn die ganze Welt der Reflexion ruht und wurzelt auf der anschaulichen Welt.
Man darf bereits an dieser Stelle, diese Gedankenkette ahnend fortführend, die Hinweise anbringen - auf die Poesie. Die ja alles andere ist als der Zuckersträusel, der die Sonntag-Nachmittags-Kaffeekränzchen der Hübschen und ach so Kultivierten versüßt. Anweil sie doch die umfassendste Darstellung der Wirklichkeit ist, aus der heraus die Anschauungen für die Menschen entstehen, dargeboten vom Dichter, dargeboten vom Dichter als Priester, der - solcherart! - Welt und Kultur gründet: indem er den Menschen Anschauungsbilder, Archetypen, in den Mythen darbietet, zu denen seine Metaphorik gerinnt, auf denen konkretes Leben eine Welt auf- und weiterbaut ...
*080610*