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Montag, 14. Juni 2010

Zwei, drei Zahlen

Der nun erschienene Familienbericht der Bundesregierung bringt einige Fakten, die aufzugreifen lohnt. Der Bericht behandelt nicht Erhebungen wie die jüngste, daß es ein bemerkenswertes Auseinanderklaffen von Wunschkinderzahl und tatsächlicher Kinderzahl gibt - es stehen durchschnittlich zwei gewünschte Kinder tatsächlichen 1,4 gegenüber - sondern er befaßt sich nur mit Zahlen. Die Presse bringt einige davon, schafft es offenbar aber (noch?) nicht, wirklich prägnante Aussagen zu treffen. Also soll es hier versucht werden.

Denn es zeigt sich, daß die jährlichen Direktzahlungen des Bundes an Familien von den Einzahlungen in den Familienlastenausgleichsfonds (annähernd) gedeckt werden! Im Klartext: die Familien zahlen sich die erhaltenen Zuschüsse aus der eigenen Tasche, über die selbst bezahlten Beiträge ... auch wenn sie nur rund die Hälfte zum FLAF beitragen. Die andere Hälfte kommt nämlich zwar von kinderlosen Haushalten, ABER hier ist nicht mehr die Rede von direkten Geldzuwendungen, sondern hier werden (teils sogar fragwürdige) Sozialleistungen abgedeckt, wie Kinderbetreuungseinrichtungen etc.

Wir sprechen hier von einem jährlichen Gesamtbetrag (aus beiden Quellen) von rund sechs Milliarden Euro. Insgesamt betragen die Bundesausgaben für direkte Geldzuwendungen an Familien mit Kindern 2,6 Prozent des jährlichen Bruttoinlandsprodukts, das liegt international verglichen hoch - aber es dürfte wohl kaum ein Land geben, wo ein eigens dafür geschaffener freiwilliger Fonds (der, noch einmal, ohnehin von den Empfängern selbst finanziert wird ...) existiert. Schon gar berücksichtigt man die Abgabenquote, die in Österreich bei 60 Prozent am BIP liegt, alle Steuern und Abgaben einberechnet.

Zur Erinnerung: Der Familienlastenausgleichsfonds wurde in den frühen 1950er Jahren gegründet. Sein Ziel war, die Mehrbelastung der Familienerhalter (die über den Nachwuchs die grundlegendste Zukunftsleistung für einen Staat erbringen, darunter: die Pensionszahler) durch eine laufende Solidaritätsaktion etwas zu mildern.

Nicht berücksichtigt ist, daß jeder Verbraucher bei jedem Kauf jede Menge weiterer Steuern abführt - ein Umstand, der gerne vergessen wird. Er erinnert an Zeiten, wo der VdZ selbst die Erfahrung gemacht hatte, daß er als vielfacher Familienvater monatlich mehr Lohnabgaben abführte, als er umgekehrt als "Sozialleistungen" in oft genug mühsamen Antragsverfahren großmütig und als Almosen "erhielt". Die Presse gießt das in die Schlagzeile:

Familienhaushalte zahlen mehr Abgaben und haben weniger Geld als Haushalte Kinderloser

Nun soll hier nicht gejammert werden, wie wenig sich Familien "leisten" können. Es soll auch nicht neiderfüllt von jenen Kinderlosen berichtet werden, die jährlich Guatemala ansteuern, weil sie dort ein Ferienhaus besitzen, das mit jenem Geld finanziert und unterhalten wird, für die Pension übrigens (!), das ihre Nachbarn in ihre Kinder stecken, deren Kinder einmal auch jene Pension erarbeiten werden müssen ...

Interessanterweise zahlen aber Haushalte mit Kindern generell sogar MEHR Abgaben als kinderlose Haushalte. Was natürlich daran liegt, daß die Pensionsbezieher kaum einkommensabhängige Abgaben zahlen, aber als Haushalte gelten. Dies alles noch unbesehen der Leistung, die Familien mit Kindern für den Staat sowieso erbringen. Und die als "Entgelt" zu erfassen unsinnig ist! Aber im Rahmen einer Abwägung von Gerechtigkeiten, noch mehr aber von politischen Zielen, muß darüber endlich einmal wirklich gesprochen werden! Denn längst verschieben sich die Lasten in diesem Land noch weiter zu Ungunsten der Familien.

Dem stellt der VdZ einen Artikel zur Seite, der an eben diesem heutigen Tag in der Kleinen Zeitung in Graz erschien. Darin wird der Bundeszuschuß zu den Renten - also jener Betrag, der durch die Umlageverfahren aus den Pensionsbeiträgen der Arbeitnehmer gewonnen und im Generationenvertrag an die im Ruhestand Befindlichen ausbezahlt wird - mit mittlerweile 4,3 Milliarden Euro angegeben. Tendenz: rasant steigend, wie der Bezug auf 2005 zeigt, wo er erst 2,33 Milliarden Euro betrug. Diese Zahl wird noch brisanter, wenn man die Wahrheit erkennt, daß auch die sogenannte "dritte Säule" der "Altersvorsorge" - durch eigene Kapitalanlage - nur eine Roßtäuscherei ist. In Wahrheit muß diese Kapitalrendite von derselben Generation erarbeitet und verzichtsweise abgeführt (!) werden, die auch die Rentenabgaben für ihre Elterngeneration bezahlt.

Der ORF berichtet gar weitere nüchterne Fakten, und man fragt sich: Warum erst jetzt? Es heißt da: Das durchschnittliche Antrittsalter für Pensionen SINKT seit vierzig Jahren kontinuierlich (bei gleichzeitiger Steigerung des Lebensalters um zehn Jahre). Während heute das Antrittsalter bei UNTER 60 Jahre liegt, lag es damals noch bei 65 ...

Das zeigt zum Beispiel aber nicht nur, daß die durch Kinder entstehenden Soziallasten (rund zehn Prozent der Sozialleistungen) vor allem dort hohe Staatsbelastungen als Folgekosten ausmachen, wo die normale Familienstruktur verlassen oder zerstört wird: in der Alten- und Krankenbetreuung, in der Kinderbetreuung, bei Singlehaushalten, Alleinerziehern, etc. etc. Wenn also der Familienbericht die Prognose stellt, daß die Anzahl der Singles- und kinderlosen Haushalte in den nächsten vierzig Jahren um ein gutes Drittel weiter steigen wird, so berichtet der Kurier darüber, als wäre das eine Naturerscheinung, lediglich ein neutral zu sehender "sozialer Wandel" - anstatt die Dinge beim Namen zu nennen: Wir werden uns die mit nicht gelungener Lebensführung einhergehenden Probleme einfach nicht leisten können.

Und wollen, denn: Alles das zeigt, wer in diesem Land wirklich die Lasten trägt. Und es zeigt, daß kein Staat der Welt sich leisten kann, die Familien aufzulösen, um andere Wege in der Erbringung des gleichen Wertes zu schaffen. Die Frage ist nur, wie lange es sich diese immer kleiner werdende, immer kompakter belastete Bevölkerungsgruppe sich das noch gefallen lassen wird.

Detail am Rande: nach einigen Stunden waren aus dem Presse-Artikel die ursprünglich angeführten Zahlen zum Verhältnis der Abgaben und direkten Zahlungen an Familien ... kommentarlos entfernt. Vielleicht überlegt man noch, was man dazu denn sagen könnte? Denn der erste Bericht war ja reichlich verworren.



*140610*