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Donnerstag, 19. Mai 2011

Alte Familienrechte

Auch noch in unseren Tagen anerkennt das Recht bestimmte familiäre (also: vertikale) Beziehungstopoi als ihm übergeordnet. Was sich z. b. im Konfuzianismus sogar so weit entwickelte, als das Familienrecht, die Sippe, einer Herausbildung von "Recht" (als Gesetzeswerk) verhinderte, weil über allem stand, findet sich im europäischen Recht noch als Recht, sich z. B. der Aussage in bestimmten Naheverhältnisse zu entschlagen. Es wurde auch nicht bestraft, ein Verbrechen eines Verwandten zu decken.

Das führte in China übrigens so weit, daß ein Sohn, der den Vater eines wirklichen Verbrechens wegen anzeigte, mit dem Tod bestraft wurde. Diese Rolle und Anerkennung im Außenverhältnis wurde dem Vater auch dann nicht abgesprochen, wenn er ein schlechter Vater war.

Hier anerkennt der Gesetzgeber die hierarchische Unterordnung staatlicher Ordnung gegenüber familiärer Ganzheit. Es ist die Rolle, die die gesetzliche Norm und die zwischenmenschlichen Erwartungen und Pflichten definiert. Eine "Bürgerrolle" in dem Sinn gab es in China nicht, sie war selbstverständliche Folge der Teilnahme am übrigen "Rollenspiel". Politische Substanz war nicht die Polis, der von Bürgern gebildete Staat, sondern die Sippe, die Familie, in der es quasi rechtsfreie Räume gab - eine staatliche Herrschaftsbegrenzung im Innenverhältnis!

Wobei es im alten römischen Recht noch weit deutlicher ausgeprägt war, sogar bis zum Recht des Vaters zur Kindsweglegung oder -tötung ging. Dies gründete auch darin, daß die Vaterschaft nie wirklich "sicher" ist, keine leiblich eindeutige Natur hat. Sie ist immer (auch) ein geistiger Akt. War das Kind aber einmal anerkannt, gab es im römischen Recht kein Zurück mehr. Umgekehrt spielte die Adoption eine wesentlich natürlichere und "anerkanntere" Rolle, als dies heute der Fall ist.

Dieses letztere Recht, über Leben und Tod des Nachwuchses zu entscheiden, ist heute übrigens neu aufgelebt. Es obliegt der Frau, das ihr im Recht auf straffreie Abtreibung (der Gesetzgeber anerkennt also nach wie vor, daß es sich um personales Leben handelt!) übertragen wurde.

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