Dieses Blog durchsuchen

Donnerstag, 19. Mai 2011

Christentum macht schlechte Kunst nicht besser - I

Auf nachfolgende Dame stieß ich zufällig - als ich die Aussendung eines katholischen Nachrichtendienstes, die ich schon lange Zeit ignoriere, doch wieder einmal öffnete. Da las ich den "Aufruf" von Barbara Nicolosi, es sollten sich Katholiken doch auch mehr in Hollyood engagieren.

Nun zeichnen sich "katholische Künstler" und v. a. deren Rezeption in "katholischen Kreisen" dadurch aus, daß sie entweder meinen, es genüge "katholisch" zu sein (und in jedem zweiten Satz den Papst zu zitieren), um auch ein guter Künstler zu sein, oder sie werden von Nachrichtenmedien aller Schattierungen deshalb "angehimmelt", weil sie bei einem Popkonzert ein T-Shirt mit "Jesus loves You" trugen und nach ihrem profanen Gelage im Fernsehintervie gesagt haben, daß sie auch schon mal beten. Nichts anderes habe ich also von Frau Nicolosi erwartet, die Mitglied in unzähligen Gremien und Komittees (darunter auch vatikanischen) ist und mit Preisen und Auszeichnungen zwar überhäuft wurde, von denen die meisten aber irgendetwas wie "catholic" oder "christian" im Namen führen. Und das macht skeptisch, vor allem, wenn man die amerikanische Art des naiven, fast aggressiven Optimismus dazudenkt. Aber irgendetwas ließ mich auf knappe Jubelmeldung - "Seht, jemand ignoriert uns nicht!" - doch näher recherchieren, und sieh da ...


Teil 1) Kein Mensch hat etwas gegen Christen im Film - sie sollten nur bessere Kunst machen!


Nach neun Jahren in einem Kloster, trat Barbara Nicolosi wieder ins normale Leben zurück, ging nach Hollywood, stieg ins Filmgeschäft ein, wo sie sich zehn Jahre erfolgreich herumtrieb, eine Reihe von Drehbüchern schrieb, und aus ihren Erfahrungen heraus die Filmschule "Act One" gründete. Zudem war sie Mitherausgeberin an dem Buch "Behind the Screen: Hollywood Insiders on Faith and Culture".

Barbara Nicolosi
Darin wird u. a. die These vertreten, daß Hollywood zwar eine lange Geschichte christlicher Filme hätte. Dennoch sei die Kluft zwischen christlichen Vorstellungswelten und der Produktionswirklichkeit in Hollywood heute oft beträchtlich. Wobei die Antwort vielfach bereits gegeben sei wenn man betrachte, daß die aktuell besten christlichen Filme (Zitat) keineswegs von christlichen Filmemachern gemacht worden wären - wie "Herr der Ringe" (Lord of the Rings), "Die Stunde des Siegers" (Chariots of Fire) oder "Die Verurteilten" (The Shawshank Redemption). Dafür schlagen sich sogenannte christliche Filmemacher mit "Dreck" (wörtlich auch auf amerikanisch: dreck) wie "Omega Code" herum, ein Film, der einfach als Film schlecht sei.


Vier Hauptprobleme hätten christliche Künstler in Hollywood, schreibt sie: Da sei erstens ein Mangel an künstlerischer Qualität sowie eine Fehleinschätzung der speziellen Wirkmechanismen im  Film. Zweitens fehle es am nötigen Respekt vor der professionellen Qualität und den Standards der Branche. Drittens hätten viele kein Netzwerk Gleichgesinnter, das auch über die Möglichkeit verfügte, neue Leute ins Geschäft zu bringen. Viertens fehle es an substantieller christlicher Spiritualität und Lebenshaltung, die der spezifischen künstlerischen Berufung in seinen Eigenheiten auch eine adäquate Antwort zu geben imstande wäre.

Die rein beruflichen Probleme, die sie anführt, sind also von denen anderer Geisteshaltungen überhaupt nicht unterschieden. Einzig die Frage der Seilschaften ist schwierig. Aber eventuell aus ganz anderen Gründen, als oft angenommen. Hollywood ist nämlich keineswegs "christenfeindlich", sagt Barbara Nicolosi. Ja, sie schreibt sogar:

I realized coming here that it's not that Hollywood was persecuting the Church as much as it was the Church was committing suicide in Hollywood. Big difference. So I basically wrote an article about it to this effect that Hollywood wasn't anti-Christian as much as it's anti-bad art, and we're just giving it schlock
(=Schund).

Es gebe also, meint sie in einem Interview in der vergangenen Woche, keinen Grund für katholische Filmemacher, sich nicht in Hollywood zu versuchen. Vielmehr sollten diese sich viel aktiver einmischen. Zuvor aber - das Handwerk erlernen.

Act One ist eine (zumindest lt. Homepage) beachtliche Ausbildungsstätte, aber auch eine Art Produktionspool und auch -firma für christliche Filmemacher und -projekte. Our vision is to produce cinema and television that respect and serve the global audience, combining mastery of craft with depth and substance. Our emphasis is on transforming the content of Hollywood entertainment and the culture that produces it. Barbara Nicolosi war u. a.  beratend an "Die Passion Christi" (Mel Gibson) beteiligt.  2012 wird Barbara Nicolosi bei MGM die Realisation ihres Drehbuches zu einen Film über die Gottesmutter Maria - immerhin mit Al Pacino und Peter O'Tool - erleben.

Das Blog dieser Dame findet man übrigens am selben Host wie dieses Blog. Ob ihr Optimismus in seiner penetranten amerikanischen Art, der auch vorkommt - man solle doch das Medium für christliche Botschaften nutzen, etc. etc. - freilich Substanz hat, das zu beurteilen sei dem geneigten Leser dieser Zeilen überlassen. Auch die Antwort auf die Frage, was denn "christlicher Film" überhaupt sei.

Immerhin aber findet sich dort eine weitere bemerkenswerte Stellungnahme - die Dame dürfte also künstlerisch Substanz haben, dürfte wissen, wovon sie (beim Film) spricht.


Morgen, Teil 2) Ist Hollywood wirklich tot, und warum? - Nur schöne Künstler machen schöne Filme



***