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Samstag, 28. Mai 2011

Frausein als Behinderung

Was hat Frausein mit Mongolismus zu tun? Beides sind heute gesetzlich anerkannte Gründe, einen Menschen noch im Mutterleib zu töten, je nachdem, in welchem Land es geschieht. MIt so mancher amüsanten Spitze. Denn während wir in Europa keinerlei Skrupel empfinden, durch pränatale Untersuchungen feststellen zu lassen, ob denn ein Mensch für uns zur Belastung werden könnte (wir sagen dann, es sei ja für IHN kein Leben, das macht uns Mörder sogar noch zu Erlösern), während wir es also als "Errungenschaft der Frauenbewegung" feiern, empören wir uns aus eben diesen Motiven heftigst darüber, daß in China und Indien Millionen und Abermillionen Ungeborene abgetrieben werden, NUR weil sie weiblichen Geschlechts sind.

Während die Reigerungen dieser beiden Länder aber längst erkannt haben, daß das gravierende Folgen hat - das Demographieproblem in China ist bereits jetzt deutlich ablesbar - sehen es die "Betroffenen" Paare nur von ihrer Perspektive her: Eine Frau kostet mehr als sie bringt, ist das Argument. Frauen brauchen Mitgift, und wenn sie nicht heiraten, sind sie überhaupt nur eine Last. Schon heute herrscht in China ein Männerüberschuß von ca. 80 Millionen. Es ist in Peking üblich, nach Vietnam oder Thailand zu reisen, und Prostituierte zu kaufen, die als Ehefrauen eines Fließbandarbeiters in den neuen VW-Werken ein allerdings besseres Los haben werden, als ihnen sonst geblüht hätte.

Und auch in Indien, berichtet die Frankfurter Allgemeine, herrscht schon spürbarer Frauenmangel. Das Verhältnis von männlichen zu weiblichen Geburten ist laufend deutlich ungleich, jährlich werden bei der 1,3 Milliardenbevölkerung Indiens schon rund 7 Millionen WENIGER Frauen als Männer geboren. Und die Entwicklung nimmt durch den höheren Lebensstandard weiter Fahrt auf. Fehlten 1991 noch 4,2 Mio Mädchen (bei den Geburten), sind es mittlerweile 7,1 Mio. Bisher kamen in 2011 nur noch 832 Frauen auf 1000 Männer, 1991 waren es immerhin noch 906. Man schätzt, daß 2 bis 4 Prozent der jährlichen Schwangerschaften mit Mädchen abgetrieben werden, weiter steigend. Denn die materielle Besserstellung der Inder bewirkt auch mehr Zugang zu pränatalen Diagnosen und zu Abtreibungen.

Die Geschlechterselektion ist tief in der indischen Mentalität verwurzelt, und selbst bei Indern, die in den USA leben, sehr verbreitet. Sie steht zwar heute auch im Land der erleuchteten Brahmanen unter Strafe. Doch kommt es bei ohnehin geringer Anklagezahl (800) nur zu ganz wenigen Verurteilungen (30). Warum auch? Wo doch Abtreibung legal ist? Früher hat man neugeborene Mädchen halt einfach ausgesetzt, wennn nicht gleich getötet. Da ist ja dieses Vorgehen noch "human", höre ich so manche flüstern.

Haßt der Inder seine Frauen?
Die Empörung ist von einer Seite gesehen ohnehin fehl am Platz. Wenn aber das Argument "Mein Bauch gehört mir", das offensichtlich auch die Leibeigenschaft des Ungeborenen einschließt - wobei der unpersönliche Zellklumpen in Europa flugs zu einer Frau wird, wenn es um Indien und China geht - dazu führt, daß Abtreibungen legitimiert werden, warum nicht auch anderen Vorlieben gemäß als Mongolismus? Daß es vorwiegend Frauen betrifft ist doch nur ein Treppenwitz der Geschichte - der Feminismus heutiger Prägung entspringt dem tiefen Selbsthaß der Frauen. Also: warum nicht? Warum sollten es Männer sein? Die sind eben nützlicher. Dieser Auffassung ist man ja wohl weltweit, und überwiegend.

Dieser Dammbruch fußt aber nicht in einer Minderachtung von Frauen (oder, in Europa, von möglicherweise Behinderten), solche Neigungen finden hier nur ihr Ventil. Sondern er fußt in der prinzipiellen Disponibilität, der das Leben selbst unterworfen wird. Und das beginnt bei der Verhütung. Die Pille, das Kondom, führen direkt und ohne Umweg zur Abtreibung. Plötzlich ist ein in sich geschlossener Lebensvorgang verfügbar, der keiner menschlichen Verfügungsgewalt unterliegt. Um bloßer Lust willen - denn die Technisierung des Geschlechtsakts unterbindet die Hingabe, der Akt wird somit zur bloßen Lustbefriedigung jedes der Partner "für sich" - wird ein organischer Vorgang ausgebeutet, beutet sich der Mensch selbst aus.

Über die (in Europa häufig zufällig und "ungewollt" entstandene) Leibesfrucht dann zu entscheiden, in einem höchstrichterlichen Akt, und dann abzutreiben, weil sie möglicherweise gerade nicht ins flotte Lebenskonzept paßt, in Europa wie in Indien oder China, ist da nur ein gradueller Unterschied. Die entscheidende Tat ist die Zerstörung der Ehrfurcht vor dem Leben.

Dieser Männerüberschuß wird sich aber noch in anderen Bereichen rächend auswirken, daran braucht kaum ein Zweifel zu bestehen: Es ist eine alte soziologische Tatsache, daß ein Überschuß an jungen Männern so gut wie immer in einen Krieg mündet, schon gar wenn auch noch Faktoren wie Arbeits-, noch mehr aber Sinnlosigkeit dazukommen.

Dann wird der Männerüberschuß wieder ausgeglichen. Eine nächste Wirtschaftskrise wird es auch in Indien und China geben, dessen können wir gewiß sein.

Aber steckt vielleicht etwas ganz anders hinter dieser Geschlechterselektion? Steckt vielleicht wirklich der Haß auf die Frau dahinter? Angst vor dem Leben, dem Unberechenbaren der Hingabe und Auflösung ins Allgemeine des menschlichen Geschlechts? Ist die Abtreibung vielleicht nur die perfide Vergewaltigung durch Männer, die Verfügbarkeit weiblicher Geschlechtlichkeit durchaus schätzen - sodaß der Feminismus lediglich Frauen anzeigt, die ihr eigenes Geschlecht verraten und verkaufen, indem sie es männlichen Wünschen entsprechender machen wollen?  Sind vielleicht Feminstinnen lediglich verzweifelte (oder bösartige) Suchende, die wie Vorzugsschüler aufzeigen: sieh, Mann, ich habe Deine Anforderungen erfüllt? Oder ist es Flucht vor der Verletzlichkeit des passiven Teils menschlicher Gesamtheit, die Verweigerung der Beseelung (als Besamung)?

Irgendwo dort liegt es denn wohl. Und es hat fast alle Kulturen erfaßt. In Europa, in Asien, nur je auf andere Art.


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