Zuvor war zu erfahren, wie Kräutler die Eingeborenen im Regenwald besucht. Er sei ein Kumpel der Menschen, nehme sofort an ihren realen Sorgen teil, spreche auch mit dem Bürgermeister, wenn das Schuldach zu reparieren sei, und schnappe sich - flugsflugs - eine der Trommeln, um mit den Indianern zu musizieren.
Bischof E. Kräutler (2.v.r.) mit einer (+) kath. Ordensschwester |
Das Transzendente kann nur erfahren werden, wenn der Rezipient sittlich dazu in der Lage ist - nur der Reine kann zu Gott.
Daß in Südamerika die Freikirchen so enorme Erfolge feiern findet hier seine Begründung. Sie haben zum Mittelpunkt das, was Gottes Gegenwart "bewirken" kann, bis sie nicht mehr unterscheiden (können), was reale Gegenwart, und was "verpflichtend (weil moralisch-sittlich konnotiert) gefühlte" Wirkung dieser Gegenwart ist.
Mit dem Abbau der Liturgie in unseren Breitengraden erfolgte dasselbe: die Menschen in den heutigen "Messen" rufen an und in sich hervor, was Liturgie, was reale Präsenz hervorrufen "sollte" bzw. dogmatisch könnte. Aller Zugang bleibt sohin mental, verstandesmäßig, die Glaubenswelt wird zu einem bloßen Vorstellungsbild, mit der unausbleiblichen Tendenz zum Fanatischen.
Während des Berichts wurde in mir die Frage immer drängender, WAS denn Kräutler hier im Urwald vermittle und verbreite. Denn ihm bleibt nur noch seine "Menschlichkeit", die sich als nur zufällig in einer Verbindung zum Katholischen zeigt.
Aus dieser Erfahrung des Fehlens aller Mittel steigt fast zwangsläufig politischer Aktivismus, er wird von wirklicher christlicher Sorge nicht mehr unterscheidbar. Aber das eine kommt aus der Hingabe der Liebe, das andere aus einer subtilen Form egomanischer Selbstreaktion. Ob einer Ordensschwester, die sich so für ein politisches Projekt engagierte, daß sie von mafiösen Gruppierungen im Auftrag ermordert wurde, das Prädikat "Martyrium" gebührt?
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