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Mittwoch, 18. Mai 2011

Was Hören ist

Der Taube hört deshalb nichts, weil ihm das Klangschöpfungsvermögen fehlt. Deshalb spricht er auch nicht. Denn Hören ist nicht einfach ein passives Entstehen des Klanges! Vielmehr muß der Klang vom Hörenden selbst geschaffen werden, angeregt von der sinnlichen Bewegung. Der Hörende muß dem Schall entgegenkommen, und ihm dann Sinn geben.

Wer hören will, der höre.

Sinn, schreibt Ebner, bedeutet (auch etymologisch: es kommt von germ. sintha=Weg, Reise) den Weg, auf dem etwas in uns eingeht. Aber nicht einseitig, sondern der Sinn geht dem Erlebten entgegen. Sinn für etwas haben heißt, ihm entgegenkommen.

Im Ohr ist etwas Geistiges wie im "sonnenhaften" Auge das Geistige des Lichts: die Sinne sind Geist. [...] Alles Erleben ist im erlebenden Subjekt, das Erleben der Welt in den Sinnesorganen gleichsam vorgebildet - das Leben selber schafft und bildet an diesem dem Subjekt und seinen Organen innewohnenden Vorbilde unmerklich, jedoch unaufhörlich weiter, wenn es eben nicht, seine Kraft erschöpfend, in der Materie stecken bleibt.  
 
Ferdinand Ebner, "Zu einer Pneumatologie des Wortes"


*180511*