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Montag, 9. Mai 2011

Ehe der Papst twittert, kommt das Ende - III


Ehe der Papst twittert, kommt das Ende

Notizen zum Internationalen Bloggertreffen am 2. Mai 2011 im Vatikan


Teil 3) WEISHEIT IST EIN SCHEUES VÖGELEIN


Wesentlich Europäischer-Systematischeres kann somit gewiß nicht zufällig der Niederländer P. Roderik Vonhögen erzählen. Er kam über „Starwars“ zu seinem Blog, und wie die Jungfrau zum Kind, zu seiner weiteren Aufgabe, die er als „Menschenfischerei“ sieht. Es sei natürlich verführerisch, daß ein kleiner Priester aus Holland ein weltweites Auditorium habe, aber er hat ja auch etwas zu sagen. In seiner Pfarrkirche predige er vor 200 Leuten, die meist auch noch schliefen, und da habe er es auf einmal mit 20.000 Lesern zu tun! 

P. Roderick Vonhögen
Und: er hat eine Sprache. Denn bevor man mit jemandem kommunizieren könne, so Vonhögen, müsse man auch eine Sprache finden. Die habe er mit seinem Blog, auf dem er im Grunde über seine Lieblingsthemen schreibe: Phantasy, Science Fiction, Filme. „To attract fish, You need worms,“ grinst er. Über diese Themen aber finde er eine Basis zu den Menschen, und von dort aus sei er als Seelsorger für sie präsent. Denn Kommunikation sei immer persönlich.

Und das ist doch endlich eine verwertbare Aussage, mehr vielleicht sogar, als der Holländer vorhatte? Denn das Internet hat eine "fatale" Folgerichtigkeit, die die Folgerichtigkeit aller Dinge dieser Welt ist: es zwingt seinem Bediener seine Art auf, soweit kann man da neuerlich vorgreifen. Es ist ein Suchmedium, ein reines Suchmedium. Das heißt: man findet nur, was man sucht! Was man nicht suchte aber findet, klickt man in Nullkommanix weg, denn das konnte nur ein Fehler sein. Diese Tatsache hat bedeutende Konsequenzen: der Internetsucher bleibt innerhalb seiner Sphäre.

Vonhögen hat auch sonst noch recht brauchbare Erfahrungen mitzuteilen. So meint er - später, als es fürs Auditorium galt, Fragen zu stellen -  daß Twitter an sich wenig Information weitertragen könne. Es sei aber als Zubringermedium, als Werbemaßnahme sozusagen, recht brauchbar und gut einzusetzen. Dazu verwende er eine reißerische Schlagzeile, die auf den entsprechenden Artikel auf seinem Blog verlinke. Das, meint er, funktioniere ganz gut.

Das betrifft zwar rein technisch gesehen auch den Lifestream, den Vonhögen an dem Abend ebenfalls einrichtet. Aber: wer soll sich das ansehen, und weshalb? Ist nicht Information zuallererst eine Frage des "was"? Was hat jemand zu sagen?! Ist das einfach eine 1:1-Übertragung? Dies sei hier auch angesichts der Tatsache angemerkt, daß im Saal, an diesem späten Nachmittag, dutzende "life" in ihre Blogs hämmern. Während andere, auch ich, dasitzen, und erst einmal über das Gehörte reflektieren möchten: was daran überhaupt wesentlich ist, was ÜBERHAUPT IST. Was ist ist nicht immer einfach das, was man meint zu sehen! Das Wesentliche, schreibt Exupery in "Der kleine Prinz", ist ja für die Augen unsichtbar. Und Vonhögen erinnert sogar an Johannes Paul II., der sinngemäß gesagt haben soll: Die Weisheit ist eine scheues Vögelchen zwischen den Händen - sie flieht, wenn man sie zu sehr auf Inhalte komprimiert.

Zeigt sich gerade an dieser Stelle nicht eine ganz andere, und wieder: allgemeine, Seite des Internet, nämlich die, daß sich so viele von den „Möglichkeiten“ berauschen lassen, ohne allerdings zu wissen, wozu sie zu nützen sein werden? Was sagte P. Ruiz? Erst müssen wir wissen, was das überhaupt ist. Und man darf - wie der Verfasser dieser Zeilen - ruhig beeindruckt sein über die Offenheit, mit der man das zugibt: Man weiß nicht, was das alles überhaupt ist ... Erst dann aber können wir darüber diskutieren, was man damit macht oder machen soll.

Aber um dieses ganze Internet weht eine seltsame Magie (und ich sage es gleich heraus: das hat mit der Nähe von Technik zu Magie in ihrer Zweckorientierung zu tun) von „Menge = Kriterium“, als Kriterium der bloßen Funktion. Klicks, Links, Friends, Gigabyte. Auch an diesem Abend. Und seien es nur die Leitungen, die der Vatikan aufgebaut hat, die schließlich total überlastet sind. Zu viele schreiben direkt (!) und parallel, posten, twittern, übertragen, kommunizieren“, knallen pausenlos Photos … und freuen sich, als es entschuldigend heißt, die Verbindungsgeschwindigkeit sei verlangsamt, die Netzanbindung im Sall eindeutig überlastet. Als wären sie nur noch Schaltstellen, hätten sich selbst mediatisiert, neutralisiert. Wollen sie so evangelisieren? Depersonalisiert? Ist Anähnlichung an Christus leicht gar ident mit Mediatisierung? Oder ist nicht Präsenz der Wahrheit (als Wort/Logos) gerade an die Konkretisierung als Mensch, und das heißt: in einer Situation, situativ, gebunden? Ist nicht Sein umso stärker präsent, je mehr etwas Seiend ist, ist nicht DAS Welt und Schöpfung?

Ob es das ist, was P. Lombardo so deutlich, und mit diesem gewissen Lächeln, unter Anführungsstriche setzt, daß man sich sein Teil dazu denken kann? Nämlich: daß die Blogger ihre Egozentrik überdenken sollten? Auch überdenken sollten, daß die Beherrschung und Nützung der Möglichkeiten eines Mediums keineswegs ethisch "neutral" sind?! Daß nicht ein Medium, eine Technik vorgeben kann, was zu tun ist - und daß das keine Relevanz habe?

Federico Lombardi said, schreibt dazu ein amerikanisches Blog, that Catholic bloggers should remember their first role is to serve others and the church, and added that the danger of self-centredness and "ego" is "one of the problems which is worth reflecting upon"

Sagt er nicht sogar: Blogger sind nicht ganz dicht?! Hat das zu tun mit der Seltsamkeit des Umstands, daß die Bloggerszene eine Szene von unten heraus ist, quasi „basisdemokratisch“, eine "bottom-up-community", wie es der Sekretär von Erzbischof Celli zu Anfang bezeichnet? Und daß das schon an sich einmal nicht der Weg der Wahrheit sein kann?!

Wie sagt doch Rudolf Borchardt einmal, oder ist es Pawel Florenskij, oder Botho Strauß: Wo einmal die Emanzipation begonnen hat, wird sie aus sich heraus uferlos, und zerstört damit jedes soziale Gefüge. Denn es zerbricht seine Organismik, seine unbewußte Zueinanderordnung der Teile. Wenn aber der untere Teil, ja überhaupt einmal der Teil in Eigeninitiative beginnt, die Agenden des Ganzen nicht mehr einfach zu vertreten, sondern zu übernehmen, kann das gar nicht mehr gut gehen. Was sonst aber treibt Menschen dazu, sich für so wichtig zu nehmen, daß sie meinen, sie müßten die Kirche retten, und ein Blog eröffnen?