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Montag, 9. Mai 2011

Was ein Friedensnobelpreis wert ist

Weltfrieden hat jedes Nummerngirl einer Miss-World-Ausscheidung im Mund, und es sind Zurufe nicht sehr anderer Art, die das Nobelpreiskommitee offenbar bewegen können, Menschen mit der weltweit renommierteste Auszeichnung zu versehen, die zu vergeben ist, dem Friedensnobelpreis.

Und zwei seiner jüngsten Träger hat es jüngst kalt erwischt. Der eine, Barack Obama, erhielt ihn als Vorschußlorbeeren, und gerade die Betulichkeits-Demokraten-Habteuchlieb-Menschlichkeit wurde von ihm erst dieser Tage ziemlich strapaziert. Da sitzt der Kerl da, und beobachtet, wie seine Jungs von der Marine den unbewaffneten Osama bin Laden eiskalt abknallen. Vor den Augen seiner Töchter, wie es in der "Zeit" heißt. Das verschärft die Lage. Aber davon wollen wir hier nicht weiter berichten, da produzieren andere genug Wortsalat.

Muhammad Yunus, 71
Die FAZ berichtet nämlich von einem anderen Friedensnobelpreisträger, dem von 2006, dem Bangladeshi Muhammad Yunus. Und er wurde gekürt, weil er eine scheint's geniale Idee hatte - er setzte Mikrokredite in die Welt. Damit sollten Millionen und Abermillionen Arme in die Lage versetzt werden, sich eine Kuh, eine Nähmaschine, einen Leiterwagen anzuschaffen, um ihr eigenes Kleingeschäft zu gründen. Und sich so, am eigenen Schopf, aus dem Sumpf zu ziehen.

Eine Idee, die so erfolgreich vermarktet wurde - und wir schränken die Replik darauf gleich ein, bringen sie auf Kurs, denn immer häufiger, so der Eindruck, sind es nicht mehr die Idee, sondern deren Vermarktung, die die Wertgefüge bestimmen - daß es mittlerweile 70.000 derartige Institutionen gibt, weltweit. Kaum noch ein Entwicklungshilfeprojekt, das nicht Elemente der Kleinkredite enthält. Und es sind vor allem Frauenprojekte, so schreibt es die FAZ, die gefördert werden. Mit deren Hilfe sich Frauen weltweit aus ihren Abhängigkeiten (von den Männern und "deren" Strukturen) befreien können. Ja, diese Mikrokredite haben die als im Grunde wirkungslos gebliebene reine Entwicklungshilfe - eine aberwitzige Geschichte, übrigens, über die noch zu berichten sein wird - fast abgelöst.

Aber die Sache hat einen gravierenden Haken, und sie entpuppt sich in jeder Hinsicht als eine der Fragwürdigkeiten die regelmäßig entstehen, wenn Menschen das Ganze verlassen, um einen Teil zurechtzubiegen. Etwas aufzubauen ist etwas anderes, als etwas niederzureißen, oder zu kritisieren. Das menschliche Tun und Handeln entpuppt sich deshalb zunehmend und wenig ermutigend in einer Charakteristik, wo ein Ding "repariert" wird, während fünf andere zuschanden werden dabei. Weil die Mitte der Welt, und nur aus ihr läßt sich aufbauen, ein ander Ding ist, als hochgefühlte Humanitätswürste. 

Und Eitelkeiten, gepaart mit Machtgelüsten. Denn wenn Yunus geschickt den mittlerweile laut gewordenen Konflikt mit der Regierung seines Landes nun als Kampagne gegen ihn und als Anschlag auf die Humanität verkauft - so dürfte es sich nicht ganz so verhalten. Yunus scheint sich nämlich nicht nur über die Gesetze zu stellen, die in Angelegenheiten seiner Bank nicht für ihn gelten sollen. Sondern die Idee selbst geriet und gerät ins Zwielicht.

Apropos - "seine " Bank. Der mittlerweile 71jährige Yunus war mitnichten Bankier. Er war staatlicher Angestellter, und "seine" Bank ist eine staatliche Einrichtung von Bangladesh.

Es mehren sich aber die Berichte, daß nur rund 3 Prozent der Mikrokredite ihren ursprünglichen Sinn erfüllen. Der Rest des Geldes wird schlichtweg konsumiert. Und auch die "guten" Erbsen im Töpfchen sind fragwürdig. Denn natürlich hat auch Yunus' Institut Grameen enorme Zinsen verlangt, das Risiko ist ja hoch, und die Inflation (auch durch gestiegene Kaufkraft der Massen, übrigens) gleichfalls. Kleinstunternehmer aber, die ihre Anfangsinvestitionen mit 20 oder 25 Prozent Zinsenbelastung abarbeiten müssen, geraten rasch an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit.

Und so ist aus der "guten" Idee, alle Welt selbständig zu machen, mit Geld, eine fatale Sackgasse geworden, die Millionen (!) Menschen in den Ruin getrieben hat und treibt, mit nichts als Schulden. Was, wie man andernorts bereits gehört hat, besonders in Indien fatale spezielle Folgen nach sich zieht - in einer hohen Sebstmordrate. Aber das ist gewiß nicht das eigentliche Folgeproblem.

„Bisher existiert kein überzeugender empirischer Beleg, dass Mikrofinanz dazu beigetragen hat, die Armut zu vertreiben oder Wachstum zu stimulieren“, sagt der Ökonom Arvind Panagariya von der Columbia University in New York. Während die Websites aller Mikrofinanz-Institute voll sind mit Bildergeschichten von Frauengruppen, die kleine Geschäfte auf die Beine stellen, zeigen Daten des gut erforschten indischen Bezirks Andra Pradesh, dass weniger als drei Prozent der Kredite für den Aufbau eines Geschäftes genutzt werden. Der Ökonom Panagariya findet das naheliegend. Die Geschäftsideen der armen Frauen müssen Renditen von 25 Prozent abwerfen, um die hohen Kreditzinsen zurückzahlen zu können, die selbst anständige Mikrofinanzierungs-Institute wie Grameen fordern (20 Prozent und mehr).

Die Armut also konnte er nicht bekämpfen. Also hat (aus übrigens nachvollziehbaren,aber nichts weniger irrigen Gründen!) Yunus sein Geschäftsfeld erweitert, und betreibst längst Mobiltelephon-Unternehmen, Software und IT-Unternehmen, Unternehmen für erneuerbare Energien (überhaupt DER Ausweis mittlerweile für menschliche Klugheit und hohe Moral), oder Fabriken für Moskitonetze. Und immer wieder treten seine Firmen als "non profit"-Spieler auf, in denen die Nerven der Wirtschaft zusammenlaufen, und die Kleinunternehmens-Gründungen forcieren, mit erwähnten Folgen. Und sei es, daß er ein Joint-Venture mit Danone gegründet hat, und nun Joghurts "um die Ernährungssituation der Armen zu verbessern" verkauft. Die Unternehmensgruppe des Friedensnobelpreisträgers hat in Bangladesh bereits eine enorme Machtposition, aus der heraus sie aufgrund des weltweiten "Humanitätsbonus" völlig unkontrolliert als Staat im Staat agiert - mit ausländischem Geld, völlig unabhängig vom Inland. Mittlerweile haben norwegische Journalisten sogar schon Verdachtsmomente recherchiert, daß der gute Mann auch Entwicklungshilfegelder veruntreut hat.

Er habe es nicht verstanden, so die FAZ, die Idee von sich zu lösen. Und gehe nun, mit Eitelkeit und Machtrausch um den Hals, mitsamt seinem Imperium unter, so die Chiffre der Formulierung.

Und mitsamt dem Friedensnobelpreis. Aber da soll er nicht der einzige sein.


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