Ehe der Papst twittert, kommt das Ende
Notizen zum Internationalen Bloggertreffen am 2. Mai 2011 im Vatikan
Teil 2) DA SAGT ER: BLOGGER SIND EIN WENIG VERRÜCKT
Daß also das Blog, daß neue Mediennutzungen eine
theologische Frage sei, die es erst in aller Tiefe durchzudenken gebe, wozu man eben diese Kommunikationsarten kennenlernen müsse, sonst könne man sich nicht darüber äußern - das sollte manche überraschen, die auch an diesem
späten Nachmittag so voller Euphorie davon sprechen, die Kirche zu verteidigen,
und ihre Lehren zu verkünden, ob per Twitter, oder per Facebook, oder in ihrem
Blog. Aber hören überhaupt einmal alle
zu, trotz der großartigen (das können sie natürlich wirklich, im Vatikan,
angesichts der Weltkirche) technischen Ausstattung, mit Kopfhörern und
simultaner Übersetzung in sechs Sprachen? Deutsch ist übrigens nicht darunter.
Dabei hat Pater Lombardi, wie er erzählt, sogar in
Deutschland Recht studiert, er müßte es also können. Und man könnte Hoffnung
schöpfen, daß er die gar nicht wenigen Blogs in diesem Sprachraum – von denen
freilich nur ein Dutzend vertreten sind, was am Auswahlverfahren des Vatikan
lag: man maß diesem Sprachraum einfach nicht mehr Tielnehmer zu – auch
wirklich liest, und ernstnimmt. Immerhin, so erzählt er, lese er täglich eine
Art Zusammenschau von Blogs, die ihm jemand zusammenstelle. Man werde also
gehört, man lese, was hier geschrieben werde, hier, an den grassroots.
Francoise Jeanne-Beylot |
Das sei auch die Funktion seines Blogs, erzählt er. Ich
greife vor in der Chronologie, ich weiß, aber Wahres erzählen, Wahres sagen
heißt eben nicht einfach die Reihe der chronologischen Zufälle einhalten,
sondern heißt: ordnen, themenschwer gliedern, heißt aussagen.
Stolz sei er, angesichts dieses Bloggertreffens, Katholik zu
sein, fährt er fort. Daß im Blog seine Stimme hörbar machen könne, daß er sich
sogar als Gegengewicht zur Kirche verstehe, seine Meinung zur Kirche übers
Internet verlauten lassen könne, sind nicht unbedingt Aussagen, deretwegen man
nach Rom fahren hätte müssen.
Auch Elisabeth Scala ist da wenig ergiebiger. Die
Amerikanerin redet von der Endlosigkeit des Internet, das keine Buchdeckel
habe, uns somit dazu versuche, gleichfalls endlos in der Wahl der Mittel zu
werden. Und sie erwähnt die „Evangelisation“, zu der das Internet so wunderbar
geeignet sei. Meint sie. Aber die Amis sind sowieso immer schon maßlos enthusiastisch
gewesen – ihnen fehlt immer (noch) das Ganze. Sie sind eben eine „grassroots-„Gesellschaft,
das sollte man nie vergessen, sie sind wie geschichtslose, bindungslose Teile im endlosen Raum der
Zeit. Sie hatten mit ihrer Vergangenheit gebrochen, das ist ihr Gründungsmythos. Das hat Vorteile, weil es sie frischer in der Apperzeption macht, aber es hat auch entscheidende, an sich lebensnotwendige Nachteile, weil es sie in dieser Apperzeption ersaufen läßt. Wenn wir ihnen also das Internet und seine wesentlichsten Anwendungen verdanken, so sollten wir das nicht aus den Augen verlieren. Denn: Ist nicht alles aber nach der Art des Hervorbringers?
Fortsetzung morgen – Teil 3) WEISHEIT IST EIN SCHEUES VÖGELEIN
Teil 4) Sich nach vor drängen
Teil 5) Wer soll denn diese ganzen Meinungen lesen
Teil 6) Versuch eines Fazits - Macht das Internet alle zu Protestanten?
Teil 5) Wer soll denn diese ganzen Meinungen lesen
Teil 6) Versuch eines Fazits - Macht das Internet alle zu Protestanten?
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