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Sonntag, 8. Mai 2011

Ehe der Papst twittert, kommt das Ende - II

Ehe der Papst twittert, kommt das Ende

Notizen zum Internationalen Bloggertreffen am 2. Mai 2011 im Vatikan


Teil 2) DA SAGT ER: BLOGGER SIND EIN WENIG VERRÜCKT

Daß also das Blog, daß neue Mediennutzungen eine theologische Frage sei, die es erst in aller Tiefe durchzudenken gebe, wozu man eben diese Kommunikationsarten kennenlernen müsse, sonst könne man sich nicht darüber äußern - das sollte manche überraschen, die auch an diesem späten Nachmittag so voller Euphorie davon sprechen, die Kirche zu verteidigen, und ihre Lehren zu verkünden, ob per Twitter, oder per Facebook, oder in ihrem Blog. Aber hören überhaupt einmal  alle zu, trotz der großartigen (das können sie natürlich wirklich, im Vatikan, angesichts der Weltkirche) technischen Ausstattung, mit Kopfhörern und simultaner Übersetzung in sechs Sprachen? Deutsch ist übrigens nicht darunter.

Dabei hat Pater Lombardi, wie er erzählt, sogar in Deutschland Recht studiert, er müßte es also können. Und man könnte Hoffnung schöpfen, daß er die gar nicht wenigen Blogs in diesem Sprachraum – von denen freilich nur ein Dutzend vertreten sind, was am Auswahlverfahren des Vatikan lag: man maß diesem Sprachraum einfach nicht mehr Tielnehmer zu – auch wirklich liest, und ernstnimmt. Immerhin, so erzählt er, lese er täglich eine Art Zusammenschau von Blogs, die ihm jemand zusammenstelle. Man werde also gehört, man lese, was hier geschrieben werde, hier, an den grassroots.

Francoise Jeanne-Beylot
Und Blogs scheinen eine wachsende Rolle in der Meinungsbildung zu spielen. Immerhin werden in Frankreich speziell einige Blogs bereits häufiger in den üblichen Medien zitiert, als der Vatikan selbst! Solches scheint sich auf die  aufs Podium geladenen vier bzw. fünf Blogger zu beziehen, vor allem auf den Franzosen, der einige Intellektuellenfilme gesehen haben dürfte. Denn das selbstbewußte Gehabe – und ich erzähle nichts hier zufällig, das möge man mir glauben – des Francois Jeanne-Beylot  zeigt  jemanden, der schon mal ab und zu von France-Canal5 Midi angerufen wird, fünf Minuten vor Sendebeginn, um eine Wortspende zu einer päpstlichen Aussage von sich zu geben.

Das sei auch die Funktion seines Blogs, erzählt er. Ich greife vor in der Chronologie, ich weiß, aber Wahres erzählen, Wahres sagen heißt eben nicht einfach die Reihe der chronologischen Zufälle einhalten, sondern heißt: ordnen, themenschwer gliedern, heißt aussagen.

Stolz sei er, angesichts dieses Bloggertreffens, Katholik zu sein, fährt er fort. Daß im Blog seine Stimme hörbar machen könne, daß er sich sogar als Gegengewicht zur Kirche verstehe, seine Meinung zur Kirche übers Internet verlauten lassen könne, sind nicht unbedingt Aussagen, deretwegen man nach Rom fahren hätte müssen.

Auch Elisabeth Scala ist da wenig ergiebiger. Die Amerikanerin redet von der Endlosigkeit des Internet, das keine Buchdeckel habe, uns somit dazu versuche, gleichfalls endlos in der Wahl der Mittel zu werden. Und sie erwähnt die „Evangelisation“, zu der das Internet so wunderbar geeignet sei. Meint sie. Aber die Amis sind sowieso immer schon maßlos enthusiastisch gewesen – ihnen fehlt immer (noch) das Ganze. Sie sind eben eine „grassroots-„Gesellschaft, das sollte man nie vergessen, sie sind wie geschichtslose, bindungslose Teile im endlosen Raum der Zeit. Sie hatten mit ihrer Vergangenheit gebrochen, das ist ihr Gründungsmythos. Das hat Vorteile, weil es sie frischer in der Apperzeption macht, aber es hat auch entscheidende, an sich lebensnotwendige Nachteile, weil es sie in dieser Apperzeption ersaufen läßt. Wenn wir ihnen also das Internet und seine wesentlichsten Anwendungen verdanken, so sollten wir das nicht aus den Augen verlieren. Denn: Ist nicht alles aber nach der Art des Hervorbringers?


Fortsetzung morgen – Teil 3) WEISHEIT IST EIN SCHEUES VÖGELEIN


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