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Dienstag, 28. Juni 2011

Deutungsverzicht als Entwertung der Welt

Verzichtet der Künstler auf Deutung, so verzichtet er auf die Welt. Denn die Welt ist sinnvoll, und die Dinge in ihren Verhältnissen (und Bedingtheiten) zueinander verhalten sich im Normalfall so, daß sie einander ihre entscheidenden Seiten zuwenden. Der solcherart aber willenlose Künstler glaubt nicht daran, daß die Wirklichkeit einen eigenen Sinn und eine eigene Realität hat.

In der Zentralperspektive (der die einäugige, unbewegliche Kamera entspricht) aber wird zugunsten eines zufälligen Ordnungsschemas auf jede Deutung der Dinge verzichtet. Sie werden in ihrer Abgebildetheit zufällig. Der Künstler bleibt somit passiv, aber nicht nur das: er zeigt eine wertlose Welt, und damit weist er erst recht auf SICH zurück. Das Abzubildende aber hat keine Wahrheit, nichts, das es darüber auszusagen gäbe, als daß es zufällig im Raum steht. Der Künstler anerkennt keine Realität, sein wahrer Gegenstand erweist sich nun folgerichtig nicht mehr als das abzubildende Ding, sondern er selbst als derjenige, der das Ding leugnet.

In der Wirklichkeit existieren Drehungen, aber keine Verkürzungen; Verkürzungen aber - die im Grunde DIE Darstellungsweise der Perspektive darstellen - entstehen aus Subjektivismus, als Gesten der Feindschaft gegenüber der Realität.


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