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Sonntag, 26. Juni 2011

Eine einzige Aussage

"Der Künstler sagt durch sein Werk etwas über die Wirklichkeit aus, doch damit die Möglichkeit besteht, etwas über sie auszusagen, muß sie selbst einen gewissen Sinn enthalten, sich in einer gewissen Aussage über sich selbst mitteilen. Somit vereinen sich im Werk zwei Aussagen, die der Wirklichkeit und die des Künstlers, zu einem Ganzen.

Die Konstruktion ist die Art des Wechselverhältnisses zwischen den Elementen der Wirklichkeit selbst, gleich ob der physischen oder der abstrakten, sie ist die Struktur der Wirklichkeit selbst; die Komposition aber ist die Art des Wechselverhältnisses jener Elemente, durch die die Wirklichkeit ausgebildet wird, d. h. die Struktur des Werks. 

Die Konstruktion ist, was die Wirklichkeit selbst von einem Werk will. Die Komposition dagegen das, was der Künstler von seinem Werk will. Selbstverständlich kann der Künstler nicht sich selbst aus einem Werk entfernen, auf jede Aussage verzichten. Denn dann wäre ja das Vorhandensein der Wirklichkeit selbst schon ausreichend. Es gibt auch keinen Grund zur Annahme, die Wirklichkeit werde sich aus irgendeinem Grund so ausrichten und umformen, wie es dem Künstler genehm ist. Wie Kette und Schuß durchdringen einander Konstruktion (Kette) und Komposition (Schuß), Wirklichkeit und Aussage.

Konstruktion und Komposition aber haben nichts miteinander gemeinsam. Charakterisiert doch die Konstruktion die Wirklichkeit an sich, in ihren inneren Zusammenhängen und Wechselbeziehungen, im Widerstreit und im Zusammenwirken ihrer Kräfte und Energien. Durch die Komposition aber ist die innere Welt des Künstlers charakterisiert, die Struktur seines Innenlebens. 

Aus eben diesem Grund neigt der Künstler dazu, was auch immer sein Sujet und - allgemeiner - sein Gegenstand ist, wenn er nur selbst stark und innerlich standhaft ist, jeden Gegenstand und jedes Sujet durch ein und dieselbe Komposition auszudrücken. Die verschiedensten Konstruktionen der Wirklichkeit werden durch Werke von fast identischer Komposition ausgedrückt; für die Feststellung der Urheberschaft spielt die Komposition bekanntlich keine geringere Rolle als die direkte namentliche Signatur des Künstlers."

Pawel Florenski

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