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Dienstag, 21. Juni 2011

Integral der Welt

"Wie auf der besungenen Walze des Phonographen gleitet die Nadel eines überaus klare Sehens an den Linien und Flächen des Bildes mit ihren Einkerbungen entlang. Und an jeder dieser Stellen werden beim Betrachter die entsprechenden Vibrationen geweckt. Eben diese Vibrationen sind das Ziel des Kunstwerks."

Die Betrachtung eines Gegenstandes, schreibt Florenski, ist niemals eine Angelegenheit eines Differentials, also eines momentanen Querschnitts über ein Ganzes. Vielmehr setzt sich eine pausenlose Bewegung der Perspektiven - alleine aus den beiden Augen! - und Bewegungen und Vollzügen eines Objekts integral zu einem Ganzen zusammen. Im Zusammenwirken einer Fülle von seelischen und sinnlichen Regungen im Betrachter selbst.

Das Wesen des Sehens ist deshalb durch die scheinbar "umgekehrte", verfehlte Perspektive der Ikone (oder gar der Malerei von Kindern) weit besser dargestellt, und erfaßt das Objekt weit umfassender, als es eine Perspektive jemals vermag. In ihr erstarrt die Bewegung der Objekte - und jedes Objekt bewegt sich, hat diese Dimension der Zeit, die im Ausrollen einer Tätigkeit erst (!) nach und nach kundtut, was ein Objekt überhaupt IST.

Auf "einmal" - wie die Perspektive vorheuchelt - sieht man gar nichts, auch keine zweidimensionalen Objekte. Denn man sieht immer nur einen kleinen Ausschnitt, und muß betrachtend wandern, um dann - der eigenen Subjektivität gemäß - zusammenzusetzen.

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