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Mittwoch, 29. Juni 2011

Von Wirklichkeiten

(Alle Rechte: TonkBerlin)
Der Vergleich Perspektive - Photographie birgt manche interessante Hinweise, denn was wir auf einer perspektivischen Darstellung sehen, versuchen wir in einer Photographie zu vermeiden: dort wird uns noch klar, daß die (perspektivisch richtigen) Größenunterschiede der Personen eine Aussage haben (Rang, Ansehen, Liebe ...) Auch eine Photographie, die einen Menschen in seiner Länge zeigt, wird von uns als ungehörig (zumindest als "eigen") klassifiziert, die große Zehe (als Beispiel) und der im Hintergrund verschwindende Kopf sind keineswegs einfach aussagelos für uns, in jedem Fall würden wir nicht sagen, daß es eine adäquate Aufnahme desjenigen ist.

Die Größe des Eifelturms (Foto Ellen Brouwers)
Wenn wir eine Gruppenaufnahme machen - und wo Form eine große Rolle spielt, eben weil alles etwas bedeutet, wie offizielle Schulschlußphotos, Hochzeitsversammlungen etc. - wird viel Augenmerk darauf verwendet, die Personen nicht nur frontal, sondern in einem würdevollen und adäquaten Größenverhältnis zueinander darzustellen.

Desgleichen ist die Frontalansicht, wiewohl die adäquateste Ansicht, in der Perspektive kaum beheimatet, diese bevorzugt eindeutig das Profil, das deutlich mehr Bewegung ausdrückt, während Bewegung selbst die Dinge ja verschwimmen läßt. (Gerade die Geste aber muß ihre Energie innerhalb der Darstellung bewahren - in der Renaissance aber gewinnt die Leidenschaft etc. Oberhand, und damit das Profane, während die Darstellung, wenn die Energie nicht innerhalb des Bildes aufgenommen wird, das Zielobjekt der Geste sogar in den Raum des Betrachters hineinvermutet!) Ja, die Perspektive weist vor allem das Profil, die Drehung, den Gang aus dem Bild hinaus, und sogar die Rückenansicht auf, saugt sie in das "unendliche Loch" der Zentralperspektive (mit ihren Fluchtpunkten).

Proportionen - Aussage - Gruppenbild (Photo Niels und Patricia)
Gerade aber in der Frontalabbildung ruhen die Figuren aber. Die umgekehrte Perspektive bzw. die solcherart künstlerisch gestaltete Komposition eines Bildes läßt dieses Bild ein Ganzes sein, schließt es gegen den Betrachter ab. Die Perspektive aber macht aus den dargestellten Figuren Figuren, die in den Raum heraus, auf den Betrachter zu wirklich werden, den Raum des Bildes in den des realen Raumes einmünden lassen. Dadurch öffnet sich das Werk, und die Realitätsdimensionen werden ununterscheidbar. Die dargestellten Figuren aber erhalten mitunter sogar dämonische Dimension - das deutlichste Merkmal der Antikunst. Ein Kunstwerk muß eine Welt für sich sein, sonst ist es ein Funktionsgegenstand, nicht Kunst!

Ein ähnliches Phänomen kann man übrigens in der Photographie feststellen, wenn bei Teleobjektivaufnahmen das ferne Objekt größer wird als das real-räumlich nähere.

Also muß die Abbildung sehr wohl die dargestellte Dinge in ihrer "absoluten" Größe und in ihren gewichteten Ansichten darstellen - und hierzu sind zufällige Größenbezüge zu Dingen oder Umgebenden nicht ausreichend, wir gestalten sie.


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