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Dienstag, 7. Juni 2011

Globale Sphären

Der erschütterndste Eindruck bei "Internationalen Bloggertreffen" im Vatikan war zu sehen, wie zahlreiche Blogger parallel zu den Stellungnahmen ihre "Artikel" in ihre Laptops und Netbooks klopften. Sie wirkten wie die furchtbarsten Schreckensutopien - Menschen ohne eigenes Bewußtsein, nur noch als Synapsen der Realwelt mit der großen Welt des Bewußtseins, der Noosphäre. Und genau so wirkt so sehr vieles im Netz auch.

Wladimir I. Wernadskij (1863-1945)
Auf diesen Begriff, und auf die Rolle, die er heute bewußt oder unbewußt spielt bin ich bei der Lektüre von Florenski gestoßen. Der sich in den 1920er Jahren in enger Korrespondenz mit einem der Gründerväter des Begriffs, den legendären russischen Forscher Wladimir Wernadski, von dem der Begriff erstmals gebraucht wird. Den man ja auch bei Teilhard de Chardin u. a. findet. Sie haben sich ja in Paris etwa 1925 getroffen, und ihre jeweiligen und unabhängig voneinander entwickelten Konzepte diskutiert. De Chardin (dessen Thesen die Kirche ablehnt) hat sie ja in seinem evolutionistischen Gedanken des Menschen am Weg auf den "All-Christus" hin verwendet.

Er besagt, daß es erdumspannend eine weitere Sphäre innerhalb der Biosphäre gibt - eine Sphäre des Geistigen. Wernadski aber grenzt - interessanterweise anders als de Chardin! - gegen rein evolutionären Mechanismus ab, bindet aber diese Sphäre (kurz zusammengefaßt: als Bereich, wo das menschliche Denken durch Spuren in der Materie zu einer Art erdumspannende Schichte geworden ist) natürlich an die menschliche Geschichte. Und hierin findet er auch mit dem Popen Florenskij einen Diskussionspartner, der sich im Zuge seiner physikalischen Studien damit befaßt.

Was aber aus heutige Sicht auffällt sind Linien, die sich von diesem Begriff bis heute ziehen. Denn im Internet hat sich diese Noosphäre auf eine Weise verwirklicht, die Wernadski sich wohl nie hätte träumen lassen - mit dem Menschen (und bald auch: allen Maschinen und Geräten, so plant es zumindest sein Erfinder) als Teil einer gigantischen Maschine.

Pawel Florenski (1937 exekutiert)
Aber auch das Internet ist nur eine Facette dieses enorm polyedrischen Gebildes - im Religiösen sieht sich ein (im übrigen; historsch alles andere als neuen!) Synkretismus in dieser Tradition, ebenso wie der "Klimawandel" (in der aufgeladenen Bedeutung, die er hat, gemeint) als globale Bedrohung, in einer Reihe mit sich immer größer zeigenden Katastrophenszenarien, vom Ölschock bis zum Waldsterben, sich allmählich aufgebaut hat.

Es sind Utopien, und tragen als solche wahrhaftiges Bedrohungspotential in sich. Ihnen allen liegt die Vorstellung einer paradiesischen Welt zugrunde, die wir haben könnten, wenn wir nur wollten oder täten ... Alle solche Konzepte werden kurz- oder mittelfristig aggressiv und sind zutiefst menschenverachtend. Sie münzen - in diesem Fall - ein reines Phänomen (das im übrigen über bloße Diskussion noch nicht hinausgekommen ist, noch 1990 veröffentlicht der Wissenschaftsalmanach der DDR Wernadsky's Konzept als "originell", aber an sich seriös) unmittelbar in durch Technik (Verhalten) veränderbares mechanistisches Konstrukt.


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