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Montag, 6. Juni 2011

Morgengrauen des Propheten

"Endlich sind alle Glühbirnen auf Erden miteinander verbunden! Die Vorstellungswelt des Paranoikers, seit jeher beherrscht von universeller Vernetzung, liegt uns nun vor als Spielfeld. Seine Software erwies sich als die vorteilhafteste Investition in die Zukunft. Nun ist seine Welt nicht mehr vorstellbar; und wir alle befinden uns auf der Suche nach einer neuen Irrealität.

Der Geist arbeite auf der Höhe seines Könnensbewußtseins. Kein Bewußtsein, das ihn noch lähmte. Sobald die unendlich vielen Fertigkeiten zur Hyperfertigkeit sich fügen, wird unter ihnen auch der Geist gewesen sein. Nichts hindert dann den Übergang in ein Zeitalter der Trance.

Im Zeitalter der Trance bewegen sich die Menschen mit den Dingen ausgeglichen. Halb Chip, halb Tiefe, bleibt ihnen kein Zwischenraum, zu "reflektieren". Die Dinge sind ihnen eingegeben wie im ersten Zeitalter der Trance die Götter."

"Der Wettlauf der Verbesserungen ist immer immun gegenüber Skepsis oder Ethik. Am Scheideweg? Längst vorbeigeschritten."

"Zur Wissensgesellschaft wird sich kein Anti-Typ vom Schlag des "kritischen Intellektuellen" mehr bilden. Der Informationstechniker und er ...? Welche gleichgewichtige Gegenfigur wäre hier noch vorstellbar? Die Frage der Konsumption jeglicher Gegenkraft ..."

"Ich denke niemals nach. Ich bin immer auf alles gefaßt."

"Kunst, Seele, Gedächtnis, sie schaffen weiterhin, doch schaffen sie schon verwaist - außerhalb der Sphäre, die über den Charakter des Zeitalters entscheidet."

Botho Strauß, 1998, Beginn zu "Zeit ohne Vorboten" - Im Morgengrauen des Internet

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