Die Ebene der Polemik reicht nicht,
und sie hat nie gereicht, und die Fernsehsendung "Hart aber Fair", die
sich dem Thema Gender widmete und für die der VdZ so selten er sie sah
stets eine gewisse Wertschätzung ob der relativen Offenheit der
Diskussion entgegenbrachte, beweist es eindrücklich.
Und
macht einen eklatanten Mangel offenbar, der auch den Verteidigern der
Geschlechterdifferenzierung, den Gegnern des Gendering, anhaftet. Es ist
gut, es ist lobenswert, es aus dem "gewußten Gewußten" heraus zu
verteidigen, aber es reicht nicht, um die Zerstörung, die ein rational
ausgesäter Zweifel bewirkt, aufzuhalten. Es ist deshalb wirklich
bedauerlich, daß die theoretische Aufrüstung der - wie nennen wir sie
nur? - "reaktiven" Kräfte so hinter dem oft luziden Argumentieren der
Genderideologen so hinterherhinkt. Und in Wahrheit der Diskussion gar
nicht gewachsen ist.
Auch,
weil man das Grundthema vermeidet, das tief in die metaphysischen
Voraussetzungen hinabreicht. Und dem sich dann alle biologischen
Tatsachen ganz einfach belegend fügen. Hinter dem Gendering steckt
nämlich gleichfalls eine tief metaphysische Vorentscheidung. Daß uns
diese Welle so ungebremst überrollt liegt darin, daß selbst Kreisen, die sich dem Gendering widersetzen, einzelne Bereiche aus deren Vorbringen recht sympathisch und vor allem: bequem sind. Zumindest würden sie es anders mit einer Wucht der Auseinandersetzung zu
tun haben, der fast alle konsequent und in meist bloß subjektivistischen Pragmatismus ausweichen. Auch das zeigt die
Diskussion eindringlich, und es macht wenig Hoffnung, daß die
derzeitigen Proponenten der Anti-Gendering-Bewegung dieser Diskussion
jemals gewachsen sind. Jetzt sind sie es nämlich nicht. Es bräuchte also dringend ... andere Vorreiter.
Denn: Ein
bißchen schwanger geht nicht. Wer das Gendering nicht an der Wurzel
packt, wird es nicht verhindern können. Diese Grundweichen aber greifen
in heutige Wertelandschaften sehr tief ein. Nur aber, wenn zu solch
weitreichenden Auseinandersetzungen der Mut besteht, wird Gendering noch
zu stoppen sein.
In der Form der derzeitigen "Gegen-Argumentation" liefert die Anti-Gendering-Fraktion sogar dem Gender-Mainstreamin die Argumente ans Bett.
In der Form der derzeitigen "Gegen-Argumentation" liefert die Anti-Gendering-Fraktion sogar dem Gender-Mainstreamin die Argumente ans Bett.
Es gibt natürlich einen Grund, der die Diskussion so schwierig
macht, wie es das Video als Fernsehaufzeichnung beweist. Das, was die
Menschheit in Wahrheit trägt, ist nämlich nicht das Rationale, sind
nicht die reationalen Konstrukte, das reational Gewußte. Sondern es ist
das GEWUSZT GEWUSZTE, das vorsprachlich ist, und dem sich dann erst
Sprache, und dann Denken ein- und nachfügt. Der Inhalt der Sprache ist
nicht ihr rationaler, nominaler "content", sondern das, worin sie
hinweisend selber west: das Anschauen der Wirklichkeit, und der Geist,
in dem sich diese Wirklichkeit erschließt. (Persönliches Wollen,
subjektives Abweichen vom objektiven Gehalt setzt auf dieser Ebene ein,
das, was hier "Sittlichkeit" genannt wurde. Und es setzt nicht als
"mögliche Alternative" ein, sondern als Abweichen vom überhaupt
Möglichen.)
Deshalb
ist es unendlich leichter, über rationale Argumente ein gewußt Gewußtes
anzuzweifeln, ins Wanken zu bringen, als es zu rekonstruieren, also in
einem Disput gleichwertig argumentativ zu entgegnen. Denn was wir
wirklich wissen, wissen wir gar nicht bewußt, dem können wir uns nur
nähern.
Das weist auf die Rolle der Tradition. Das ist das eine.
Aber hier schließt sich der Kreis zu einem nächsten Problemkreis, Barbara
Gerl-Falkowitz (mit der der VdZ ein entsprechendes Gespräch hatte, in
dem diese ähnliche Sorge - mit dem Hinweis, daß "die Gendervertreter
doch nicht dumm, sogar sehr gescheit sind" - geäußert hat) hat es mit
Nachdruck immer wieder angedeutet: Es geht um die sehr wohl soziale
Konstruiertheit der Identität, auch der geschlechtlichen Identität.
Konstruiertheit, aber NICHT Konstituiertheit, also nicht Geschaffenheit
in eigener Autonomie.
Morgen Teil 2) Den eigentlichen Gründen weicht man aus. Nicht ohne Absicht.
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