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Samstag, 26. September 2015

Ein bißchen schwanger geht nicht (1)

Die Ebene der Polemik reicht nicht, und sie hat nie gereicht, und die Fernsehsendung "Hart  aber Fair", die sich dem Thema Gender widmete und für die der VdZ so selten er sie sah stets eine gewisse Wertschätzung ob der relativen Offenheit der Diskussion entgegenbrachte, beweist es eindrücklich. 

Und macht einen eklatanten Mangel offenbar, der auch den Verteidigern der Geschlechterdifferenzierung, den Gegnern des Gendering, anhaftet. Es ist gut, es ist lobenswert, es aus dem "gewußten Gewußten" heraus zu verteidigen, aber es reicht nicht, um die Zerstörung, die ein rational ausgesäter Zweifel bewirkt, aufzuhalten. Es ist deshalb wirklich bedauerlich, daß die theoretische Aufrüstung der - wie nennen wir sie nur? - "reaktiven" Kräfte so hinter dem oft luziden Argumentieren der Genderideologen so hinterherhinkt. Und in Wahrheit der Diskussion gar nicht gewachsen ist.

Auch, weil man das Grundthema vermeidet, das tief in die metaphysischen Voraussetzungen hinabreicht. Und dem sich dann alle biologischen Tatsachen ganz einfach belegend fügen. Hinter dem Gendering steckt nämlich gleichfalls eine tief metaphysische Vorentscheidung. Daß uns diese Welle so ungebremst überrollt liegt darin, daß selbst Kreisen, die sich dem Gendering widersetzen, einzelne Bereiche aus deren Vorbringen recht sympathisch und vor allem: bequem sind. Zumindest würden sie es anders mit einer Wucht der Auseinandersetzung zu tun haben, der fast alle konsequent und in meist bloß subjektivistischen Pragmatismus ausweichen.  Auch das zeigt die Diskussion eindringlich, und es macht wenig Hoffnung, daß die derzeitigen Proponenten der Anti-Gendering-Bewegung dieser Diskussion jemals gewachsen sind. Jetzt sind sie es nämlich nicht. Es bräuchte also dringend ... andere Vorreiter.

Denn: Ein bißchen schwanger geht nicht. Wer das Gendering nicht an der Wurzel packt, wird es nicht verhindern können. Diese Grundweichen aber greifen in heutige Wertelandschaften sehr tief ein. Nur aber, wenn zu solch weitreichenden Auseinandersetzungen der Mut besteht, wird Gendering noch zu stoppen sein. 

In der Form der derzeitigen "Gegen-Argumentation" liefert die Anti-Gendering-Fraktion sogar dem Gender-Mainstreamin die Argumente ans Bett.

Es gibt natürlich einen Grund, der die Diskussion so schwierig macht, wie es das Video als Fernsehaufzeichnung beweist. Das, was die Menschheit in Wahrheit trägt, ist nämlich nicht das Rationale, sind nicht die reationalen Konstrukte, das reational Gewußte. Sondern es ist das GEWUSZT GEWUSZTE, das vorsprachlich ist, und dem sich dann erst Sprache, und dann Denken ein- und nachfügt. Der Inhalt der Sprache ist nicht ihr rationaler, nominaler "content", sondern das, worin sie hinweisend selber west: das Anschauen der Wirklichkeit, und der Geist, in dem sich diese Wirklichkeit erschließt. (Persönliches Wollen, subjektives Abweichen vom objektiven Gehalt setzt auf dieser Ebene ein, das, was hier "Sittlichkeit" genannt wurde. Und es setzt nicht als "mögliche Alternative" ein, sondern als Abweichen vom überhaupt Möglichen.)

Deshalb ist es unendlich leichter, über rationale Argumente ein gewußt Gewußtes anzuzweifeln, ins Wanken zu bringen, als es zu rekonstruieren, also in einem Disput gleichwertig argumentativ zu entgegnen. Denn was wir wirklich wissen, wissen wir gar nicht bewußt, dem können wir uns nur nähern. 

Das weist auf die Rolle der Tradition. Das ist das eine.

Aber hier schließt sich der Kreis zu einem nächsten Problemkreis, Barbara Gerl-Falkowitz (mit der der VdZ ein entsprechendes Gespräch hatte, in dem diese ähnliche Sorge - mit dem Hinweis, daß "die Gendervertreter doch nicht dumm, sogar sehr gescheit sind" - geäußert hat) hat es mit Nachdruck immer wieder angedeutet: Es geht um die sehr wohl soziale Konstruiertheit der Identität, auch der geschlechtlichen Identität. Konstruiertheit, aber NICHT Konstituiertheit, also nicht Geschaffenheit in eigener Autonomie.


Morgen Teil 2)  Den eigentlichen Gründen weicht man aus. Nicht ohne Absicht.




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