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Mittwoch, 16. September 2015

Man kann es auch übertreiben - (K)Eine Verteidigung (4)

 Teil 4) Den absoluten Spruch gibt es nicht unter Menschen - 
Gewissen braucht ein externes Urteil - 
Aber ein Urteil ist ein Heilsgeheimnis




Ohne naturrechtliche Ehe gibt es aber nicht nur keinen Staat, sondern auch kein Sakrament, das ja nur eine bestehende Natur in die Gnade hineinheben bzw. von der Gnade her durchwirken kann. Denn die Ehe wurde in den letzten Jahrzehnten und Jahrhunderten zuerst und vor allem von ihrer natürlichen Basis her angegriffen, und das ist heute auch ihr bei weitem schwerwiegendstes Problem. Und sei es über die allgemein gewordene "Gewißheit", daß es ja "eine Scheidung" gäbe - im Zivilrecht. Und dabei ist selbst dieses Empfinden, daß nämlich Ehe untrennbar weil wesentlich mit Gesellschaft, die immer historisch-faktisch auftritt, zusammenhängt, niemandem vorzuwerfen. Es ist eben vor allem Verwirrung, durch eine plötzlich widersprüchliche Realität, die auch durch die Trennung von Religion und Staat bzw. öffentlichem Leben gestiftet wurde, und ganz bewußt gestiftet wird. 

Provokativ könnte man sogar fragen, ob Menschen, die besonders fromme Ehen schließen, und auf die Gesellschaftsdimension quasi pfeifen, Ehe gar als Leistungsausweis für Frömmigkeit beweisen wollen, tatsächlich ... die Vorbedingungen für eine Ehe erfüllen.

Den Staat bzw. das staatliche Recht anzugreifen, darin hat der VdZ noch keine der großartigen Verteidiger der sakramentalen Ehe sich hervortun sehen. Das schmiert man lieber in fromme Internet-Foren und Sonderversammlungen, in denen sich Fromme mit rundum perfekten Leben gegenseitig heftig zunicken. Um sich im Zivilleben in jede Ecke zu verkriechen, sobald es ums Arscherl zieht und ihr Gehalt am Spiel steht.
 
Was aber das für jemanden heißt, der die Kirche wenigstens so halbwegs ernst nimmt - und sonst würde eine Annullierung ja wohl nicht beantragt - wenn er sich in einer NICHT bestehenden, ungültig geschlossenen Ehe zu erkennen beginnt, bemüht sich wohl kaum jemand einmal vorzustellen. Man mag ja Martyrium frei wählen, gut, und es ist auch angebracht. Aber man kann nicht von außen jemanden zum Martyrium verurteilen.

Dieser Entwicklung kommt eine Verfahrensvereinfachung sehr wohl entgegen. Fehlurteile auch hinsichtlich einer zu leichten Annullierung waren auch bisher möglich und gar nicht so selten.

Zu einer Inflation von Verfahren - "katholische Scheidung light" gewissermaßen - wird es gleichfalls nicht kommen, ist der VdZ überzeugt. Dazu wird doch die Kirche schon längst (auch und vor allem nun durch diesen Papst, übrigens) gar nicht mehr genug ernstgenommen.

Alles andere wird sich an der Praxis erweisen, eine gewisse Anpassung ist ja damit nicht unmöglich gemacht. Eine vollkommene, absolute Sicherheit der Wahrheit eines Urteils gibt es in Angelegenheiten Ehe-Annullierung aber sowieso nicht, und die gab es auch bisher nicht. Es bleibt eine Verantwortung der Menschen weil der Kultur. Es bleibt aber notwendig, weil das subjektive Gewissen niemals Instanz sein kann, und in dieser Hinsicht nicht einmal funktioniert:  

Der Spruch, der überhaupt erst Gewissen fundiert, muß von außen kommen! Und schon daran wird scheitern, daß ein Annullierungsverfahren zum Massenphänomen wird. Denn GENAU DAS wollen ja die Menschen der Gegenwart, die "autonomen Menschen" (war für eine tragische Dummheit!), nichts wissen. Genau darum geht es ja! Also, Herrschaften, macht Euch doch nicht lächerlich!

Bisweilen kann man sich sogar des Eindrucks nicht erwehren, daß so manche, die diese Reform - und meist waren es jene, die überhaupt die Annullierung weitgehend ablehnten - kritisieren, es aus sehr fragwürdigen Motiven, ja der berühmten Häme der Kastrierten den diese Kastration Verweigernden gegenüber tun. Die Ehe als Institution und Sakrament werden sie mit dieser gräßlichen und gar nicht so seltenen Fratze sicher nicht retten. 

Mit Gesetzeslagen, die darauf achten sollen, daß verhindert wird, daß jemand etwas falsch macht - und das sind auch die einzigen Gegenargumente gegen diese Reform des Kirchenrechts in Annullierungssachen - sollte man immer sehr sehr behutsam umgehen. Und darauf achten, ob das Gesetz seinen ersten Sinn auch erfüllt - Menschen zum Recht zu verhelfen.

Freiheit ist eine Heilsbedingung. Das heißt aber auch, daß das Recht Freiheit zum Falschen riskieren muß. Ändern wird daran aber die Reform nichts, die in den Augen des VdZ aber beitragen kann, so manche Tragödie wenigstens nicht zu vergrößern. Und zwar nicht durch Auflösung der Sakramentalität, davon spricht selbstverständlich niemand (und das gilt ja genauso im rein naturrechtlichen, zivilen, staatlichen Bereich), sondern durch ein realitätsgerechteres Verfahren.*

Dieses Blog liefert genug Zeugnisse für eine Sicht auf den Bergoglio-Papst, die man bis an die Grenze kritisch diesem gegenüber sehen muß. Aber man kann die Kritik auch übertreiben. Die Mängel in den Annullierungsverfahren bestehen zudem schon länger, als dieser Papst im Amt ist.






*So nebenbei, auch das eigentlich ein Argument für ein kirchliches Annullierungsverfahren: Die staatlichen Gesetze in Österreich kennen nämlich auch eine Annullierung. Aber es kennt nur wenige solcher Fälle per definitionem, und nur auf fünf Jahre begrenzt. Damit wird das staatliche Gesetz dieser Wirklichkeit - die auch der Staat also sieht bzw. sogar immer sah - nicht gerecht. Schon hier zeigt sich die Überlegenheit der Kirche, der das Recht unabhängig vom Aufwand ein Anliegen bleibt. Denn die Grundlage der Barmherzigkeit und Gerechtigkeit bildet ... das Recht.





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