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Montag, 22. August 2016

Der Bruch ist nicht plötzlich da, er ist nur plötzlich zu sehen

Kontinuität kann ein Staatswesen nur durch eine Person bewahren, in der der Staat letztlich gründet wie mündet. Eine Person hingegen ist immer auch zu bändigen, gegen sie kann man Widerstand leisten, sie kann sogar abgesetzt werden.*

Kein technisch-oganisatorischer Apparat vermag das zu leisten, denn er ist mißbrauchbar und, einmal als absolut etabliert, unüberwindbar. Demokratie als technischer Appart, der verabsolutiert wird, endet zwangsläufig im Mißbrauch. Mißbrauch ist nämlich nicht nur eine Möglichkeit, sondern eine Unausweichlichkeit, weil kein technischer Appart ohne menschlich-transzendente Dimension des Sinns entsteht wie besteht. Das zu glauben ist unselige Frucht eines technizistischen Irrtums, der uns weismachen wollte, daß die Welt überhaupt nur in technischen Abläufen bestünde. Das tut sie aber nicht. Technik ist nur eine Hilfseinrichtung zu personaler Qualität.

Deshalb hat auch das Volk lange zugesehen, und geduldet, was an ihm geschah. Denn es konnte sich nicht vorstellen, daß sich die Dinge überhaupt so gravierend ändern lassen (und hätte das auch nie gewollt, denn das Volk ist immer wesentlich konservativ, möchte sein kleines Leben leben und darin möglichst nicht gestört werden), wie sich nun aber herausstellt. Indem Änderungen ein gewisses Maß überschritten haben, das in den Lebensbereich jedes Einzelnen eindringt, der noch von diesem Volk abhängt.

Und mit einem Schlag offenbart sich ein Bruch, der bisher nur von ganz wenigen - genuin Außenstehenden: Künstlern, Philosophen, heiligen Geistern - gesehen weil eben geistig (und damit nicht sinnlich direkt wahrnehmbar) war, und es offenbart sich eine Gesellschaft, die in sich tief gespalten ist. Der Graben läuft dabei nicht durch Vereinzeltheiten, auch deren Nachrangigkeit wird deutlich, sondern nach ganz grundsätzlicher Art. Plötzlich stelt sich heraus, daß es zur Entwicklung eines Establishments gekommen ist, das sich als Elite behauptet, weil es diesen Technizismus als oberste Maxime sehen "kann" - also verbildet, lebensfern genug dazu ist - und entweder nur noch so denken kann, oder nicht mehr begreift, daß ein guter Teil der politischen Kräfte diese Technik dazu benützt, um eben persönliche, ideelle Fundamente zu erschüttern und durch neue zu ersetzen.**

Es ist also auch eine Bildungskatastrophe, die sich nun zeigt. Denn Bildung wurde zur institutionalisierten Gleichschaltung auf die Linie des Technizismus zum einen, der ideellen Herrschaft auf der anderen Seite. Und plötzlich sieht sich der Bürger des gesunden Hausverstandes, der Essenz eines normal gelebten Lebens, in gar nicht mehr verbalisierbaren, aber grundsätzlichen Differenzen zu jenen Teilen des Landes, die ihn beherrschen. Und es ist zu einer Herrschaft geworden, was die Eliten, das Establishment organisiert haben. 'Sie sehen sich auch aus moralischen Überlegenheitsgefühlen jedes Recht, den anderen Teil der Gesellschaft zu manipulieren, "zu seinem Heil zu zwingen". (Politik wurde zum social engineering.)

Die Nähe zwischen totalitärer Plutokratie und autoritärem, zentralistischem Absolutismus ist nur von außen unterschieden. Beide werden von denselben Sichtweisen getragen, wie Gesellschaft funktionert - als Apparatus, als bedienbare Maschine, in der jeder Einzelne (des Volkes) nur noch zum funktionalen Rädchen wird, das im Ganzen aufzugehen habe. Dieser tief geistige, einem lebendigen Organismus todfeindliche Bruch, der nicht zu Entwicklungen "dazukam", sich "entwickelte", sondern von Anfang an vorhanden war, wurde lange Zeit versteckt, verheimlicht, und den zu sehen durch den Sozialstaat (der rein politische Funktion hat, nicht im Interesse des Gemeinwohls ist - ein schwerer Irrtum!) und damit sinnlich-gefühlte Lebensbefindlichkeiten verhindert wurde.

Und die Plutokratie, getrieben von Machtwahn (denn Macht "heiligt" - das ist das Wesen der Religion als der einzigen Grundbestimmung menschlichen Daseins), hat nach und nach auch nach der Sprache gegriffen. Erst in der Umdeutung bestehender Begriffe ("Vernunft"), und dann in direkter Wirklichkeitsrezeption durch Moralisierung und Veränderung der Sprache selbst, auf das sie als Realitätsinstrument unbrauchbar werde. Damit ist der Mensch endgültig gefangen und eingekerkert, denn seine Vernunft (die für die überwiegende Mehrheit des Volkes in das Volksein selbst eingebettet, mit diesem untrennbar verbunden ist) ist nicht mehr in der Lage, die Türen aus diesem Gefängnis zu finden.

Diese technizistische Sicht einer Gesellschaft, die sich wie ein Panther vor 700 Jahren erhob, seit spätestens 500 Jahren an Europa heranschlich, ehe er vor 200 Jahren in der Aufklärung zum tödlichen Sprung ansetzte, ist so weit gediehen, daß selbst vermeintlich bürgerlich-liberale, ja in gewisser Hinsicht mit dem Konservativen liebäugelnde Gruppierungen, deren Aufgabe wachsame Opposition wäre, nur dort Kritikpunkte sehen wollen, wo dieses Ganze nicht mehr funktioniert. 

Opposition wird somit zur bloßen Forderung nach dem besseren Funktionieren dieses mechanistischen Ganzen, schöpferische Freiheit, Geist zur Privatangelegenheit, die das Ganze aber niemals stören dürfe. Das doch in einem gesunden Staatswesen und Landesvolk nur genau daraus lebt und gestaltet wird, das also diese Trennung von Weltanschauung und Staat gar nicht kennt. 

Man spricht zu Recht von einem Bruch, der unsere Länder und Völker durchzieht. Aber es ist kein Bruch, der plötzlich entstanden ist. Es ist ein Bruch, der im Geiste seit langem vorbereitet war und geschehen ist, und nun aber sichtbar wird.  Und es ist tatsächlich ein Bruch zwischen Volk und Herrschaft. Es ist ein Bruch zwischen einer Heilsutopie und jener alles umfassenden Realität, die einzig ein Volk trägt und die von diesem getragen wird.




*Das Widerstandsrecht ist im germanischen Recht tief historisch, und gerade dieses ist religiös motiviert.

**Deshalb befinden wir uns heute in der schwierigen Situation unterscheiden lernen zu müssen, welche Bereiche der Wirtschaft diesem Technizismus entspringen und dienen. Denn nicht zufällig ist die ummenschlichstes Form des Lebens und Arbeitens - die entmenschte Arbeit des Hochkapitalismus - auch mit der Linken nicht nur kompatibel, sondern dient ihr nachgerade. Nirgendwo war die Industrie derart perfektioniert wie im Kommunismus, ja jede Arbeit, jedes menschliche Tun wurde dort zur industriellen Funktion. 

Die rein kapitalbasierte Industrie - Unternehmen ohne persönlich-schicksalhaft verhangenes Unternehmertum, deren Tatenrisiko also immer auch das persönliche Risiko der Unternehmenden ist -  hat deshalb auch heute die größte Nähe zur Linken, und wie diese breitet sie Nebel über die Menschen, um die Unterschiede nicht zu sehen, und mißbraucht die Sprache, um sich als ein Wirtschaften darzustellen, das es nicht ist. Weil es Freien Markt mit sich selbst gleich behauptet, weil es Freien Markt (in den der Staat nur dort punktuell und temporär einzugreifen hat, wo er diese Freiheit verliert und zum Machtinstrument weniger wird, wo er dazu dient, manchen die Freiheit zu rauben, denn der Mensch ist immer zur Sünde geneigt) mit Kapitalismus gleichsetzt. Auch hier gilt es deshalb sehr zu differenzieren. Denn natürlich geht es nicht PRINZIPIELL gegen die industrielle (hoch arbeitsteilige) Produktion, die eine wertvolle kulturelle Errungenschaft ist. Die aber auch das kulturelle Umfeld, die entsprechend hoch sittlichen Menschen braucht.

Dazu gehört vor allem, daß Unernehmertum IMMER nur in jenem Umkreis möglich sein darf, mit und in dem der Unternehmer selbst persönlich verwurzelt ist. Ein Entfaltungsumfeld, in dem der Unternehmer den Menschen, und diese ihm etwas (Persönliches) sind. Industrie wird in dem Moment zum Übel, wo es persönliche Verbindungen nicht mehr kennt und eine Unternehmung als bloßen technisch-mathematischen Apparat benutzt. Dann kann ein Unternehmen aber durchaus sehr groß und überregional werden, ohne daß es das Gemeinwohl verletzt.

Welche Unterscheidung leider nicht passiert. Dabei wäre es höchst an der Zeit! Denn schon ist das Übergewicht der Linken zu bemerken, die das Unbehagen der Menschen in eine Erzählung drängen, die in die nächste Utopie drängt und die Beseitigung der Freiheit zum Ziel hat. Denn eine Geisteshaltung, für die die Welt nur Nutzwerkzeug ist, deren Güte nicht in sich selbst als Gut gründet, ist alles nur Mittel zum Zweck. Und diese Haltung, die die Linke mit dem realen Islam auffällig teilt, hat den Cocktail der Empörung, der aufgebrochen ist, bereits jetzt zu einem bitteren Gesöff verdorben.




*230616*