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Mittwoch, 6. April 2022

Bei der Lektüre von Johannes de la Crux (2)

Im Punkte 2 steigen wir freilich zuersten noch einmal zurück - Verharren wir also noch ein wenig im ersten Punkte, den wir bereits begonnen. Und bedenken wir eine Bemerkung von Johannes höchstselbigst, wo er da schreibt, daß es an allen möglichen Ratgebern und Seelenführern vielleicht nicht so sehr mangelt, das war im 116. Jahrhundert nicht anders als es heute, ja gerade heute ist. Es gibt ganze Buchhandlungen, die nur Bücher zu dem Thema führen. 

Aber wie viele davon richten mehr Schaden an, als Nutzen Wie viele hindern mehr, als sie fördern. Wie viele werfen einem Prügel vor die Füß, anstatt einem über Steine zu helfen. Und wie viele drücken einen an einen Stein, den man doch nie küssen sollte, weil er längst hinter einem liegt - und wie viele machen eine Selbsteinschätzung möglich, in der man manchen Steinen um Weltenalter voraus ist, während man doch noch nicht einmal ihren Sockel kennen gelernt hat. Und wie viele Menschen haben Gnadengaben, die eine so ganz andere Behandlung verlangten, als anderen zuteil werden hätte sollen, die sie aber vielleicht nie erkant haben, udn auch nie jemanden kennen lernten, der sie hätte erkennen KÖNNEN.

Und vor allem, wollen wir hinzufügen, erkennen WOLLTE. Denn wenn wir vom Orte sprechen, auch hier und auch den Schriften des Hl. Johannes vom Kreuz folgend, dann haben wir es hier überall mit FRAGEN DES ORTES zu tun. Und Fragen des Ortes, diese heute vielleicht am allermeisten unbekannten udn verkannten Fragen, weil sie WIRKLICH ALLER LEBENSWEISSHEIT, die sich heute so nennt, IN IHRER WURZEL WIDERSPRECHEN, nicht nur bei Männern, noch weit mehr sogar bei den Frouwen, den Herrinnen, diesen aus der Seite Adams Genommenen, diese Fragen des Ortes berühren die schwersten Wurzelübel der Gegenwart. Die da NEID heißen, die das EHRGEIZ heißen, die da BEDEUTUNGSWILLEN heißen, die da STREBSAMKEIT heißen (im irdischen Sinne gemeint), die da VON ALLEM MÖGLICHST VIEL heißen, die da GIER und HEUCHELEI heißen.

Die da GUTSEIN heißen, in dieser und jener Form, was doch gefälligst jeder zu erkennen habe, immerhin IST MAN DOCH freizügig, selbstlos, hergebefreudig, spendenbereit, hilfsgroßmütig und großzügig. Man kriegt es sofort un jederzeit schwarz auf weiß. Wobei wir hier, ich geb es zu, bei diese Zeitkleidern sind, die die grunlegenden Tugenden so gerne annehmen. Deren es seltsamerweise nicht so viele gibt, und die sich noch merkwürdigerweise so gar nicht geändert haben, über all die Jahrhundert- und -tausende.

Ich erkenne schon, sagt einmal ein berühmter Schriftsteller (er lebt noch; nein, ich bin es nicht! denn der Schriftsteller ist eine Frau, ich werde da sicher noch etwas mehr von ihr bringen), woran es bei mir mangelt. Ich sehe, wie dumm ich bin, sagt sie sogar, und daß ich nichts kann Aber das, sagt sie dannn, das darf ich mir sagen. Ich darf mir sagen, daß ich den Nobelpreis nicht verdient haben, daß es diesen oder jenen gibt, der das viel mehr verdient hätte, ja und um wie viel mehr! Aber DAS DARF ICH MIR SAGEN. Wehe, wenn es mir jemand anderer sagt. Worauf wir doch glatt antworten: Sehet ihr? Das meinte ich. Denn das ist dann genau nicht die Demut der Selbsterkenntnis. Das ist die Koketterie des verbergten Hoehmueths.

Es herrschte wohl damals nicht weniger als heute also an guten Seelenführern, sagen wir es gerade heraus, weil Johannes an anderer Stelle etws ganzh Bedeutsames noch sagt, zu diesem Thema: Daß der Seelenführer, der Ratgeber zur Vollkommenheit, alles das und noch mehr ERFAHREN HABEN muß. Sprechen wir es an: Er muß eigentlich auch so irgendwie ein Heiliger sein.

Gut, nun aber wird es wohl reichen, um im nächsten Teile zum nächsten Punkte voranzugehn. Außer es fällt uns bis morgen noch etwas ein. Denn da war doch noch etwas, das vorhin so im Magen gekratzt hat, wo es beim Dahinfahren auf der Textgeschleuderei so ein wenig geholpert hat ...



Ein technischer Hinweis: Dem hier also denn begonnenen Vorhaben, das zu einem wirklichen Ende zu führen wir natürlich gar nicht hoffen, weil der Abstand zur Erfüllung so eines Vorhabens rein qualitativ dermaßen groß und weit scheint, daß es schon wirklich eine unverfrorene Hoffnung auf eine Hand des Geistes geben müßte, die meine Hand wahrhaftig genug machte, um der Sprache des Heiligen folgen zu können, um dann immer noch an dessen unfaßlicher Höhe zu zerbrechen zu fürchten, in der ihm aus Gottes Gnad und - (ja, wieder, wie fürcht ich genau das, sodaß ich mich wiederholen möcht: 

Ich geb''s durchaus fünf Kategorien drunter, Herre Gott, weil ich noch in so viel von dieser Welt verliebt, vernarrt und verschmust bin, daß es mich erst recht gruselt daran auch nur zu denken, das alles aufgeben zu sollen. Drum nehm ich mir gar nicht vor, bis weit zu kommen, oder, näm, wär da nicht was geschehen, über das ich vielleicht noch berichten werde, warten wir's ab, sonst: erinnern Sie mich, ja, werter Leser, sollt ich's vergessen?) - also, noch mal: Dem hierbegonnenen Versuche liegt eine Textfassung der Übersetzung der Schriften des Hl. Johannes vom Kreuz zugrunde, die dem Text der fünfbändige Ausgabe der Münchner Theatiner-Klosters aus dem Jahre 1937 folgt. Und ich sag es gleich: Es gibt eine ganz aktuelle Neuübersezung seiner Schriften, und wohlfeil ist sie auch noch! 

Aber ich sag es noch ehrlicher: Ich vertraue ihr nicht. Nicht, weil die mir vorliegende Ausgabe von einem Pater Ambrosius begleitet und eingeleitet worden ist. Diese Namensgleichheit ist sicher zufällig. Sondern weil ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, daß das HEUTE jemand übersetzen KANN, ohne von so vielen der schon erwähtnen Unsinnigkeiten und Verdrehungen angekränkelt zu sein. Übersetzen heißt ja viel mehr als nur "Worte übertragen, Gebrauchsschema und Wörterbuch XY genügen". Es ist ein Erfassen der Sprache der Sprache. Also mußu er Übersetzer tatsächlich zumindest geahnt haben, was Johannes erfahren haben könnte. 

Wenn ich mir dazu noch die mir bekannten Ordensleute vor Augen stelle, die - und wer sollte das sonst können, denn da braucht es ja eine Kontemplation, die ein normaler Pfarrer oder Kirchenamtsträger wohl nie im Leben aufbringen kann, will er nicht sein Amt vernachlässigen, also seinen Ort verlassen - ich kenne, kann ich es mir noch weniger vorstellen. 

Ausschließen freilich kann ich es nicht. Aber nur um das auszuprobieren habe ich das Geld nicht, um mir auch nur des Jux wegen eine zweite Ausgabe zuzulegen. Zumalen mir die Sprach meiner Ausgabe zhiemlich gut gefällt, und ich sie auch für ziemlich biegfähig halte, also - dem Heute anpaßbar, ohne den Inhalt zu verbiegen. Also: Ich rate zu der erwähnten Ausgabe. Und die gibt es vielleicht sogar recht günstig, so nicht vorhanden. Weil so mancher - zack! juhu! endlich! - auf die neue Ausgabe draufgehüpfet ist, und die alten, ihm vorliegenden, von Vorgänger Bronzualprior Juxtus von Lebensdümmel geerbten fünf Bände nun um ein paar Pfennige mit einem kräftig drübergesprenkelten Gotts-Danks! abstößt.