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Dienstag, 12. April 2022

Man nannte sie "Rus" (2)

Man lernt eben nie aus. - Wer das Christentum als "Lehre" auffaßte, als Lebensweisheit, Weg zu einem guten Leben und vor allem viel Gutmenschentum, der fühlte sich immer schon überlegen. Das war dann so "vernünftig", und die Verünftigen haben die Aufklärer beileibe nicht erfunden, sie waren sogar in dieser Attitüde des Vernunftbezuges (und der Freiheit des Individuums) ihrer Grundgeste gleichgeblieben: Unverstnadnes Christentum. 

Das in Wahrheit natürlich Katholizismus war, der ja das Christentum als Teilmenge enthält (und nicht umgekehrt, wie es fälschlicherweise heute meist verwendet wird.) Aber die "Vernünftigen" waren schon immer nicht nur die "verfolgte Mehrheit", sondern so voller Irrtümer und Widersprüche, daß man gar nicht fertig wird, wollte man sie aufzählen und gar ordnen.

Das ist schon oft, ja sehr oft versucht worden, und oft sogar richtig tauglich und gut, wie mit der "Summa contra gentiles - Summe gegen die Heiden" durch Thomas von Aquin. Die so frisch und modern daherkommt, daß es so manchem die Gehirnwindungen durchputzen könnte wie nach einer kräftigen Prise schärfsten Seemanns-Schnupftabak. Aber der Irrtum ist eben kein Verstehensproblem, nicht zuerst zumindest, sondern eines einer individieullen Entscheidung und Charakterdeformation, die sehr menschlich ist, sozusagen, und das macht ihn auch unausrottbar, weil er mit jedem, wirklich jedem Menschen auch neu auftritt. 

Der eine aber läßt sich nicht über den Tisch davon ziehen, der andere benutzt die Rationalisierung seiner feststehenden inneren Geste gerne, so unterscheiden sich die Menschen eben. Jeder, dem eine Laus über die Leber gelaufen ist, findet dann seine "Gründe", warum der Katholizismus, der von ihm etwas verlangt (auch das trifft man immer wieder und wieder an, und jeder glaubt dabei, er habe das erfunden) das er nicht geben will, das genaue die eine welche Mühe kostet, die er nicht leiste will, ein Haufen gequirltes Schietenpürree ist.

Und natürlich von Anfang an falsch verstanden worden ist, weshalb er sich nur mit viel Gewalt und noch mehr Dummheit Jahrtausende frisch halten konnte. Aber seien wir froh, zu allen Zeiten kamen die, die es JETZT ABER ENDLICH GENAU WUSZTEN, und ihr Leben der Mission widmeten, darüber aufzuklären.

Wo waren wir? Ach ja ... beim Gesandten des Kalifen, beim Postminister und seiner Schrift, der er den schönen Titel "Buch der Straßen und Königreiche" gab. Damals war eben Poesie und Information noch nicht getrennt, und deshalb ist dieses schöne Buch auch so informativ, und hat sicher schon damals auch den Kaufleuten und Reisewilligen die Welt erklärt. Gesagt, wo sie womit rechnen müssen, wie es mit den Stromschnellen am Dnjepr aussieht, wo man ausladen, wo man die Einheimischen fürchten sollte, und warum einen die Ural-Bolgaren so gerne aufnehmen. imd (höchst interessant!) was diese auffälligen Nackenringe der Wikinger bedeuten, die sich in so vielen Gräbern von Wikingerfrauen finden.

Sie sind nämlich klare Anzeiger des Wohlstands, und damit des vermeinten gesellschaftlichen Status. Wer 10.000 Silberstücke hatte, der ließ sie (so die Fama) zu so einem Reifen umschmelzen. Was natürich nicht stimmen kann, denn dann wäre ein Reifen auf 3 Kilo Reinsilger gekommen. Und bei oft zehn, fünfzehn und mehr Nackenringen hätte sich so manche Wikingergattin bei ihrem Göttergatten schön für seine Tüchtigkeit bedankt.

So nebenbei: Wir müssen sehen, daß diese "Wertschätzung" von Münzen bereits ein recht spätes, fast möchte man sagen: dekadentes Phänomen ist. Der Symbolwert des Geldes ist bereits verweht, und stattdessen hat sich ein neuartiges Wertmessen durchgesetzt. (Kauf, Handel ist als menschliche Handlung einem Opfer so ähnlich, daß man es fast als dasselbe Schema bezeichnen muß. Und erst durch Fernhandel entstehen Medien wie Münzen.

Auch die Vikinger wie wir sie kennen und archälogisch erkennen haben bereits gewogen, und Münzen wurden nach Gewicht und Silberwert eingestuft, nicht nach dem Symbol, für das sie einst standen. Die Waage spielt also bereits eine große Rolle. Und damit die sehr materielle Gier! Ich meine, daß sich die extreme Gewaltbereitschaft der Vikinger, sich Wohlstand buchstäblich zu rauben nur (!) so erklären läßt. Wird Geld gewogen und gezählt, beginnt es ein Raubmedium zu werden.

Natürlich habe auch ich diese Weisheiten insofern aus Büchern, als Bücher "Material" sind. Man kann menschliches Schicksal und Wesen darin finden, wenn man weiß, wonach man suchen muß. Die Eigenleistung kann nie mehr sein als so ein Ordnen, und zwar im Sinne eines Intergrierens in ein gleichermaßen übernommenes Ordnungssystem. Unsere ethische Verantwortung dabei ist das geläuterte Durchschauen der Zeitphänomene. Dazuu finden wir Belege in der Geschichte. Und Geschichte ist weitgehend eine literarische Wissenschaft.

Wissen selbst ist das Erben von einem immer nur zu Erhaltenen, darauf sollte man sich also nie etwas einbilden. Es ist ein Geschenk, durch das man, sozusagen, am unendlichen Ring der Wahrheit teilnimmt, und damit letzltich also an Gott selbst. Wäre in Gott nicht Wissen, wüßten wir NICHTS.

In diesem Fall habe ich einges Weitere um die Vikinger der Lektüre von "River Kings" von Cat Jarman entnommen, und nun in einem nächsten Zwischenschritt wieder einmal zusammengerufen und geordnet. Ich glaube, ich habe aber sogar über dieses Buch bereits berichtet. Das zwar nicht wirklich ein neues Wikingerbild erschafft, aber eben auch zusamenfaßt, und dabei tatsächlich vieles gerade rückt, wie es verspricht, vieles vor allem "normaler", begreifbarer macht, in seine Zeit einbettet und damit sogar Gegenwartsbezüge erkennen läßt. Denn nur dazu liest man ja. Nur dazu schreibt man.

So, wie eben alles in seine Zeit gebettet gesehen werden muß. Das heißt nicht, daß sich auch die absolute Bedeutung der Dinge danach relativiert, das heißt es keinesfalls! Es heißt aber, daß die Emanation dieser absoluten Dinge und Archetypen und Ewigkeitsbilder in einem unendich komplexen Wechselspiel mit allen übrigen Dingen gesehen werden muß. Jede einzelne Handlung hat dann ihren Konnex, und ohne ihn wäre sie nicht (und nicht so) entstanden. So erzählt die Geschichte nicht, was "Neues" in die Welt gekommen ist, sondern wie sich die Dinge mal hier mal dort besser oder schlechter zeigen konnten oder gar um Luft ringen mußten.

Und so gesehen, waren die Wikinger keineswegs eine Ausnahme unter den Völkern der großen weiten Welt der Jahrhunderte zur ersten Jahrtausendwende. Sie waren durch ihre Herkunftsregion Skandinavien vieles an hartem Leben gewöhnt, was ihnen dann für ein Leben in den harten und wirklich "unendlichen" Weiten Zentralasiens höchst nützlich und vonstatten war. Dort hat es sie sogar überlegen gemacht. 

Es gibt glaubwürdige Berichte, denen gemäß so ein Wikinger, der seine Umgebung um einen halben oder ganzen Kopf überragte, und der dermaßen kräftig, gewandt, und von den Zehen bis zu den Fingerspitzen (blau) tätowiert war, daß es jedem die Gänsehaut auftrieb, der ihm gegenüberstand, Berichte also, denen gemäß so ein Schweden-Hüne dreißig, vierzig Feinde erschlug, ehe er noch auf einen Baum kroch, und sich dann dort oben mit fünf, zehn Schwertstichen (!) selbst (!) abmurkste, um nur ja nicht als vom Feind besiegt zu gelten.

Morgen Teil 3)


Erstellung 06. April 2022 - Ein Beitrag zur