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Freitag, 29. April 2022

Wir können aber nicht nicht-zeugen

Der Zeugungsakt liegt zwar im unbedingten Wesen und damit im existieren immer daseienden Wesensvollzug unseres Menschseins, ja des Seins aller Lebewesen, aber er utnerliegt nicht deren bzw. unserer Machbarkeit, das heißt, wie können ihn icht willkürlich beeinflussen, was heißt: nicht nicht-wollen, nicht abstellen. Gott wollte nicht, daß wir auch noch vom Baum des Lebens essen, denn dann hätten wir vermutlich nie mehr zum Leben selbst gefunden. 

Zur Wahrheit können wir (stets freilich nur im Gehorsam dem göttlichen Wort gegenüber, dieser Textur des Seienden) noch finden, wenn es auch sehr mühsam ist, weil wir gewissermaßen gegen unsere faktsiche Natur ankämpfen und sie überwinden müssen. Aber beim Leben wären wir gewissermaßen immer "zu spät" gekommen: Wir wären schon tot gewesen, ehe wir noch einen Akt hätten setzen können, der uns zum Leben führt.
Vielleicht ahnen wir die Dimension dieser unserer Wesensart, wenn wir uns vor Augen führen, daß Gott, indem er dem von ihm geschaffenen Menschen (bzw. allen Lebewesen) diese Verfügung über diesen eigentlichsten Akt des Lebens übergeben hat, so sehr wie sonst vielelicht nirgendwo eine Wesensart von ihm selbst in unsere Hände gegeben hat. 
In dem Gott wesenhaft eingebunden ist, freilich ohne uns letztendlich die volle Verfügung darüber zu geben: Sein Herabneigen, um einen neuen Menschen "nach seinem Abbild" zu schaffen, ist ein direkter Gnadenakt.
Der kleine Bruder des Zeugungsaktes ist der des Schaffens im Werkhaften. Aber anders als im Setzen eines "Abbildes von uns", im Zeugen (und seinem Pendant, dem Empfangen), enthält er uns verklausuliert, weniger spezifisch, und sogar noch eine Dimension unter dem des Zeugens. Denn das Werkhafte ist nie ein "ex nihilo", ein "aus dem Nichts", sondern ein in der göttlichen, freudenhaften Kraft der Phantasie stehendes Entfalten eines Potenzhaften. In diesem "Neuen", in dem sich uns ein bereits vorhandener, aber noch unerkannt gebliebener Raum des Schöpferischen Gottes entbirgt, vollzieht sich somit stets nur das Neuordnen des Vorhandenen. 

Das zeigt sich schon darin, daß das Werkhafte immer ein Antworten auf eine herantretende Anforderung ist. Die sich im Laufe eines Lebens, das mehr und mehr in den Gehorsam gefügt wird, bis es seine Meisterschaft in der Kunst findet: Die eben nicht mehr ein zweckhaftes "Können" ist, sondern ein spielhaftes "Wollen", ohne Nutzen, aber nicht ohne Sinn - sondern reiner Sinn. So hebt sich auch das Werkhafte BEINAHE (weil im Material freilich anders, nie auf der Höhe des Menschen stehend) zum Urheber-schaftlichen der Zeugung.

Das Werk, das unserem Handeln entspringt, enthält uns als seine Zweitursachen nur spurenhaft. Im Gezeugten, im Sohn, sind wir aber so sehr erkennbar, daß aus dem Sohn auf den Vater geschlossen werden kann. Eine sogar recht "einfache" Alltagserfahrung, die im "Ganz der Vater!" sogar eine Art "Gebet des Lobpreises" enthält.
Man kann aber nur dann von einem KÖNNEN sprechen, wenn man etwas auch NICHT können kann. Insofern ist auch die Zeugung keine Schaffenshandlung, sondern eben - eine des Zeugens, des von sich selbst Zeugnis Ablegens, des Herausstellens aus sich. 
Auf daß der Sohn vom Vater zeuge, auf daß der Vater den Sohn als Innehaber der Vollmachten des Hauses (nach dem Vater) legitimiere. Nicht anstatt, aber in gleicher Weise ("eines Wesens") nimmt der Sohn die Stelle des Vaters, und sitzt auf dem Thron des Königs, als Richter und Herr alles Geschaffenen, weil der Vater Richter und Herr alles Geschaffenen, aber auch des Gezeugten ist.
Weil dieser Zeugungsakt aber so direkte Abbildhaftigkeit nach sich zieht, ist er auch mit dem Akt unlösbar verbunden. Deshalb braucht es auch keine willkürliche Zustimmung, wie bei einer Vergewaltigung, sondern im Geschlechtsakt selbst ist diese Zustimmung untrennbar enthalten, was sich im Orgasmus zeigt. Der die Freude des unbedigten JA am deutlichsten repräsentiert: Jedes Werkgelingen hat deshalb auch hier seinen kleinen Bruder, den kleinen Orgasmus in der Gelingensfreude.

Die wiederum eine Freude des völligen Hinaustretens aus uns ist, der Extase, also der Hingabe an das Begegnende, das Andere, das Du. So vollzieht sich im Fleischlichen, was das seinhafte Sein des Menschen ist - der im Du zum Ich wird, weil seine Vollkrft ind ie Welt stellt und damit als Gestalt sichtbar, erkennbar wird. 

Denn nicht nur wird er so erkennbar, sondern die Menschheit kann eins werden, weil sie sich erkennt. Denn Einswerden heißt immer ein Erkennen, wo wir aber nur ganz wir selbst sein können, wenn wir ein Wesensgleiches erkennen: Den anderen, das Du, in dem ein Ich enthalten ist, sich also mit dem Du auch zugleich selbst setzt.

Deshalb ist auch ein Akt der "Verhütung" ein so schwerer Akt gegen Gott, weil er sich direkt gegen das Wesen selbst richtet, und ablehnt: Im Sohn-Sein das Wesen des Vaterseins verneint. Weil dieser Akt so nahe "am" Wesen des Menschseins liegt, ist er unsere sinnlichen Wahrnehmung entzogen. Denn das Auge sieht sich nur, wenn es krank ist. Aber genau das zeigt, mit welcher Schwere ein Verstoß gegen diesen Zeugungsakt ist, der wie eine kleine, winzige Handhabung erscheint, und doch so dramatische Auswirkungen hat. 

Die gravierende, ja immense Schwere der Sünde der Verhütung ist nur abgeleitet vorstellbar, sicher aber nicht nachvollziehbar, wenn wir uns vorstellen, daß die Freude des Vaters über den (gehorsamen) Sohn, der sich im Sohn selbst feiert, sich an sich selbst im Opfer erfreut, dieser höchsten Vollendung des Eigenseins im Gehorsam. 

Als Sünde kommt sie in der Heiligen Schrift nur deshalb so wenig vor, weil eine derart gravierende Wesensverletzung (und das ist ja Sünde: Ein Verstoß gegen die Natur, die das Wesen eines Gesollten hat) nicht einmal vorstellbar gewesen ist. Weshalb es auch sehr lange für die Menschheit bzw. eine jeweilige Kultur braucht, bis sie überhaupt die Zusammenhänge zwischen Same-Ei und Zeugung erkennt. Das Normalste, Natürlichste ist am schwersten zu erkennen, weil es mit dem Eigenvollzug so untrennbar einhergeht.

Deshalb ist auch die Auswirkung eine der tiefgreifendsten, die vorstellbar sind: Es ist die Zerstörung einer Stimmung einer gesamten Kultur, die sich in der Verhütung den sicheren Tod gibt, indem sie ihre natürliche Gerichtetheit auflöst. Sie bricht ihre eigene Sinndimension, und zerbricht ihr Ausgerichtetsein, Das aber bedeutet eben - Tod: Das Nicht-Vollziehen des Lebens.


Erstellung 23. April 2022 - Ein Beitrag zur