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Freitag, 8. April 2022

Freizeitvergnügen Rüstung (2)

Und gib uns 2022 wie du uns 1938 gabst? Immerhin, eines scheint nicht gleich zu laufen. Oder sehen wir es nur noch nicht? - DAS ist es dann, das uns heute mit einem Lebensgefühl der Unsicherheit ausgestattet hat, das dem des Jahres 1938 so frappant ähnelt, wo man einen Krieg fürchtete, ja wo der durchschnittliche Deutsche insgeheim fix damit rechnete (ohne es freilich zu sagen.) Was man heute wie damals allen möglichen, ideologisch "erklärten" Ursachen zuschreibt, nur nicht der Realität: Daß wir einen immer gewaltigeren Anteil unserer Wertschöpfung der substantiellen Qualität eines Freizeitparks angeglichen haben. 
Wo es irgendwann nur noch darum geht, möglichst allen Eintrittstickets zur Verfügung zu stellen, koste es was es wolle. 
Es war etwa 1938 die Inflation, die den Menschen ihren Wohlstand madig machen wollte, es ist heute die Inflation, die sobald sie ihr Haupt erhebt, eine draufgeschlagen bekommen soll. Und damals, und heute: Koste es was es wolle.
Während der Idealzustand immer wieder hinausgeschoben wird. Noch einmal! - und dann doch: Noch einmal! - und dann doch: Noch einmal ... - Halt, noch etwas gibt es, das sich so verblüffend ähnelt. Denn heute wie damals verlagerte sich das Leben der Menschen immer mehr "unter die Oberfläche", unter den Radar des Staates und der mit ihmassoziierten Richtlinien. Und immer mehr an dem, was wir als Leben in der Gemeinschaft der Öffentlichkeit bezeichnen, ist nur noch seelenloses Getue, hinter dem niemand mehr mit innerer Überzeugung steht. Sondern das sofort fallen würde, würde der Staat "ein anderer" werden. (Siehe Anmerkung*) 

Wie in der DDR, hat sich unser Leben zu dem einer "Bückwarengesellschatt" gewandelt, wo das Eigentliche unter der Hand - "unter der Verkaufspudel" - geschieht. Man ist vorsichtig mit dem, was man sagt, und hält sich in der Öffentlichkeit, beim Kaufmann, im Freibad, in der Publizistik mit ehrlichen Äußerungen zurück. 

Alle wissen das. Auch Hitler und seine Eliten wußten es. Und sogar der SD, der Geheimdienst der Gestapo, war bestens informiert, man lese seine Berichte. Und natürlich wußten es die Menschen selber. Aber niemand sprach davon, und alle fügten sich der Ablauflogik des aufgebauten Scheinsystems. 
Und sogar die Begründung ist heute wie damals dieselbe: Wir befinden uns im Krieg. Wenn noch nicht explizit, dann wesenhaft. Sodaß alles Tun und Lassen zu einem Geschehen an der FRONT wird. Sogar die Terminologie ist die gleiche: Einer Gesellschaft, die sich ständig in einem Krieg befindet, und sich deshalb dieses Freizeitvergnügen leistet. 


Anmerkung* - Freilich gibt es vor allem EINEN gravierenden Unterschied, als etwas, zu dem ich bei bestem Willen keine Querverbindung zu heute sehen kann: Die Deutschen von 1938 haben ihr Unsicherheitsgefühl, ihr Mißtrauen, ihr still zu bleiben habendes Wissen (im Ge-Wissen), ihre Unzufriedeheit über ihre realen Lebensumstände (die so gar nicht dem offiziellen Bild entsprachen, wie es die Propaganda verhieß) vor allem deshalb schweigend hingenommen, weil es einen Punkt gab, in dem Hitler ganz ohne Zweifel immensen Erfolg hatte, der allen greifbar war: War der Bürger Deutschlands im Jahre 1918 scheinbar für alle ZUeiten gedemütigt und niedergetreten, verdammt dazu sich elend und böse zu fühlen, so Lebte der deutsche Bürger von 1938, nach nur fünf Jahren Hitler, in einem Staat, das die größte, dominierendste Macht am Kontinent war. 

Und das alleine war für alle ein Wunder. War man 1918 (und noch bis 1932) ein Paria in der Weltgemeinschaft, rechtlos und verachtet, WAR MAN 1938 WIEDER WER. Am Kontinent und in der Welt wurde zu ienem hochgeschaut, ob durch Propaganda oder nicht, ob aus Furcht oder nicht, was zählte es. Furcht hat ja noch mehr eine Form der Bewunderung.

Ein einziger Punkt ist nachträglich noch festzuhalten, der hier aufmerken macht: Dieser Höhepunkt 1938 war ZUGLEICH der Wendepunkt in der Haltung der späteren Feinde, vormalig bloß Gegner, also der Beginn des Abstiegs, wenn man so will. War der Antisemitismus weltweit gewissermaßen "Generalstimmung", so wurden die Reichskristallnacht am 8. November 1938 von den Hauptgegnern herangezogen (und Hitler war immer wieder dumm und unsittlich-plapperig genug, um anderen in die Falle zu gehen) um sich mit dem Brustton moralischer Empörung abzuwenden, und ... die eigene Aufrüstung, die Gegnerschaft zu Deutschland auf die Fahnen zu schreiben (real begonnen hatte sie aber ohnehin schon längst.)