Es war, schreibt Adam Tooze in "Ökonomie der Zerstörung" (über die Wirtschaft in Deutschland von 1933 bis 1945) im Herbst 1938 so vielen maßgeblichen Seiten klar, daß mit fiskalischen Maßnahmen eine Inflation nicht mehr länger aufzuhalten sein würde, daß sie den von Hitler nachweislich gewälzten Kriegsplänen für 1. Oktober 1938 nur ein schlimmes und kurzes Ende vorhersagen konnten. Die Rüstung hinkte den militärischen Plänen deutlich hinterher, und ein Kriegserfolg war damit fast sicher auszuschließen. Nur mit gemeinsamer Anstrengung schaffte sie es, Hitler davon zu überzeugen, daß er diesen Plan noch einmal (um ein Jahr) aufschob.
Dabie stellte sich als das größte Prolem dar, daß die reale Situaiton der deutschen Wirtschaft nur so schwer zu erkennen war. Durch die Gleichscahtlugn seit 1933 hatte sich einerseits die Partei bis in die letzten Winkel des Lebens vorgeschoben. Durch zahllose Interventionen und immer wieder kurzfristig notwendige Rettungsmaßnahmen, mit denen irgendetwas verhindert werden sollte, von dem man befürchtete, daß es diese oder jene für das Gesamtbild des "Erfolgsweges" schädlichen Folgen haben würde.
Dazu kam das immense Rüstungsprogramm, das schon 1936 nicht nur ein Viertel der Wirtschaftsleistung ausmachte, sondern dem über Preis- und Lohnregulierungen ein Rattenschwanz an weiteren Eingriffen gefolgt war. Immer mit dem Versuch, diese oder jene Folgen wegzudrücken, die bei einem "normalen" Wirtschaftsgeschehen eintreten würden oder in Gefahr standen, einzutreten. Und dann kam auch nochdie Instrumentalisuerung der Außenwirtschaft, deren Stellenwert für Deutschland in bloßen Zahlen gar nicht auszudrücken ist, weil es sich bei den notwendig und unumgänglich zu importierenden Waren um Rohstoffe handelte (Kautschuk, Salpeter, Eisen, Öl), auf die Deutschladn auf keinen Fall verzichten konnte.
1938 sah man sich nun in der Situation, daß es so gut wie unmöglich geworden war wirklich abzuschätzen, wie es um die Kaufkraft im Lande bestellt war. Denn es gab keine realistischen Daten mehr! Alle Preise,alle Einkommensdaten waren dermaßen komplex und verworren und widersprüchlich beeinflußt, daß man nur noch kurzfristig reagieren onnte. Dabei spielten die Devisen die größte Rolle, denn ohne sie konnten diese entscheidenden Güter erst gar nicht importiert werden.
Deshalb, so Tooze, muß man nicht nur die Reichskristallnacht unter diesen Vorzeichen sehen - sie sollte den emotionalen Boden für Enteignungsmaßnahmen bei Juden aufbereiten (welche Maßnahme dann aus verschiedensen Fehlkalkulationen und einer so komplexen Reaktion, daß man sie niemals hätte vorhersagen können, erneut ohne große positive Effekte auf die Zahlungsbilanz blieb) - sondern auch das strategische Ausrichten der möglichen Kriegsgegner (Entland, Frankreich, Sowjetunion) stellte sich darauf ab:
Denn die finanzielle Lage Deutschlands konnte diesen Ländern gar nicht verborgen bleiben, weil sie ja an deren stets kurzfristiger "Behebung" beteiligt werden mußten, sonst war der Zusammenbruch des deutschen Fiskus unvermeidlich gewesen. Also richteten sie sich darauf aus, daß ein Krieg gegen Deutschland nur über die Bande der Langfristigkeit gespielt werden mußte, um SICHER gewonnen zu werden. Zumalen die USA auf jeden Fall wirtschaftlich zu ihren Aktivposten zu zählen sein würde. Jedes Spekulieren damit, daß man einen kurzfristigen SChlachtenerfolg erzielen könnte, der dann alles beendete, war also sogar unklug und gar nicht notwendig. Hitler würde einen Krieg auf jeden Fall verlieren.
Jedem Verwirrer seine Verwirrung. Jedem Desinformierer seine Desinformiertheit - Aber worauf ich hier hinaus will ist das zuvor Gesagte: Die Folgen der unzähligen staatlichen Einwirkungen auf die Wirtschaft. Dadurch waren regelrechte künstliche Wirtschaftsblasen, künstliche Scheinmärkte entstanden, wo niemand sagen konnte, ob die überhaupt auf einem freien Markt oder einem solchen gegenüber auch nur irgendeine Chance hatten. Nicht nur das, war es ab einem gewissen Zeitpunkt gar icht mehr möglich, sich ein realistisches Bild über die Leistungsfähigkeit ganz Deutschlands zu verschaffen.
Denn man kann es drehen und wenden, wie man will - es bleibt eine Tatsache, daß die Rüstung, daß Krieg überhaupt ein reiner Konsumakt ist. Nicht nur das, er ist ein Akt der wirtschaftstheoretisch dem SPIEL zuzuiordnen ist. Wenn man so will: Deutschland hat ein Viertel seine rWirtschaftskraft IM FREIZEITPARK VERSCHLEUDERT. Nichts an der Kriegsrüstugn war "Investition", selbst der beste Panzer würde nach zehn Jahren rosten und bis dorthin zu nichts sonst gut sein, als zum Kriegführen, und kein Arbeitslohn war "Arbeitslohn", sondern nur kurzfristiges Konsummittel zur Nachfragestärkung.
Von der aber viel zu wenig blieb, das man als "nachhaltig" bezeichnen könnte. Selbst nicht in den Bereichen, die in Deutschland eine so große Rolle spielten (ein Viertel der Deutschen lebten am Land, und das in äußerst bescheidenen Verhältnissen), wie der Landwirtschaft.
Alles in Deutschland konnte nur "auf Zeit spielen". Das Ende würde aber irgendwann kommen, und zwar mit völliger Sicherheit. Der scheinbare "Erfolgsweg" war eben nur das: Schein. Im internationalen Vergleich, so Tooze, hinkte Deutschland deutlich hinter den USA oder England hinterher. Der Lebensstandard in England war deutlich höher, in Amerika sowieso, und der durchschnittliche Brite lebte deutlich besser, hatte deutlich mehr Wohlstand, als der Deutsche.
Auch hier also leidet unsere heutige (!) Meinung über das Regime der Nazis unter der Propaganda, die damals mit so ungeheurem Aufwand lief und ein Bild von der eigenen Gesellschaft kolportierte, das einfach nicht der Realität entsprochen hat.
Was aber können wir davon mitnehmen? Daß wir in gewissen Hinsichten in einer sehr ähnlichen, ja in einer erschreckend ähnlichen Lage sind. Denn auch wir haben durch die "Ökologie-"Bewegung bzw. durch ideologische Ausrichtung - Gleichschaltung - die vor allem in den letzten Jahren so katastrophal durchgezogen wurde (auch Corona muß man so einordnen), auch wir haben es mit einem Staat (Sozialstaat) zu tun, der sich in die kleinsten Lebenswinkel hinein ausgebreitet hat, daß jede fiskalische Maßnahme scheitern MUSZ. Japan hat es längst vorgezeigt, wie dann die Politik jede Richtlinie verliert, nach der sie noch agieren könnte. Es bleibt nur noch kurzfristiges Reparieren von Löchern, die auftreten, um ein "Weiterlaufen" zu ermöglichen, koste es was es wolle.
Niemand aber kann noch vorhersagen, wie sich welche politische Maßnahme auswirkt. Gleichzeitig fehlt der Politik und fehlt den Eliten immer mehr das Vertrauen, ob eine Volkswirtschaft, die "wieder in die Freiheit entlassen wird", üoberhaupt noch in der Lage ist, zu stehen. Denn zu viel (man denke alleien an die Autoindustrie in den letzten fünf Jahren, aber tendentiell bereits seit dreißig, vierzig Jahren, die ohne Staatsmaßnahmen im Grund ebereits erledigt ist, oder der Energiesektor, der alleine sich auf jeden Winkel des Lebens auswirkt) wurde bereits durch Gesetze eingegriffen, die Nachfragen und Angebote schufen, die ohne staatliche Förderungen zusammenbrechen würden.
Es war 1938 so, es ist heute so: Die großen Unternehmen wurden bei Laune gehalten, weil der Staat sie brauchte. Denn der Etatismus der ständigen Eingriffe und künstlichen Märkte wurde von ihnen stillschweigend akzeptiert, solange ihre Gewinne hoch blieben. Dieses Parameter wurde also bei allen staatlichen Eingriffen penibelst berücksichtigt.
Und sei es durch direkte Zuschüsse, "Förderungen", verborgene Umweggewinne, Forschungsbeihilfen, Bevorzugungen wie bei Rohstoffzuteilungen oder Ausschreibungen, außenpolitische Interventionen, die die Gesamtpolitik des Staates aber korrumpierten, usw. usf.
Morgen geht es weiter mit Teil 2) Und gib uns 2022 wie du uns 1938 gabst? Immerhin, eines scheint nicht gleich zu laufen. Oder sehen wir es nur noch nicht?
Erstellung 03. April 2022 - Ein Beitrag zur