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Freitag, 8. April 2022

Bei der Lektüre von Johannes de la Crux (3)

Also war da dieses Rumpeln - Doch ehe wir uns noch darauf einlassen, ist es an uns, für etwas um Verzeihung zu bitten. Denn wenn ich ehrlich bin so lag es schon auf der Hand, bereits am dritten Tag dieses Vorhaben als eitel und unerfüllbar abzubrechen. In die Kniee zu gehen vor der simplen Frage, ob denn da alles das, von dem ich gemeint hatte, es wäre weil es Schmerz gewesen auch das Absterben der Sinne, wie es Juan de la Crux als erste und grundlegendste Eigenschaft anführt, von wo weg der Weg erst ein Weiterschreiten auf den Berge Karmel, also zu einer betrachtlichen Lebensführung überhaupt wäre, so glatt mit einem NEE zubeantworten wäre, daß alles weitere nur noch eitles Gegackere sein könne.
 
Denn genau das war jadieses Rumpeln, von dem ich berichtet. Dieses Erkennen, daß es noch so viel geben dürfte, an dem ich mehr hänge, als an der reinen Liebe zu Gott, daß sich doch alles weitere erübrigte. Und wie ich so das denke und denke, da ist es mir auch schon, als wollte alle Kraft versiegen. Ich ging also nieder, noch einmal, und lag beinah ausgestreckt am Boden. 

Viele Stunden ging das so, und als ich einen langen Artikel statt dessen nach ein etlich Stunden, in denen schon viele Seiten gediehen waren, und in dem es um politische Dinge ging, als Fingerübung gewissermaßen begonnen in der Hoffnung, das weitere Schreiben würde daraus hervorspringen wie ein vom Staub befreiter Mauergecko, verwarf weil ich erkannte, daß die Grundidee nicht gestimmt hatte. Sodaß ich vielen Seiten und Worte und Gedanken mit einem einfachen Tastendruck wieder vom Boildschirm löschte, auf daß es nie mehr gelesen werden könne weil nicht mehr exsitierte. Nur das Gute am Text trug das Kriterium, daß es zu sagen gewesen wäre, aber es muß sich für einen späteren Moment aufbewahren und weiter im Herzen herumspuken. Ich aber war entmutigt und enttäuscht. Alle diese Stunden - umsonst. 

Dabei fehlte mir nun erst recht die Kraft, mich wieder Sancte Juan zuzuwenden. Schon sah ich mich schäbigstem Hohn ausgesetzt. Da fiel es mir auf: Das war doch dieses Rumpeln gewesen? Das sich trotz der so trostreich verbrachten Abendmesse zum gestrigen fünften Fastensonntag - Jesus schrieb am Boden, berichtet ein anderer Sanct Ioannis, und baut darin immer dichter das Erfühlen der Situation Jesu. In der ihn ein immer dichterer, ohnmächtigerer Haß der Juden umschloß, die sich einerseits so voller Gegengründe, anderseits so voller Schuldbewußtsein sahen. 

Denn, so heißt es ja in klugen Deutungsbüchern, Jesus habe da der PHarisäer eigene Sünden auf den Boden geschrieben, die da ein Eingreifen in ihren Scheindisput provozieren wollten, um ihn dann aufzuplatteln, wie es der pommersche Dialekt sagt. 

Und ich sah ihn vor mir, den Herrn und baldigen Erlöser, wie er da auf allen Vieren auf diesem Platz kroch, und erst dieses, dann jenes schrieb, was jeder angerichtet hatte, und von dem sich die Schriftgelehrtene einfach nicht erklären konnten, wie überhaupt jemand davon Kenntnis erlangen hatte können. Hatten sie es soch selbst schon so erfolgreich vergessen. Diese also mußten fast ihn hassen, und zwar immer wütender, blindwütiger. Denn er könnte sie sogar bloßstellen, das war ihnen erschreckend vor die Augen gekommen. 

So baut sich also die Erlösunhgstat auf, von Tag zu Tag mehr, in diesen letzten Tagen vor Palmsonntag, dem Auftakt zur Kreuzigung. Dieser Zuspitzung stand eine andere gegenüer, die der Wunder, die er vollbrachte. Der Heilungen, der Brotvermehrungen, der Totenerweckungen. So historisch wie das Husten des Nachbarn vor den Nachrichten um halb acht, denn was hätte es sonst für einen Sinn gehabt, so von ihm zu denken, ihn für den Messias zu halten, wenn sich nicht erfüllt hätte, von dem Jesaia schreibt: Blinde werden sehend, Lahme gehend. 

Wie zu Zeiten des Mose durch das Mannah, hatte der Messias gar das Volk genährt. Und dieses dann doch gemieden, denn, so steht es geschrieben, "er durchschaute sie." Er erkannte, daß sie ihn in ihre Gewalt bringen wollten. So einen Wunderheiler, so einen Brotvermehrer im Talon zu haben, wer hätte das nicht gerne? Die heutigen Judaisierer warten ja noch heute auf genau so einen Messias. 
Während andere meinen, im Gestus der (Berufs-)Politik genau Moses zum Leitbild genommen zu erkennen, allerdings auf eine praktische Methode umgebrochen. "Moses, der Nährvater" nennt sich eine der Schriften, Aaron Wildavsky hat sie verfaßt. Und sie hat die zum Archetyp gewordene Geste Mose, "sein Volk zu nähren", zum Inhalt der Analyse. "Moses [the nursing father] as political leader.
Wozu mir noch eine der herrlichsten Szenen aus dem Film "Lawrence of Arabia" einfällt, wo el Auda Abu Tayi sich als Nährvater seines Volkes präsentiert. Eine Szene, in der übrigens diese ursprüngliche Nähe des Koran als Aufsammmler populärer Teile der Bibel deutlich wird, getragen und mündlich tradiert von einem Volk der Wüste, wie es die Israeliten gewesen sind.
Was also war dieses Rumpeln? Es war das Erkennen, wie sehr man doch an das Irdische an sich glaubt. Wie sehr man sich daran klammert, Gewalt über die Göttliche Schöpferkrafrt zu erhalten, indem diese sich dann den eigenen Bedürfnissen fügt. 

Alles das, aber, schreibt der Hl. Johannes vom Kreuz, muß weichen. Es muß sich völlig auflösen, und das schon ist eine Gnadentat Gottes. Der da das Wollen und das Vollbringen schenkt. 
In diese Nacht also muß man tauchen. Es ist wie der Vorabend, an dem sich die Sonne zur Nacht hin neigt. Was immer wir von uns erwarten, wo immer die Welt uns etwas zu versprechen wagt, da immer ist Gott verhüllt. Da kann er nicht hervortreten, und da erkennen wir ihn auch gar nicht. 
Alles was liebt, schreibt Bruder Juan, ähnelt sich dem an, was es liebt. Und wo es also die Erde, das Ird'sche liebt, zieht es die Seele nach unten, vom Lichte Gottes weg. Sodaß sich überdies die Erkenntnis verdunkelt. Wie also sollen wie da Gott näherkommen, wei ihn sehen und lieben, wenn wir doch den Blick anf Niedrigeres richten, als wir selbst sind? Sind in dem Sinne, als man ist, wo man hinblickt. Weil alles Sein auf Erden ein "auf - zu" ist, ein Hingehena auf etwas. 

Solange das ist, SIND wir. Aber damit SIND wir auch das Dunkele, wo wir hinschauen, wo wir Die Macht der Angöttlichung uns und der Erde überlassen. Er gibt das Wollen, und das Gelingen. Seine Gnde ist es, die uns das Begehren nimmt, das uns nach Dingen sehnen läßt, die unter unserer Bestimmung liegen. Und die ist im Himmel. Die ist bei Gott. 
Wo immer die Seele all IHR EIGENES Wissen und Können aufbringen möchte, um zur Vereinigung mit der Göttlichen Weisheit zu kommen, höchst töricht vor Gott und bleibt weit entfernt von der göttlihen Weisheit. Die Unwissenheit weiß ja gar nicht, was Weisheit ist.
Wie also sollte sie diese dann "anstreben"? Wo wäre das Ziel, das sie erfassen könnte? Deshalb sagt ja auch Paulus, daß solches Wissen vor Gott Torheit ist. In den Augen Gottes sind die, die sich etwas einbilden auf ihr Wissen, ganz und gar unwissend. "Da sie weise sein wollten, sind sie Toren geworden," schreibt er in Röm.1,22 Und weiter:
Nur jene gelangen in den Besitz der göttlichen Weisheit, welche wie Kinder und Toren all ihres Wissens sich begeben und sich voll Liebe dem Dienste Gottes widmen.
 Aber das heißt gleichermaßen, sich des Nichtwissens zu begeben. Kein Kind weiß darum, ich kann das nur bezeugen. Um dieses "zu wissen" ist dasselbe törichte Betragen vor Gott. Und darin lag dann die Sünde des Vormittag, in der ich mich zu Boden geworfen sah ob meiner völligen Unfähigkeit, die die Distanz zu Gott so unendlich und unerreichbar weit wähnte. 

Und darin hatte sie sogar Recht. Denn auch ums eigene Unwissen darf nicht gewußt werden, weil es dieses Wissen gar nicht gibt. Dann gehen wir einen Weg des eigenen Urteils, nicht der göttlichen Weisheit, die uns da lenken und leiten will. Und warum scheint sie das zu wollen? Weil es uns zur Vollkommenheit zieht! Das alleine ist bereits Indiz dafür, daß es Gott ist, der UNS zieht, nciht wir, die ZU IHM ZIEHEN, und damit zu ihm ziehen, wie wir es vermeinen, nicht er.

Also ermahnen wir uns selbst in der größten Schärfe und besten Absicht, uns im nächsten Teil nicht mehr mit dieser Frage zu befassen. Sondern mutig in der Lektüre des großen Lehrers der Seelenvollkommenheit, der Betrachtung und Glückseligkeit, die daraus folgt, voranhzuschreiten. 

Die aber zuerst einen langen langen Gang durch eine ganz schreckliche, dunkele Nacht bedeutet. Auf dem alles Wissen, alles vermeinte Kennen des Weges ins Nichts des Dunkels zu versinken begonnen hat. Denn der Richter, wie weit es auf diesem Wege gehen soll, ist gleichermaßen der Höchste Herr. Dem wir nun aber all unser Wissen UND Nichtwissen zu eigenen Handen übergeben. Erst dieses aufgegebene Wisssen und Nichtwissen ist ein erstes Hineinsteigen in den wirkklichen Glauben. 

Daß der uns eines Tages auch noch genommen werden wird, nämlich in der tiefsten und furchtbarsten Nacht, schreibt übrigens seine große Schwester im Geiste, die Heilige Theresa de Avila, von der Juan das Konzept der Klosterreform übernommen hat. Spanien, das seit 1492 die Welt des Abendlandes so entscheidend erweitert hatte, war vom Gold aus dem neuen Kontinent so in Wohlstand erstickt, daß alle seine Gewohnheiten in Fettigkeit und Genuß erschlafft waren. Und das hatte ich auch in die Klöster durchgefressen und ihre Geistigkeit in kürzester Zeit zerstört. 

Aber das wird erst in so einiger Zeit ein Thema werden. Wenn wir die ersten beiden Stufen genommen haben werden. Wer weiß, wann das der Fall ist.


Erstellung 04. April 2022 - Ein Beitrag zur