Indem sich die Fugger auf die Seite der Habsurger mit dem späteren Karl V. geschlagen hatten, sich also gegen die Valois entschieden, die nach dem Tode Maximilians 1519 ebenfalls um den Kaiserthron buhlten, nahm ihr Schicksal einen wohlbekannten Lauf, der sich in der Geschichte immer wieder abgespielt hatte und noch abspielen würde. Denn die mehr als 800.000 Gulden, die dem Habsburger die Kaiserkrone gekostet hatte, waren eine ungeheure Summe, im heutigen Kaufwert mehreren Milliarden Euro gleich. Gleich wie es den Medici mit dem englischen König gegangen war, waren die Fugger fortan gezwungen, die Habsburger zu finanzieren. Mit lediglich "unwucherischen" 5 %, wie sie öffentlich verkündeten, denn der Wucherzins war nach wie vor eine geistlich gesehen haarige Sache. Und Jakob Fugger war ein sehr frommer Mann.*
Aber der Kaiser war damit für die Fugger "too big to fail". Jakob Fugger wußte das, und er setzte sich sofort mit Karls Kämmerern zusammen, um einen Rückzahlungsplan aufzustellen. Denn der Kaiser mußte auf jeden Fall willens und in der Lage sein, die Kredite zurückzuahlen. Und das war oft genug nur mit nächsten und immer mehr Krediten möglich, die von den Fuggern, aber auch von zahlreichen anderen Bank- und Handelshäusern kamen. Karl V. mußte auf alle Fälle liquide blieben! Dieses Geld aber mußten die Fugger selbst borgen, wenn zu wenig zurückfloß, und das tat es oft, und zwar mit 10 % Zinsen und mehr. Ein Teufelskreis, wie er schon die Medici ruiniert hatte und das immer gleiche Merkmal von Geldgeschäften mit Regierungen war: So lange Geld und immer mehr Geld leihen zu müssen, bis diese nicht mehr zahlen konnten.
Doch hatte das auch einen anderen Grund. Denn die Geschäfte selbst - vor allem der Bergbau, oder die Handelsmonopole - als Basis der Geschäfte dieser Häuser waren direkt von diesen selben Regierungen abhängig. Fielen diese, oder wechselten sie auch nur, würden möglicherweise auch die Monopole und Konzessionen fallen. Da hing einer vom anderen ab. 1521 war die Zahlungsfähigkeit des Kaisers nur noch aufrechtzuhalten, weil er Bergbau-Konzessionen in Südamerika vergab, die den Fuggern erlaubte** ihr Kapital auszuweiten, um durch (schon recht risikoreiche) Perspektiven noch positiv zu bleiben. Da war die Kirche schon längst ausgestiegen und hatte es aufgegeben, diese Vorgänge noch verstehen und moralphilosophisch bewerten zu wollen, während die Protestanten das der Magie so ähnliche Geldwesen gleich zum Teufelswerk erklärten.
Die Habsburger gingen 40 Jahre nach Karls Kaiserkrönung bankrott. Das Haus mit seinem weltumspannenden Reich, in dem die Sonne nie unterging, teilte sich wieder in die spanische und österreichische Linie. Karls Sohn Philipp II. von Spanien ging sogar alle paar Jahre pleite, und das trotz der gewaltigen Mengen an Gold und Silber, die bereits aus Südamerika kamen. Aber selbst sie konnten die Schulden nicht mehr abdecken, führten dafür zu einer desaströsen Inflation. (Jawohl, das alles, was wir heute erleben, ist auch mit einer reinen Goldwährung möglich; das sei den Goldnarren ins Stammbuch geschrieben.) Die aus den nicht zurückgezahlten Krediten kumulierten Zinsen hatten sich jeweils wieder und wieder zu einer derartigen Summe angesammelt, daß die Schuld utopisch geworden war. Nichts ging dann mehr. Und so rissen die Regierungen Mitte des 16. Jhds. das gesamte oberdeutsche Bank- und Finanzwesen mit in den Abgrund und sorgten für eine veritable und hartnäckige Rezession. Der Finanzplatz Europas aber wanderte vom Augsburger Weinplatz, wohin er von Florenz hergekommen war, nach Amsterdam weiter.
*Er war nicht nur fromm, sondern er verstand die Religion auch. So hat er sich immer und vor allem gegen die liturgischen Mißbräuche gewandt, die überall längst eingerissen waren. Er wußte, daß Religion zuerst einmal Kult ist, sonst ist sie gar nicht, und daß Kultur im Kult beginnt.
**Die bereits doppelte Buchhaltung als die laufende Überführung der Erfolgs- in eine Kapitalbilanz führten. Damit wird jederzeit der wirkliche Stand eines Betriebes erkennbar, und Geschäfte erhalten durch den Faktor "Zeit" eine neue Dimension der Ausweitung. Das gesamte Geldwesen der Neuzeit, die gesamte heutige Finanzwirtschaft wäre ohne diese Methode undenkbar, denn sie beruht praktisch NUR auf der Zeit. Jakob Fugger, der als kaufmännischer Lehrling in Venedig das Handwerk gelernt hatte, war also mit modernsten Wassern gewaschen.
**Die bereits doppelte Buchhaltung als die laufende Überführung der Erfolgs- in eine Kapitalbilanz führten. Damit wird jederzeit der wirkliche Stand eines Betriebes erkennbar, und Geschäfte erhalten durch den Faktor "Zeit" eine neue Dimension der Ausweitung. Das gesamte Geldwesen der Neuzeit, die gesamte heutige Finanzwirtschaft wäre ohne diese Methode undenkbar, denn sie beruht praktisch NUR auf der Zeit. Jakob Fugger, der als kaufmännischer Lehrling in Venedig das Handwerk gelernt hatte, war also mit modernsten Wassern gewaschen.
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